Ein Wegeunfall des Arbeitnehmers
ist in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB
VII. Es handelt sich dabei um einen Unfall auf dem Weg vom Wohnort zur
Arbeitsstelle bzw. zurück. Vorliegend verließ die Klägerin ihre Arbeitsstelle nach
Ende ihrer Arbeitszeit um nach Hause zu fahren. Auf dem Weg zu ihrem Wohnort
mit ihrem PKW hielt sie an, um einen Privatbrief in einen Briefkasten zu
werfen. Beim Verlassen des Fahrzeuges stürzte die Klägerin und das Fahrzeug
rollte über ihren linken Fuß, wodurch sie eine Läsion der Fußwurzel erlitt. Die
Beklagte (der gesetzliche Unfallversicherung) lehnte die Anerkennung des
Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Das Sozialgericht gab der dagegen erhobenen
Klage mit Gerichtsbescheid statt. Auf die Berufung zum Landessozialgericht
(LSG) wurde der Gerichtsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der
dagegen gerichteten Revision machte die Klägerin geltend, dass Versicherte
nicht nur auf dem entfernungsmäßig kürzesten Weg von und zur Arbeitsstätte
schützt seien, sondern auch kleine Unterbrechungen, auch wenn sie privaten Zwecken
dienen würden, für den Versicherungsschutz unschädlich seien. Dem folgte das
Bundessozialgericht (BSG) nicht.
Arbeitsunfälle seien, so das BSG,
solche Unfälle, die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach
§§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründeten Tätigkeit (der versicherten Tätigkeit) durch
zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse erleide,
die zu einem Gesundheitsschaden oder den Tod erleiden würden. Diese
Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Das Aussteigen aus dem PKW, um einen
privaten Brief einzuwerfen, habe nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der
versicherten Tätigkeit gestanden.
Die Arbeitszeit sei beendet
gewesen, weshalb es sich nicht um einen Unfall auf einem Betriebsweg handeln könne.
Aber auch ein Wegeunfall nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII scheide aus. Zwar
bestünde währende des Weges von der Arbeitsstelle zur Wohnung dieser
Versicherungsschutz, doch der Versuch, einen privaten Brief in einen
Briefkasten einzuwerfen, führe zur Unterbrechung dieses Weges, der zu diesem
Zeitpunkt noch nicht beendet gewesen sei, weshalb der Unfall nicht in einem
inneren Zusammenhang mit dem versicherten Weg stünde. Dieser innere
Zusammenhang sei im Gesetz mit der Formulierung „des mit der versicherten
Tätigkeit im Zusammenhang stehenden unmittelbaren Weges“ zum Ausdruck gebracht,
wobei nicht der Weg sondern das Zurücklegen, also das Sichfortbewegen auf einer
Strecke, die durch Ausgangs- und Zielpunkt begrenzt sei, versichert sei. Maßgeblich
für den sachlichen Zusammenhang sei, ob nach der objektiven Handlungstendenz des
Versicherten beim Zurücklegen des Weges dies zum direkten Erreichen der
Areitsstelle bzw. zur Wohnung erfolge.
Hier habe sich der Unfall auf dem
Weg von der Arbeitsstelle zur Wohnung ereignet. Während der Autofahrt sei damit
die objektive Handlungstendenz, vom Ort der Beschäftigung zu Wohnung zu
gelangen, gegeben gewesen, wobei es sich nach den Feststellungen des LSG auch
um den unmittelbaren Weg gehandelt habe. Dieser versicherte Weg sei durch die
dem beabsichtigten Briefeinwurf dienende Handlung aber unterbrochen worden. Der
Briefeinwurf habe einer reiner privaten Handlung gedient (anders wäre es, wenn
der Einwurf eine ihrer Beschäftigung geschuldete Tätigkeit gewesen wäre). Damit
war hier die objektive Handlungstendenz der Klägerin nicht auf die Erfüllung
einer versicherten Verrichtung aus dem Beschäftigungsverhältnis gerichtet
gewesen. Auch habe es sich dabei nicht
um eine versicherte Vorbereitung einer versicherten Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 SGB
VII) gehandelt, da es sich bei den Vorbereitungshandlungen um Maßnahmen handele,
die einer versicherten Tätigkeit vorangehen und ihre Durchführung erleichtern
oder erst ermöglichen.
Allerdings könne bei einer privat
veranlassten Unterbrechung der Versicherungsschutz gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 DGB
VII fortbestehen, wenn die Unterbrechung nur geringfügig ist. Eine
Geringfügigkeit könne aber nur dann angenommen werden, wenn die es zu keiner
erheblichen Zäsur in der Fortbewegung in Richtung auf das ursprünglich geplante
Ziel (hier: Wohnung) käme, weil sie ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung „im
Vorbeigehen“ oder „ganz nebenher“ erledigt werden könne. Dies sei hier deshalb
nicht der Fall, da das geplante Handeln des Einwurfs nicht nur nebenbei
erledigt werden könnte. Die Klägerin habe das Fahrzeug verlassen müssen, was
sich klar von dem versicherten Vorgang des „nach Hause Fahrens“ abgrenzen
ließe. Das Verlassen des Fahrzeugs sowie der Weg über den Bürgersteig zum
Briefkasten und zurück seien nicht mehr als „nur nebenbei“ erfolgte Handlungen
anzunehmen; vielmehr läge eine klare Zäsur vor. Auch wenn der Zeitaufwand als
solcher gering sein möge. Eine Ungleichbehandlung mit Fußgängern läge hier in
der Natur der Sache vor dem Hintergrund, dass dort in der Regel (mit Ausnahme
deines Richtungswechsels, Wechsel der Straßenseite) keine äußeren, objektiv
wahrnehmbaren Grenzen, wie sie in PKW darstelle, existieren würden (Einwurf im
Vorbeigehen).
Die nicht versicherte Tätigkeit
habe begonnen, in dem die Klägerin nach außen sichtbar ihre subjektive
Handlungstendenz in ein für Dritte beobachtbares „objektives“ Handeln umgesetzt
habe, wobei auf sich beruhen könne, ob dies bereits im Abbremsen des PKW
gelegen hat, da es jedenfalls im Beginn des Aussteigens läge. Zum Zeitpunkt des
Vorfalls sei die Unterbrechung auch noch nicht beendet gewesen. Erst wenn die
Klägerin objektiv (durch Weiterfahren) das Ende der Unterbrechung verdeutliche,
würde der Versicherungsschutz wieder entstehen.
BSG, Urteil vom 07.05.2019 - B 2 U 31/17 R -