Unstreitig verschuldete der
Versicherungsnehmer der beklagten Versicherung alleine einen Verkehrsunfall, an
dem neben diesem der Kläger beteiligt war. Der Kläger holte ein
Sachverständigengutachten ein und ließ
sodann die Reparatur durchführen; seine Ansprüche diesbezüglich trat er an die
Werkstatt bzw. den Sachverständigen in Höhe von deren jeweiligen Forderungen
ab. Teilweise wurde seitens der
Beklagten auf die Rechnungen der Werkstatt und des Sachverständigen Zahlung
geleistet. In Ansehung der Restforderungen erhob der Kläger Klage und machte
geltend, er könne die Ansprüche in gewillkürter Prozessstandschaft geltend
machen.
Das Amtsgericht wies die Klage
ab. Mit der Abtretung seiner Forderungen könne der Kläger nicht mehr
Freistellung (§ 257 BGB) oder Zahlung an sich begehren (§ 250 S. 2 BGB). Zwar
würde hier der Kläger dementsprechend auch nicht Zahlung an sich, sondern an
die Werkstatt bzw. den Sachverständigen fordern, doch würde ihm hier die (von
Amts wegen zu prüfende) Prozessführungsbefugnis fehlen und ein Fall
gesetzlicher Prozessstandschaft nicht vorliegen. Aber auch einen Fall der
gewillkürten Prozessstandschaft negierte das Amtsgericht.
Die gewillkürte
Prozessstandschaft setze ein schutzwürdiges Interesse des Rechtsinhabers als
auch des Dritten voraus. Es lägen nur die einseitigen Erklärungen der Zessionare
vor, woraus das Amtsgericht mutmaßt, dass die Werkstatt und er Sachverständige
mit einem „Abtretungsmodell“ arbeiten würden. De facto würde der Kläger den Prozess
für die Werkstatt und den Sachverständigen führen, habe den Prozess vorfinanziert
und trage das Prozessrisiko. Bemerkenswert sei, dass der Kläger den teuren
Prozess „altruistisch (?)“ führe, was aber wohl der im Zuge des
Abtretungsmodells getroffenen Vereinbarung geschuldet sei. Jedenfalls läge kein
anzuerkennender Fall einer zulässigen Klage in gewillkürter Prozessstandschaft
vor. Das Erfordernis, dass der Prozess im wohlverstandenem objektiven Interesse
des Klägers als ursprünglicher Forderungsinhaber läge, sei nicht gegeben. Hier
hätte der Kläger zeitnah nach dem Unfall in eigener Sache auf Freistellung
klagen können. Statt dessen habe er sich aus unbekannten Gründen zur Abtretung
entschlossen an Dritte entschlossen, deren Prozesse er nunmehr führe. Das
schutzwürdige Interesse des Prozessstandschafters zur Geltendmachung fremder Rechte
könne nur bejaht werden, wenn die Entscheidung de eigene Rechtslage beeinflusse
(wozu nichts vorgetragen worden sei). Es bliebe offen, ob die Forderungen der Zessionare
durch die Abtretungen endgültig erloschen sind (Abtretung an Erfüllungs statt,
§ 364 BGB). Da dann auch keine Ansprüche mehr gegen den Kläger geltend gemacht
werden könnten, würde es ihm an einem eigenen Rechtsschutzinteresse ermangeln.
Dies sei aber auch im Falle der Abtretung erfüllungshalber anzunehmen, auch wenn
in diesem Fall der Kläger ein wirtschaftliches Interesse hätte, dass seine
Zahlungspflicht gegenüber den Zedenten nicht wieder auflebt. Allerdings sei
signifikant, dass das auf die Prozessebene erweiterte Abtretungsmodell zur
Beeinträchtigung der Rechte des Prozessgegners führe: So seien geschwärzte Rechnungen
vorgelegt worden und zum Beweis der Höhe auf das Zeugnis der Zessionare Bezug genommen
worden, die im eigenen Prozess als Zeugen ausscheiden würden. Das hier
verwandte gewerbsmäßige Abtretungsmodell dürfe nicht auf die prozessuale Ebene
erweitert werden, da es die Versicherungswirtschaft bzw.
Versichertengemeinschaft in deren schutzwürdigen Belangen beeinträchtige.
Anmerkung: Letztlich sieht das Amtsgericht (nicht zu
Unrecht) die Gefahr, dass bestimmte Werkstätten und Sachverständige diesen Weg wählen,
um überhöhte Forderungen nicht der Prüfung durch Gericht und Gegner auszusetzen.
Bei veranlassen den Geschädigten zur Abtretung deren Forderung an sie, und
soweit die Schädigerseite (idR. eine Versicherung) nicht zahlt, muss der
Geschädigte (für die Zessionare) klagen. Damit muss keine Rechnung vorgelegt
werden, aus der sich die Aufschlüsselung der (überhöhten) Forderung ergeben
könnte, sondern kann zum Beweis der Leistungspflicht auf das Zeugnis der
Zessionare abgestellt werden, zumal sich der klagende Geschädigte auch darauf
berufen kann, dass er eine evtl. eingewandte Überteuerung jedenfalls nicht hätte
erkennen können. Der rechtsdogmatische Weg des Amtsgerichts ist nachvollziehbar.
AG Bremen, Urteil vom 27.03.2020 - 9 C 513/19 -