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Samstag, 18. September 2021

Steuern auf Verkaufserlös aus Immobilie nach vorheriger unentgeltlicher Übertragung auf Kinder ?

Die Klägerin erwarb 2011 eine Immobilie. In 2012 übertrug sie diese unentgeltlich auf ihre zwei Kinder zu je 50%, die am selben Tag die Immobilie an einen Dritten veräußerten: die Verkaufsverhandlungen wurden ausschließlich von der Klägerin geführt. Der Erlös aus dem Verkauf floss den Kindern der Klägerin zu je 50% zu. Da die für eine steuerfreie Veräußerung der Immobilie durch die Klägerin noch nicht abgelaufen war, besteuerte das Finanzamt den Gewinn zwischen dem Ankauf und dem Verkauf nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG bei der Klägerin; es ging bei der kostenfreien Übertragung auf deren Kinder von einem Gestaltungsmissbrauch gem. § 42 Abs. 1 AO aus. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Revision führte zur Stattgabe der Klage.

Nach Ansicht des BFH habe sich nicht der Tatbestand des privaten Veräußerungsgeschäfts iSv. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG verwirklicht; in der direkt) vor der Weiterveräußerung vorgenommenen schenkungsweisen Übertragung der Immobilie auf ihre zwei Kinder läge kein Gestaltungsmissbrauch der Klägerin iSv. § 42 Abs. 1 AO.

Mit der schenkungsweisen Übertragung der Immobilie auf ihre Kinder habe die Klägerin keinen Veräußerungsgewinn nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erzielt. Die nachfolgende Veräußerung habe nicht sie, sondern hätten ihre Kinder vorgenommen, die auch den Veräußerungserlös erhielten.

In dieser Vorgehensweise läge auch kein Gestaltungsmissbrauch iSv. § 42 Abs. 1 AO. Die unentgeltliche Übertragung eines Grundstücks innerhalb der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG unterfalle dem Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 S. 3 EStG und stelle auch bei der zeitlichen Nähe keinen Gestaltungsmissbrauch dar. Nach § 42 Abs. 1 S.1 AO soll verhindert werden, dass das Steuergesetz nicht umgangen wird. Läge ein solcher Fall vor, würde der Steueranspruch so entstehen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstehen würde.

§ 23 Abs. 1 S. 3 StG sei eine Regelung zur Verhinderung der Steuerumgehung und damit eine spezielle Missbrauchsvorschrift iSv. § 42 Abs. 1 S. 2 AO. Danach soll für den Fall des unentgeltlichen Erwerbs dem Einzelrechtsnachfolger für die Zwecke des § 23 EStG die Anschaffung oder die Überführung des Wirtschaftsguts in dessen Privatvermögen durch den Rechtsvorgänger zugerechnet werden. Vom Rechtsvorgänger verwirklichte Besteuerungsmerkmale würden dem unentgeltlich erwerbenden Rechtsnachfolger zugerechnet. Damit sei das private Veräußerungsgeschäft bei demjenigen zu besteuern, der die Veräußerung vorgenommen und den Veräußerungserlös erhalten habe. Die Regelung in § 23 Abs. 1 S. 3 EStG sei eine gesetzgeberische Reaktion darauf gewesen, dass bis zu dessen Inkrafttreten nur bei Kauf und Verkauf eine Besteuerung des Spekulationsgewinns erfolgen konnte, weshalb der BFH hier die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs für möglich erachtete (vgl. BFH, Urteil vom 12.07.1988 - IX R 149/83 -). Dies sei vom Gesetzeber in § 23 Abs. 1 S. 3 EStG umgesetzt worden.

Vorliegend sei der Tatbestand des § 23 Abs. 1 S. 3 EStG erfüllt. Dies habe zur Folge, dass die Kinder der Klägerin einen jeweils einen hälftigen Veräußerungserlös versteuern müssen.

Es lägen hier auch keine Umstände vor, die im Einzelfall in der Gestaltung der Übertragung auf nahestehende Personen und einem damit im Zusammenhang stehenden, von vornherein geplanten Verkauf ausnahmsweise doch zur Anwendung des § 42 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 AO(Gestaltungsmissbrauch) führen könnten.

