Posts mit dem Label Kommanditist werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Kommanditist werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 5. April 2021

Kommanditistenhaftung bei Insolvenz der Gesellschaft und Darlegungs- und Beweislast des Insolvenzverwalters

Der Kläger als Insolvenzverwalter forderte von dem Beklagten, der mit einer Kommanditeinlage von € 55.000,00 an der Schuldnerin beteiligt war, einen Betrag von € 24.750,00 für nicht durch gedeckte Gewinne erfolgte Ausschüttungen mit der Begründung, es handele sich bei den Auszahlungen um teilweise Rückgewähr der geleisteten Kommanditeinlage.

Der Kommanditist haftet mit seiner Einlage für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Allerdings würde, so der BGH, dem Kommanditisten bei einer Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter nach §§ 171 Abs. 1 und 2, 172 Abs. 4 HGB der Einwand der fehlenden Erforderlichkeit der ihm gegenüber geltend gemachten Forderung. Hierfür sei er zwar darlegungs- und beweisbelastet, doch obliege dem Insolvenzverwalter die sekundäre Darlegungslast zu den für die Befriedigung der Gläubiger bedeutsamen Verhältnisse.

Entscheidend dabei sei nicht nur, ob die Gesellschaftsschulden aus der aktuelle zur Verfügung stehenden Insolvenzmasse befriedigt werden könne, vielmehr könne der Kommanditist auch entsprechend §§ 422 Abs. 1 S. 1 HGB, 362 Abs. 1 BGB einwenden, der erforderliche Betrag sei durch Zahlung anderer Kommanditisten ganz oder teilweise aufgebracht. Abzustellen sei deshalb darauf, ob und inwieweit die Forderung durch Zahlung anderer Kommanditisten die Insolvenzmasse gedeckt sei (BGH, Urteil vom 21. Juli 2020 - II ZR 175/19 -). Entscheidend sei der Betrag der nicht gedeckten Forderung zum Tag der letzten mündlichen Verhandlung, der typischerweise nur von dem Insolvenzverwalter dargelegt werden könne, dem dies auch nach der sekundären Darlegungslast obliege.

Bei den gegen die Schuldnerin gerichteten Forderungen seien nicht lediglich zur Tabelle festgestellte Forderungen zu berücksichtigen. Auch die vom Insolvenzverwalter bestrittenen Forderungen seien zu berücksichtigen, wenn eine erfolgreiche Inanspruchnahme der Masse diesbezüglich ernsthaft drohe. Deren Sicherung könne erforderlich sein, weil ein gegen sie erhobener Widerspruch des Insolvenzverwalters durch eine Feststellungsklage (§ 170 InsO) beseitigt werden könne. In diesem Verhalten des Insolvenzverwalters läge kein widersprüchliches Verhalten. Allerdings obläge es dem Insolvenzverwalter substantiiert darzulegen und zu beweisen, dass eine von ihm bestrittene Forderung, für die der Kommanditist hafte, mindestens in Höhe der Klageforderung bestünde. Eine Inanspruchnahme der Masse würde z.B. dann nicht mehr drohen, wenn der Bestand bestrittenen und angemeldeten Forderung rechtlich zweifelhaft sei, seit dem Prüfungstermin und dem Widerspruch des Insolvenzverwalters ein erheblicher Zeitraum verstrichen sei und der Gläubiger keine Feststellungsklage erhoben habe. Ebenfalls könne eine Inanspruchnahme der Masse nicht mehr angenommen werden, wenn es sich um eine Vielzahl von Forderungen, beruhend auf vergleichbaren Sachverhalten, handele und hier ein Musterprozess (nicht notwendig im Insolvenzverfahren) geführt worden sei, bei der die Forderung nicht zuerkannt wurde (BGH, Beschluss vom 06.02.2020 - IX ZR 5/19 -).

