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Samstag, 26. Oktober 2024

Räumungsklage: Stellt sich freiwilliger Auszug als Akzeptanz des Vermieterverlangens dar ?

In einem Räumungsrechtsstreit wegen eines Mietrückstandes von € 649,60 (bei einer monatlichen Miete für die Wohnung in Höhe von € 400,00) und offener Betriebskostenabrechnung von € 477,86 wies das Amtsgericht die Räumungsklage ab und gab der Klage wegen rückständigen Mietzinses in Höhe von € 125,17 statt. Das Landgericht wies die Berufung der Kläger zurück, ließ aber die Revision gegen das Urteil zu. Zwischenzeitlich zog der Beklagte, nach Revisionsbegründung und -erwiderung, aus. Beide Parteien erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt; im Hinblick auf den weitergehenden (vom Amts- und Landgericht nicht zuerkannten) Zahlungsanspruch wurde von den Klägern die Revision zurückgenommen. Der BGH entscheid in einer Kostenmischentscheidung gem. §§ 516 Abs. 3 S. 1, 565 S. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 91 Abs. 1 S. 1, 91a Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 1 ZPO über die Kosten.

Teilweise beruhte die Kostenentscheidung darauf, dass die Kläger ihre ursprüngliche Zahlungsklage in Höhe von € 9.950,00 noch vor der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht zurückgenommen hatten und das Urteil des Berufungsgerichts zum Zahlungsanspruch in rechtskräftig wurde. Insoweit würde sich für das revisionsverfahren aus §§ 516 Abs. 3 S. 1, 565 S. 1 ZPO die Kostentragungspflicht der Kläger ergeben. Für die Tatsacheninstanz folge die Pflicht aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO bzw. – soweit die Zahlungsklage bereits in 1. Instanz vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden sei, aus § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Über die Hauptsacherledigungserklärung zum Räumungs- und Herausgabeanspruch sei nach § 91a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden.  

Dabei käme es auf den mutmaßlichen Ausgang des Revisionsverfahrens an und könne nicht auf den Umstand abgestellt werden, dass der auf Räumung und Herausgabe in Anspruch genommene Beklagte freiwillig aus der Wohnung auszog. Im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung könne zwar im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 91a ZPO in bestimmten Fällen bei Zahlung einer noch streitgegenständlichen Forderung berücksichtigt werden, dass sich er Beklagt freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben habe, auch wenn er nicht zugleich die Kostenübernahme erkläre (BGH, Beschluss vom 27.07.2010 - VI ZR 154/08 -). Bei einem freiwilligen Auszug des Mieters aus der Wohnung könne aber nicht in vergleichbarer Weise wie bei einer Zahlung einer Forderung durch den Schuldner der Schluss gezogen werden, dass damit der Rechtsstandpunkt der Gegenpartei im Ergebnis hingenommen würde, da der Entschluss zum Auszug andere Motive (so z.B. berufliche Notwendigkeit, Wunsch nach örtlicher Veränderung, veränderter Platzbedarf, finanzielle Gründe) haben könne. Zudem habe der Beklagte durch seien zunächst erfolgte Revisionserwiderung und den von ihm gestellten Kostenantrag im Rahmen der Teilerledigungserklärung (worauf im Beschluss vom 27.07.2010 aaO. abgestellt wurde) hinreichend deutlich gemacht, dass er der rechtlichen Einschätzung des Klägers widerspreche.  

Damit seien nach dem Sach- und Streitstand die Kosten des Verfahrens zum Räumungs- und Herausgabeanspruch gegeneinander aufzuheben. Grundlage der Entscheidung sei einzig eine summarische Prüfung, ohne dass vom Gericht in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verurteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen geklärt werden müssten (BGH, Urteil vom 18.04.2013 - III ZR 156/12 -). Vor diesem Hintergrund sei nicht die Rechtsfrage zu klären, ob ein Nachzahlungsbetrag aus einer Betriebskostenabrechnung bei der Berechnung des Zahlungsrückstandes iSv. §543 Abs. 2 S. 1 BGB zu berücksichtigen sei, was von der überwiegenden Auffassung verneint würde. Da der für die Kündigung und Räumungsbegehren geltend gemachte Mietrückstand nicht die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB erfülle und die Frage der Hinzurechnung einer Betriebskostennachzahlung offen und ungewiss sei, sich die Kläger aber in ihrer fristlosen Kündigung auch auf den Nachzahlungsbetrag aus der Betriebskostenabrechnung gestützt hatten, sei der Ausgang des Verfahrens ungewiss, da bei summarischer Prüfung nicht ausgeschlossen werden könne das Bestehen des Anspruchs nicht ausgeschlossen sei.

