Der BGH hat in dieser
Entscheidung, ausdrücklich bezogen auf das Werkvertragsrecht , festgehalten,
dass
- der Besteller der Werkleistung bei einer Probefahrt nicht Besitzdiener des Werkunternehmers ist,
- die Übergabe des Fahrzeugschlüssels an den Besteller für die Probefahrt noch keine Aufgabe des eigenen Besitzwillens des Werkunternehmers darstellt,
- das Werkunternehmerpfandrecht nicht entsteht, wenn der Besteller nicht Eigentümer ist,
- eine Haftung des Werkunternehmers nach § 990 BGB ausscheidet, wenn er bei Erwerb in gutem Glauben war und nicht später erfuhr, dass er zum Besitz nicht berechtigt war.
Sachverhalt: Die Klägerin überließ ihr Kfz zur dauerhaften Nutzung OP. Nach einem
Motorschaden brachte OP das Fahrzeug in die Kfz-Werkstatt des Beklagten. Der
eingebaute Austauschmotor versagte nach wenigen Wochen, und der Beklagte
übernahm die Gewährleistung. Nach durchgeführter Reparatur unternahmen OP und
der als Mitarbeiter des Beklagten
arbeitende Sohn desselben (dieser als Beifahrer) eine Probefahrt, im Rahmen
dessen es zum Streit über angeblich noch ausstehenden Werklohn kam. Der Sohn
des Beklagten zog den Schlüssel und fuhr, nachdem OP ausgestiegen war, zur
Werkstatt zurück; der Austauschmotor wurde ausgebaut. Die Klägerin begehrte mit
ihrer Klage die Herausgabe des Fahrzeuges mit Austauschmotor sowie für den Fall
des Ablaufs einer vom Gericht zu setzenden Frist Schadensersatz und darüber hinaus
Nutzungsentschädigung Nutzungsausfallentschädigung für die Zeit der
Vorenthaltung. Die Klage hatte lediglich mit dem Herausgabeverlangen,
allerdings ohne den Austauschmotor, Erfolg.
Das Herausgabeverlangen war nach
§ 985 BGB begründet, allerdings ohne Austauschmotor. Die Klägerin hatte das
Eigentum an dem Austauschmotor nicht durch Einbau erlangt (§§ §§ 947 Abs. 2
iVm. 93 BGB), da ein eingebauter Austauschmotor in einem Gebrauchtwagen kein
wesentlicher Bestandteil desselben ist. Der Herausgabeanspruch lässt sich auch
nicht aus § 861 BGB mangels verbotener Eigenmacht des Sohnes des Beklagten
herleiten. Diese kann nach § 858 BGB nur gegenüber dem unmittelbaren Besitzer
erfolgen. Da, so der BGH, jedenfalls bei einem Werkvertrag der Besteller bei
einer Probefahrt nach einer Reparatur nicht Besitzdiener des Werkunternehmers
ist, da er nicht die tatsächliche Gewalt für den Werkunternehmer ausübt und
auch ein soziales Abhängigkeitsverhältnis zu diesem nicht besteht, der
Werkunternehmer auch mögliche Anweisungen an ihn nicht durchsetzen könnte,
verbleibt die tatsächliche Gewalt über die Sache bei ihm. Für die Begründung
eines unmittelbaren Besitzes (des OP) wären eine erkennbare Zeitdauer des
Besitzes und eine Verfestigung der Herrschaftsbeziehung erforderlich, die bei
einer Probefahrt nicht begründet werden können. Zudem wäre auch bei lebensnaher
Betrachtung anzunehmen, dass die Mitfahrt des Sohnes erfolgte um zu verhindern,
dass sich OP mit dem Fahrzeug vor Entrichtung des Werklohnes entfernt.
Etwas anderes kann sich auch
nicht daraus ergeben, dass der Beklagte mangels Eigentums des OP kein
Unternehmerpfandrecht erwerben konnte. Einen gutgläubigen Erwerb des
Unternehmerpfandrechts nach § 647 BGB gibt es nicht.
Nutzungsentschädigung kann die
Klägerin für die Zeit der Vorenthaltung nicht begehren. Sie müsste nachweisen,
dass der Beklagte bei Erwerb des
Besitzes nicht in gutem Glauben war oder später erfahren hätte, dass er zum
Besitz nicht berechtigt ist. Der Beklagte war auf Grund des Werkvertrages
berechtigter Besitzer. Deine positive Kenntnis vom Entfallen des Besitzrechts
ist nicht nachgewiesen.
Zwar muss der Werkunternehmer die
Voraussetzungen für ein Zurückbehaltungsrecht (hier: ausstehender Werklohn, der
zwischen den Parteien streitig ist) nach § 986 BGB zu beweisen. Die Klägerin
trägt aber die vorrangige Beweislast von der positiven Kenntnis des Beklagten
von dessen fehlendem Besitzrecht nach § 900 Abs. 1 S. 2 BGB. Das
Berufungsgericht hat nach Auffassung des BGH korrekt angenommen, dass der
Beklagte von einem Zurückbehaltungsrecht wegen eines weiteren Werklohnanspruchs
ausging, und dieses lasse sich nicht ausschließen, da der Anspruch weder
positiv noch negativ feststünde. Damit steht keine positive Kenntnis vom
fehlenden Besitzrecht fest.
Damit kann der Eigentümer zwar
die Herausgabe verlangen, die Rechte nach §§ 987ff BGB stehen ihm aber nicht
zu.
BGH, Urteil vom 17.03.2017 –
V ZR 70/16 -