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Freitag, 23. Juni 2017

Eigentümers Herausgabeklage eines Fahrzeugs vom Kfz-Werkunternehmer und dessen Besitzrecht bei Werkstattauftrag durch einen Dritten

Der BGH hat in dieser Entscheidung, ausdrücklich bezogen auf das Werkvertragsrecht , festgehalten, dass
  1. der Besteller der Werkleistung bei einer Probefahrt nicht Besitzdiener des Werkunternehmers ist,
  2. die Übergabe des Fahrzeugschlüssels an den Besteller für die Probefahrt noch keine Aufgabe des eigenen Besitzwillens des Werkunternehmers darstellt,
  3.  das Werkunternehmerpfandrecht nicht entsteht, wenn der Besteller nicht Eigentümer ist,
  4. eine Haftung des Werkunternehmers nach § 990 BGB ausscheidet, wenn er bei Erwerb in gutem Glauben war und nicht später erfuhr, dass er zum Besitz nicht berechtigt war. 
Sachverhalt:  Die Klägerin überließ ihr Kfz  zur dauerhaften Nutzung OP. Nach einem Motorschaden brachte OP das Fahrzeug in die Kfz-Werkstatt des Beklagten. Der eingebaute Austauschmotor versagte nach wenigen Wochen, und der Beklagte übernahm die Gewährleistung. Nach durchgeführter Reparatur unternahmen OP und der als Mitarbeiter des  Beklagten arbeitende Sohn desselben (dieser als Beifahrer) eine Probefahrt, im Rahmen dessen es zum Streit über angeblich noch ausstehenden Werklohn kam. Der Sohn des Beklagten zog den Schlüssel und fuhr, nachdem OP ausgestiegen war, zur Werkstatt zurück; der Austauschmotor wurde ausgebaut. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Herausgabe des Fahrzeuges mit Austauschmotor sowie für den Fall des Ablaufs einer vom Gericht zu setzenden Frist Schadensersatz und darüber hinaus Nutzungsentschädigung Nutzungsausfallentschädigung für die Zeit der Vorenthaltung. Die Klage hatte lediglich mit dem Herausgabeverlangen, allerdings ohne den Austauschmotor, Erfolg.

Das Herausgabeverlangen war nach § 985 BGB begründet, allerdings ohne Austauschmotor. Die Klägerin hatte das Eigentum an dem Austauschmotor nicht durch Einbau erlangt (§§ §§ 947 Abs. 2 iVm. 93 BGB), da ein eingebauter Austauschmotor in einem Gebrauchtwagen kein wesentlicher Bestandteil desselben ist. Der Herausgabeanspruch lässt sich auch nicht aus § 861 BGB mangels verbotener Eigenmacht des Sohnes des Beklagten herleiten. Diese kann nach § 858 BGB nur gegenüber dem unmittelbaren Besitzer erfolgen. Da, so der BGH, jedenfalls bei einem Werkvertrag der Besteller bei einer Probefahrt nach einer Reparatur nicht Besitzdiener des Werkunternehmers ist, da er nicht die tatsächliche Gewalt für den Werkunternehmer ausübt und auch ein soziales Abhängigkeitsverhältnis zu diesem nicht besteht, der Werkunternehmer auch mögliche Anweisungen an ihn nicht durchsetzen könnte, verbleibt die tatsächliche Gewalt über die Sache bei ihm. Für die Begründung eines unmittelbaren Besitzes (des OP) wären eine erkennbare Zeitdauer des Besitzes und eine Verfestigung der Herrschaftsbeziehung erforderlich, die bei einer Probefahrt nicht begründet werden können. Zudem wäre auch bei lebensnaher Betrachtung anzunehmen, dass die Mitfahrt des Sohnes erfolgte um zu verhindern, dass sich OP mit dem Fahrzeug vor Entrichtung des Werklohnes entfernt.