Voraussetzung wäre eine unangemessene rechtliche Gestaltung, die bei dem Steuerpflichtigen zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führe; dies greife dann nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse erheblich seien.

Es sei hier bereits vom FG getroffenen Feststellungen zur Schenkung sowie zur darauf erfolgten Veräußerung ließen keine unangemessene Vereinbarung erkennen. Nach der Schenkung hätten die Beschenkten uneingeschränkt über die Immobilie verfügen dürfen. Sie seien insbesondere nicht vertrag gebunden gewesen, an den Erwerber zu veräußern, mit dem ausschließlich die Klägerin die Verkaufsverhandlungen geführt habe. Die Kinder seien auch nicht zur Abführung des Verkaufserlöses an die Klägerin verpflichtet worden. Zudem sei durch die Veräußerung ein steuerbarer Veräußerungsgewinn nicht vermieden worden, der jetzt bei den Kindern zu erfassen sei.

Der BFH verkennt nicht, dass die Gestaltung gleichwohl steuerliche Wirkungen zeigte. So dürfte der Steuersatz bei den Kindern niedriger liegen und sich der auf sie jeweils entfallende Betrag zu einer geringeren Progression als bei der Klägerin führen. Wenn die Klägerin ihren Kindern Geld zuführen wollte und dies aus einer Veräußerung der Immobilie entnehmen wollte, so wäre nach Abzug der Steuern der auf sie entfallende Erlös geringer gewesen, als er jetzt ach der Gestaltung wohl war. Der BFH verweist darauf, dass der bei den Kindern zu versteuernde Veräußerungsgewinn niedriger besteuert würde als bei der Klägerin. Einem Steuerpflichtigen sei es aber nicht verwehrt, die rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine geringere steuerliche Belastung ergäbe. Das Bestreben, Steuern zu sparen, mache für sich allein eine Gestaltung nicht unangemessen iSv. § 42 Abs. 1 AO (z.B. BFH, Urteil vom 29.11.1982 - GrS 1/81 -). Der zulässige Steuervorteil ergäbe sich hier nur daraus, dass das Gesetz die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks akzeptiere mit der Folge, dass nicht der Schenker, sondern der Beschenkte nach dessen persönlichen Verhältnissen den Veräußerungsgewinn versteuern müsse.

BFH, Urteil vom 23.04.2021 - IX R 8/20 -

Mittwoch, 25. August 2021

Steuerbarkeit der Veräußerung einer Eigentumswohnung hinsichtlich des häusliches Arbeitszimmers ?

Die Klägerin war Eigentümerin einer mit notariellen Vertrag vom 29.66.2012 erworbenen und selbst bewohnten Eigentumswohnung, und veräußerte diese mit notariellen Vertrag vom 11.07.2017. Unstreitig war, dass im Hinblick auf die Haltedauer an sich der Veräußerungsgewinn nicht steuerpflichtig war. Allerdings unterhielt die Klägerin in der Wohnung ein (steuerlich von der Finanzverwaltung in den Vorjahren auch mit dem Höchstbetrag von € 1.250,00 anerkanntes) Arbeitszimmer, welches ca. 10% der Grundfläche der Wohnung ausmachte. Im Hinblick hierauf berechnete das Finanzamt einen von der Klägerin aus dem Veräußerungsgeschäft zu versteuernden Gewinn. Nachdem der dagegen durch die Klägerin eingelegte Einspruch vom Finanzamt (FA) zurückgewiesen wurde, erhob die Klägerin Klage, dem das Finanzgericht stattgab. Die Revision des FA wurde vom Bundesfinanzhof (BFH) zurückgewiesen.