BGH, Urteil vom 09.02.2021 - II ZR 28/20 -

Dienstag, 11. Oktober 2016

Zum Umfang des Auskunftsrechts des Kommanditisten nach § 166 Abs. 3 HGB

Die Antragstellerin ist Rechtsnachfolger des ehemaligen, im Prozessverlauf verstorbenen Kommanditisten; die Antragsgegnerinnen zu 2. – 5. sind Kommanditgesellschaften, an denen der Verstorbene jeweils als Kommanditist beteiligt war. Bei der Antragsgegnerin zu 1. handelt es sich um die Komplementärgesellschaft der jeweils als GmbH & Co. errichteten Kommanditgesellschaften. Gegenstand der Kommanditgesellschaften war jeweils die Errichtung von Windkraftanlagen, deren betrieb und die Veräußerung des erzeugten Stroms. Von dem Kommanditisten und nunmehr der Antragstellerin wird mittels ein Informationsanspruch nach § 166 Abs. 3 HGB geltend gemacht, weshalb der Gegenstand der Gesellschaften noch nicht umgesetzt wurde.

Das Amtsgericht hat den Antrag, das Oberlandesgericht die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

Das OLG anerkannte zwar, dass sich ein Informationsersuchen auch direkt gegen die Komplementärgesellschaft richten könne, da diese direkten Zugriff auf die Bücher und Papiere der Kommanditgesellschaften habe und damit neben diesen als Informationsschuldner angesehen werden könne. Allerdings sei das Informationsrecht nach § 166 Abs. 3 HGB nur auf Auskünfte bezogen, die zum Verständnis eines Jahresabschlusses erforderlich sind. In Ansehung des nach § 166 Abs. 2 HGB eingeschränkten Informationsanspruchs des Kommanditisten könne er hier entsprechende Auskünfte nicht über § 166 Abs. 3 HGB verlangen.

Dem folgt der BGH nicht. Damit hat, soweit ersichtlich, der BGH erstmals Stellung genommen zu dem Umfang des Rechts nach § 166 Abs. 3 HGB.

Der Auskunftsanspruch beschränke sich entgegen der Annahme des OLG nicht auf Fragen, die die Prüfung des Jahresabschlusses und dessen Verständnis dienen. Vielmehr erweitere § 166 Abs. 3 HGB bei Vorliegen eines wichtigen Grundes das Informationsrecht auch auf Auskünfte über die Geschäftsführung allgemein und die damit im Zusammenhang stehenden Unterlagen der Gesellschaft. Zur Begründung verweist der BGH darauf, dass nach dem Wortlaut des § 166 Abs. 3 HGB nicht nur Auskünfte zu Bilanz und Jahresabschluss erfolgen müssen und die Vorlage von Büchern und Papieren verlangt werden kann, sondern auch die Anordnung „sonstiger Aufklärungen“ durch das Gericht erfolgen könne. Die Norm verweise nicht auf § 166 Abs. 1 HGB, welcher die Vorlage von Bilanz und Jahresabschluss sowie dessen Prüfung durch Einsicht in die Bücher regele. Durch den Terminus „sonstige Aufklärungen“ enthalte die Norm ein Mehr gegenüber den vorangehenden Absätzen. Die Anordnung könne „jederzeit“ ergehen und wäre nicht von einem Jahresabschluss abhängig.

Zwar enthalte § 166 Abs. 3 HGB kein allgemeines Auskunfts- und Einsichtsrecht, da dieses durch den Verweis in § 166 Abs. 2 HGB auf den nicht anwendbaren § 118 HGB ausgeschlossen sei. Das außerordentliche Informationsrecht des § 166 Abs. 3 HGB sei von daher auf ein Informationsbedürfnis des Kommanditisten begrenzt, welches sich durch einen wichtigen Grund auszeichnet.

Ein derartiger wichtiger Grund läge hier aber vor. Dies besteht, wenn die Belange des Kommanditisten durch ein vertragliches Recht oder nach § 166 Abs. 1 HGB nicht hinreichend gewahrt sind und darüber hinaus die Gefahr einer Schädigung bestünde. Dafür müssen hinreichend e Gründe durch den Kommanditisten  dargelegt werden. Es müsse zumindest ein begründetes Misstrauen gegen die Geschäftsführung vorliegen.

Anmerkung: Mit dieser Entscheidung hat der BGH nun Rechtsklarheit und –sicherheit in einer in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beurteilten Frage geschaffen. Er stärkte gleichzeitig die Stellung des Kommanditisten.


BGH, Beschluss vom 14.06.2016 – II ZB 10/15 -