In seinem Urteil vom 08.12.2015 – VI ZR 37/15 – hat der BGH seine
herausgebildete Rechtsprechung zur Frage der Verjährung von Ansprüchen des
Sozialversicherungsträgers, bei der es stets darum geht, ab wann die
Verjährungsfrist zu laufen beginnt.
§ 113 SGB VII bestimmt, dass für
die Verjährung die Vorschriften der §§ 195, 199 Abs. 1 u. 2 und 199 BGB
entsprechend mit der Maßgabe gelten, dass die Frist erst ab dem Tag gerechnet
wird, zu dem der Sozialversicherungsträger seine Leistungspflicht bindend
festgestellt habe. Vorliegend hatte der Unfallversicherungsträger geltend
gemacht, dass er keinen diesbezüglichen Verwaltungsakt erlassen habe, also
keine Bindungswirkung eingetreten sei. Dem Folgten der BGH wie auch die
Vorinstanzen nicht. Der BGH führte aus, es wäre zunächst ausreichend, dass der
Sozialversicherungsträger seine Leistungspflicht dem Grunde nach feststellt. Beiden
Versicherten hatte der Kläger (Unfallversicherungsträger) beiden Versicherten schriftlich
mitteilte, dass ein Arbeitsunfall vorläge und er daher Leistungen zu erbringen
habe. Diese Schreiben würden sich als Verwaltungsakt darstellen, da ein
verständiger Versicherter sie in Ermangelung anderer Umstände nur als
verbindliche Regelung und nicht als bloße Information auffassen könnte.
Ob hier maßgeblich die Leistungspflicht
oder die Rechtskraft eines Urteils gem. § 113 SGB ist oder zusätzlich die weiteren Voraussetzungen des § 199 Abs. 1
BGB vorliegen müssten, ließ der BGH offen. Darauf kam es vorliegend nicht an,
da auch bereits im September 2005 der Kläger Bescheide zur Zahlung von
Verletztengeld und Übernahme von Behandlungskosten erließ; da diese Bescheide
die Versicherten nicht beschwerten, erwuchsen sie sofort in Rechtskraft,
weshalb der Anspruch nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstand.
Der Kläger machte weiterhin
geltend, dass sie nicht bereits am 18.01.2006 von den anspruchsbegründenden
Umständen und der Person des Schuldners erfahren zu haben, § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB. Auch damit konnte er nicht durchdringen.
Die für eine Klage erforderliche
Kenntnis wird im allgemeinen angenommen, wenn dem Geschädigten die Erhebung
einer Schadensersatzklage, eventuell auch nur in Form der Feststellungsklage,
erfolgversprechend (wenn auch nicht unbedingt risikolos) möglich ist. Er müsse
also nicht alle Umstände im Einzelnen wissen, noch hinreichend sichere
Beweismittel zur Hand haben (Bestätigung von BGH, Urteil vom 27.05.2008 – XI ZR
132/07 – und vom 09.11.2007 – B ZR 25/07 -).
Hier war die Rechtsabteilung (Regressabteilung) des Klägers über diese
Umstände informiert gewesen, auf deren Kenntnis (nicht auf die Kenntnis des
Leistungssachbearbeiters) der BGH abstellt. Ihr lag der Unfallbericht vor.
Behauptete Säumnisse des Beklagten wurden unter Überschrift „Organisatorische
Ursachen“ aufgeführt. Damit hätte der Mitarbeiter der Rechtsabteilung davon
ausgehen müssen, dass die im Verfahren behaupteten Versäumnisse aus dem
Verantwortungsbereich des Beklagten den Arbeitsunfall jedenfalls mitverursacht
haben. Aus dem Bericht ergäbe sich auch nicht, dass der Bericht wegen nicht
abgeschlossener technischer Ursachenforschung nur vorläufigen Charakter habe.
Da damit die notwendigen Kenntnisse
iSv. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bereits in 2006 ebenso vor wie auch zu diesem Zeitpunkt bindend die
Leistungspflicht feststand. Die Verjährung begann mithin Ende 2006 zu laufen
und trat Ende 2009 ein.
Auch aus dem Umstand, dass auf
ein Schreiben des Klägers vom 19.01.2007, mit dem sie gegenüber dem Beklagten
die Prüfung von Schadensersatzansprüchen mitteilte ergäbe sich auch im Hinblick
auf ein am folgenden Tag mit dem Beklagten geführten Telefonat, in dem der
Beklagte lediglich erklärte, er wolle derzeit noch nicht seinen Haftpflichtversicherer
benennen, keine Hemmung der Verjährung. Die Hemmung setzt eine Verhandlung über
den Anspruch oder anspruchsbegründende Umstände voraus, § 203 BGB. Das
Schreiben und das darauf geführte Telefonat stellen sich nicht als
Verhandlungen dar, zumal auch der Kläger nur von einer Prüfung von Ansprüchen
sprach.
Der weitere Umstand, dass der
Haftpflichtversicherer gegenüber der Deutschen Rentenversicherung auf die
Einrede der Verjährung verzichtete, führt auch nicht weiter. Selbst wenn es
sich bei dem Kläger und der Deutschen Rentenversicherung um Gesamtgläubiger
handeln sollte, würde der Verjährungsverzicht gegenüber einem von beiden nicht
mangels anderweitiger Anhaltspunkte tangieren.
BGH, Urteil vom 08.12.2015 – VI ZR 37/15 -