Die Streitfrage betraf § 22 Nr. 2 iVm. § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EstG, ob ein Gewinn aus der Veräußerung der Eigentumswohnung in Bezug auf den Bereich des Arbeitszimmers steuerlich zu berücksichtigen ist. Das FA berief sich auf das BMF-Schreiben vom 05.10.2000 (BStBl. I 2000, 1382 Rn. 21). Dass sich dem Rechtsstreit auf Seiten des FA anschließende Bundesministerium der Finanzen (BMF) verwies darauf, dass der als häusliches Arbeitszimmer genutzte Teil der Wohnung bei Veräußerung der selbst bewohnten Eigentumswohnung nicht den eigenen Wohnzwecken nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EstG zuzuordnen sei und damit hier auch nicht von der Besteuerung des darauf entfallenden Veräußerungsgewinns ausgenommen sei.

Zu den Einkünften nach § 22 Nr. 2 EStG zählen auch private Veräußerungsgeschäfte iSv. § 23 EstG. Eine Rückausnahme bilden Veräußerungsgeschäfte über Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte wie z.B. Erbbaurechte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung mehr als zehn Jahre beträgt oder (i) die im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder (ii) im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Kalenderjahren zu eigenen Wohnzwecken geeignet war und genutzt wurde (§ 23 Abs. 1 S.1 1 Nr. 1 S. 3 EstG).

Vom BFH wurde darauf hingewiesen, dass seien Rechtsprechung zum Begriff der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken in einer dem Dualismus der Einkunftsarten wieder Geltung verschaffenden Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG wieder Geltung verschaffenden Ausnahmeregelung (BT-Drucks. 14/265, S. 181) sehr weit gefasst werde. Danach sei ausreichend, wenn der Steuerpflichtige das Gebäude zumindest auch selbst nutze, weshalb eine gemeinsame Nutzung mit Familienangehörigen oder einem Dritten nutze. Eine Nutzung zu „eigenen Wohnzwecken“ liege aber dann nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlasse, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen. Aber auch ein zeitweiliges Bewohnen würde zu „eigenen Wohnzwecken“ erfolgen, wenn zwar der Steuerpflichtige die Wohnung nur zeitweise bewohne, sie ihm aber in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung stünde (z.B. Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt würden); sei deren Nutzung auf Dauer angelegt, käme es darauf an, on der Steuerpflichtige noch eine oder mehrere Wohnung(en) habe und wie oft er sich darin aufhalte (BFH, Urteil vom 27.06.2017 - IX R 37/16 -).   

Nach diesen Grundsätzen läge eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch dann vor, wenn sich in der im Übrigen selbst bewohnten Eigentumswohnung ein häusliches Arbeitszimmer befände (anders als im BMF-Schreiben aaO. ausgeführt). Weder der Wortlaut des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG noch die Gesetzesbegründung gäben Anhaltspunkte dafür, bei Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers dieses von der Begünstigung ausnehmen zu wollen.

„Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ sei eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit und die Eigengestaltung der Haushaltsführung und es häuslichen Wirkungskreises gekennzeichneter Lebenssachverhalt, die in gewisser Weise auch mit der Betätigung in einem häuslichen Arbeitszimmer verknüpft seien. Eine private Mitbenutzung des Arbeitszimmers sei zudem nicht überprüfbar und deshalb nicht vollständig auszuschließen, weshalb ein häusliches Arbeitszimmer bereits angenommen würde, wenn dieses nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke (und unter 10% für Wohnzwecke) genutzt würde.  

Der Gesetzgeber habe ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/23, S. 180 und BT-Drucks. 12/265, S. 181 „soweit“) auch berücksichtigt, dass sich die Befreiung nicht auf die gesamte Wohnung beziehen müsse, wenn z.B. eine Fremdvermietung eines Zimmers in der Wohnung erfolge. Hätte er auch das häusliche Arbeitszimmer von der Befreiung ausnehmen wollen, hätte es nahegelegen, dies auch mit aufzunehmen. Zudem habe der Gesetzgeber die Besteuerung im Falle der Aufgabe des Wohnsitzes (z.B. wegen Arbeitsplatzwechsels) für nicht gerechtfertigt angesehen (BT-Drucks. 14/23, S. 180), was dann auch für das häusliche Arbeitszimmer gelten müsse, was im Falle des Wohnsitzwechsels in dieser Wohnung wegfalle.

BFH, Urteil vom 01.03.2021 - IX R 27/19 -