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Mittwoch, 18. Januar 2017

Frachtvertrag: Das Wahlrecht des Frachtführers nach § 415 Abs. 2 HGB bei Kündigung des Absenders

Der Beklagte hatte der Klägerin einen Frachtauftrag erteilt und diesen dann vor Durchführung aus in seiner Sphäre liegenden Gründen gekündigt. Unter Berufung auf § 415 Abs. 2 Nr. 1 HGB hat die Frachtführerin (Klägerin) dann Schadensersatz in Höhe der vereinbarten Frachtkosten abzüglich ersparter Eigenaufwendungen geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da es der Auffassung war, die Klägerin habe die ersparten Aufwendungen nicht substantiiert dargelegt. Dagegen legte die Klägerin Berufung ein und beantragte Hilfsweise die Zahlung einer Entschädigung nach § 415 Abs. 2 Nr. 2 HGB (ein Drittel der Frachtkosten pauschal, sogen. Fautfracht). Die Berufung wurde zurückgewiesen, bezüglich des Hilfsantrages mit der Begründung, durch die Geltendmachung des Anspruchs nach § 415 Abs. 2 Nr. 1 HGB hätte sich die Klägerin gebunden und könne nicht mehr auf § 415 Abs. 2 Nr. 2 HGB umstellen.

Die zugelassene Revision, mit der die Klägerin nun nur noch den Hilfsantrag des Berufungsverfahrens als Hauptantrag weiterverfolgte, hatte Erfolg.

Zunächst setzte sich der BGH mit der Frage der Zulässigkeit in Bezug auf den jetzigen Hauptantrag auseinander. Er verwies darauf, dass ausnahmsweise dann der neue Hauptantrag als Klageänderung nach § 264 Nr. 2 ZPO  auch im Revisionsverfahren zulässig sei, wenn sich der Tatrichter mit allen dafür erforderlichen tatsächlichen Umständen bereits befasst hatte, was hier der Fall war.

Anders als das Berufungsgericht sah es der BGH als möglich an, von einem Anspruch nach § 415 Abs. 2 Nr. 1 HGB auf einen solchen nach § 415 Abs. 2 Nr. 2 HGB umzustellen. Es handele sich hier nicht um eine Wahlschuld iSv. §§ 262 bis 265 BGB, sondern um einen in der Rechtsprechung anerkannten Fall der elektiven Konkurrenz. Dabei stünden dem Gläubiger mehrere, sich wechselseitig ausschließende Ansprüche zu , zwischen denen er wählen könne. Für diesen Fall wäre aber die Regelung des § 263 BGB, wonach die einmal abgegebene Erklärung bindend sei und von Anfang an gilt, nicht, auch nicht analog anwendbar. On also eine Bindungswirkung bei der Geltendmachung nach einer der Regelungen in § 415 Abs. 2 HGB Bindungswirkung entfalte, sei durch Auslegung zu ermitteln.

 Der BGH schließt sich hier einer vom OLG Hamm (Urteil vom 26.02.2015 – 18 U 82/14 -) an, wonach das Wahlrecht erst erlischt, wenn der geltend gemachte Anspruch vom Schuldner erfüllt wurde. Zum Einen gäbe es für die Bindungswirkung einer einmal getroffenen Wahl im Gesetz selbst keine Anhaltspunkte. Zum Anderen wäre es unbillig, den bezüglich des Umfangs seiner Ersparnisse beweisbelasteten Frachtführer nicht erlauben zu wollen, bei Beweisschwierigkeiten, die sich häufig erst im Prozess herausstellen würden, von der Einzelabrechnung auf die Fautfracht umzustellen.


BGH, Urteil vom 28.07.2016 – I ZR 252/15 -