Etwas anderes kann sich auch nicht daraus ergeben, dass der Beklagte mangels Eigentums des OP kein Unternehmerpfandrecht erwerben konnte. Einen gutgläubigen Erwerb des Unternehmerpfandrechts nach § 647 BGB gibt es nicht.

Nutzungsentschädigung kann die Klägerin für die Zeit der Vorenthaltung nicht begehren. Sie müsste nachweisen, dass der Beklagte bei  Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war oder später erfahren hätte, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist. Der Beklagte war auf Grund des Werkvertrages berechtigter Besitzer. Deine positive Kenntnis vom Entfallen des Besitzrechts ist nicht nachgewiesen.

Zwar muss der Werkunternehmer die Voraussetzungen für ein Zurückbehaltungsrecht (hier: ausstehender Werklohn, der zwischen den Parteien streitig ist) nach § 986 BGB zu beweisen. Die Klägerin trägt aber die vorrangige Beweislast von der positiven Kenntnis des Beklagten von dessen fehlendem Besitzrecht nach § 900 Abs. 1 S. 2 BGB.   Das Berufungsgericht hat nach Auffassung des BGH korrekt angenommen, dass der Beklagte von einem Zurückbehaltungsrecht wegen eines weiteren Werklohnanspruchs ausging, und dieses lasse sich nicht ausschließen, da der Anspruch weder positiv noch negativ feststünde. Damit steht keine positive Kenntnis vom fehlenden Besitzrecht fest.

Damit kann der Eigentümer zwar die Herausgabe verlangen, die Rechte nach §§ 987ff BGB stehen ihm aber nicht zu.


BGH, Urteil  vom 17.03.2017 – V ZR 70/16 - 

Freitag, 18. März 2016

Versicherungsrecht: Kein Anspruch auf von Versicherung eingeholte Gutachten, es sei denn, § 242 BGB greife im Einzelfall (hier verneint)

Der Kläger verlangte Herausgabe von einem oder Einsichtnahme in ein vom Versicherer der Wohnungseigentümergemeinschaft eingeholtes Gutachten. Unabhängig davon, ob der Kläger als Miteigentümer der WEG überhaupt ein eigenes Recht hat, hat das Landgericht diesen Anspruch in der Sache verneint. Es musste, da sich zwischenzeitlich die Hauptsache erledigte (§ 91a ZPO) nur noch im Rahmen eines Kostenbeschlusses entscheiden.

Für den geltend gemachten Anspruch fehlte es nach Auffassung des Landgerichts an einer Rechtsgrundlage.

§ 3 Abs. 4 VVG sei nur für die dort konkret benannten Umstände anwendbar und träfe auf Gutachten nicht zu.

§ 202 VVG betrifft lediglich Gutachten im Krankenversicherungsbereich, nicht in den sonstigen Versicherungszweigen (die hier betroffen waren).

Auch § 810 Alt. 1 BGB kommt nach Auffassung des Landgerichts nicht in Betracht. Voraussetzung wäre, dass das Gutachten zumindest auch im Interesse desjenigen erstellt wurde, der die Herausgabe/Einsicht fordert. Wird das Gutachten vom Versicherer eingeholt, um eine eigene Leistungspflicht festzustellen, kommt diese Annahme nach Der Entscheidung des Landgerichts nicht in Betracht. Der Versicherer handele lediglich im eigenen Interesse und nicht auch um eine Aufgabe des Versicherungsnehmers bzw. Versicherten wahrzunehmen.

Auch ein auf § 242 BGB (Treu und Glauben) gestützter Anspruch scheide aus. Dies wurde vorliegend deshalb verneint, da der Kläger zunächst versucht habe im Rahmen der Leitungswasserversicherung resultierende Schäden über diese Versicherung abzurechnen. Dies sei unredlich gewesen; § 242 BGB greife aber nur, wenn sich derjenige, der sich auf § 242 BGB beruft, selbst redlich verhält.


LG München I, Beschluss vom 14.10.2015 – 26 O 8341/15 -