BGH, Beschluss vom 13.08.2024 - VII ZR 255/21 -

Samstag, 22. Januar 2022

Kündigung: Empfangsbevollmächtigter bei Erbengemeinschaft als Mieter einer Wohnung

Die Beklagte war Miterbe in einer Erbengemeinschaft, die als Rechtsnachfolger in das Mietverhältnis mit der Klägerin nach dem Ableben des ursprünglichen Mieters eintrat. Mit Schreiben vom 21.09.2020 kündigte die Klägerin der Beklagten als einen der Miterben das Mietverhältnis zum 31.12.2020. In der Räumungsklage wurde eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs mit neun Mieten erklärt. In einem weiteren Schriftsatz vom 02.06.2021 in dem gegen die Beklagte geführten Räumungsprozess kündigte die Klägerin das Mietverhältnis gegenüber allen Erben fristlos, vorsorglich ordentlich.

Voraussetzung für eine Räumungsklage ist, dass eine dieser vorausgegangene Kündigung gegenüber allen Mieter ausgesprochen wird, mithin hier gegenüber allen Mitgliedern der Erbengemeinschaft. Tatsächlich erfolgte die Kündigung nur gegenüber der Beklagten als ein Mitglied der Erbengemeinschaft. Erstmals im Schriftsatz vom 02.06.2021 wurde die Kündigungserklärung auch gegenüber den Miterben der Beklagten ausgesprochen, die allerdings nicht am Verfahren beteiligt waren.

Das Amtsgericht gab der gegen die Beklagte erhobenen Räumungsklage gleichwohl statt. Es sah das Mietverhältnis (bei bejahten Kündigungsgrund infolge Mietzahlungsverzugs, § 543 Abs. 2 Nr. 3 a und b BGB) als durch die Kündigungserklärung im Schriftsatz vom 02.06.2021 als beendet an. Insoweit nahm es eine passive Vertretungsberechtigung der Beklagten zur Empfangnahme der Kündigungserklärung im Rahmen des Schriftsatzes vom 02.06.2021 unter Bezugnahme auf § 2038 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. BGB. Allerdings enthält S. 1 keinen zweiten Halbsatz. Die Norm des § 2038 BGB betrifft die (gemeinschaftliche) Verwaltung des Nachlasses.

Weiterhin verwies das Amtsgericht auf § 14 Abs. 2 des Mietvertrages. Danach soll zur Wirksamkeit des Zugangs einer Willenserklärung (hier mithin der Kündigung) ausreichend sein, wenn diese gegenüber einem der Mieter ausgesprochen würde. Hier ist vom Amtsgericht nicht thematisiert, ob es sich um eine Empfangsvollmacht in einem Formularmietvertrag handelt. Die Wirksamkeit einer solchen Klausel in einem Formularmietvertrag strittig (vgl. KG, Rechtsentscheid KG vom 25.10.1984 - 8 RE-Miet 4148/84 - und LG München I, Urteil vom 12.10.2016 – 14 S 6395/16 -).

Das Amtsgericht ging von einer Empfangsvollmacht der Beklagten aus und hatte daher der Klage stattgegeben.

Auch wenn man mit dem Amtsgericht von einer wirksamen Empfangsvollmacht ausgehen wollte, so verhilft das Urteil den Vermieter noch nicht weiter. Denn er kann keine Räumung durchführen, insoweit die weiteren Mitglieder der Erbengemeinschaft, die nicht mitverklagt wurden, nicht freiwillig räumen. Dazu würde ihm vorliegend ein auch gegen diese wirkender vollstreckungsfähiger Titel fehlen. Ebenso ist es angezeigt, bei Kenntnis davon, dass mehrere volljährige Personen in der Wohnung wohnen, diese mit zu verklagen, da mit dem Titel gegen den Mieter alleine die Vollstreckung zur Herausgabe der Wohnung nicht vollzogen werden kann.

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 04.08.2021 - 33 C 100/21 -