Dienstag, 18. Juni 2024

Durchsetzung von Mängelansprüchen bei WEG mit verselbständigten Untergemeinschaften

Die Klägerin, selbst Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), teilte als Bauträgerin das Grundstück, auf dem sich zwei Häuser befanden, wobei sie in jedem der Häuser (G-Str. 54 und G-Str. 56) Untergemeinschaften bildete. In der Gemeinschaftsordnung war aufgenommen worden, dass „die auf dem Grundstück aufstehenden Wohngebäude … im Ergebnis so weit wie möglich getrennt und unabhängig voneinander behandelt werden (sollen), so dass die Einheiten 1 bis 8 (G-Str. 54) und die Einheiten 9 – 13 (G-Str. 56) jeweils eine gesonderte Wirtschaftsgemeinschaft und hinsichtlich ihres Gebäudes eine eigene, getrennte Eigentümergemeinschaft bilden“. Ferner war aufgenommen, dass jede Untergemeinschaft eine eigene Eigentümerversammlung abhält, „die nur diese Gemeinschaft betrifft“.

Auf der außerordentlichen Eigentümerversammlung der Gesamtgemeinschaft vom 04.02.2020 wurde u.a. beschlossen, die Ausübung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche pp. die den Erwerben gegen die Klägerin als Bauträger zustehen, an sich zu ziehen. In der Folge wurde von der GdWE Klage gegen die Klägerin erhoben, wobei es sich bei den geltend gemachten Mängeln ausschließlich um solche handelte, die sich auf das Objekt G-Str, 54 bezogen. In einer weiteren Eigentümerversammlung vom 15.10.2021 der Gesamtgemeinschaft wurde zum Einen beschlossen, den Prozess zunächst fortzusetzen und ein vom Gericht beauftragtes Gutachten abzuwarten um dann mit der Klägerin einen Vergleich anzustreben (TOP 14), zum Anderen wurde eine Sonderumlage zur Prozessfinanzierung beschlossen (TOP 15). Die Klägerin wandte sich mit ihrer Klage gegen die benannten Beschlüsse der Versammlung vom 15.10.2021.

Während das Amtsgericht der Klage stattgab, wurde sie vom Landgericht abgewiesen. Die vom Landgericht zugelassene Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

Der BGH stellte fest, dass die Gesamtgemeinschaft zu TOP 14 Beschlusskompetenz hatte. Sie habe auf der Grundlage des Beschlusses vom 04.02.2020 die auf Mängelbeseitigung gerichteten Rechte durch den nicht angefochtenen Beschluss wirksam an sich gezogen und sei deshalb auch am 15.10.2021 befugt gewesen, über die mit dem Prozess verbundenen Folgeangelegenheiten zu entscheiden. Den Beschluss über die Vergemeinschaftung der Mängelrechet vom 04.02.2020 habe auch nur die Gesamtgemeinschaft, nicht die Untergemeinschaft G-Str. 54 fassen können.

Es könnten in Mehrhausanlagen durch Vereinbarung gem. § 10 Abs. 1 S. 2 WEG weitgehend verselbständigte Untergemeinschaften gebildet werden. Damit könnte den Mitgliedern der für einzelnen Gebäude gebildeten Untergemeinschaften durch die Gemeinschaftsordnung zwar die Kompetenz eingeräumt werden, unter Ausschluss anderer Eigentümer die Durchführung von Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen für das zu der jeweiligen Untergemeinschaft gehörende Gebäude zu beschließen, wenn zugleich bestimmt sei, dass auch diese Mitglieder alleine für die Kosten aufzukommen haben. Gleichwohl müsse aber auch dann, wenn die Untergemeinschaften in eigener Zuständigkeit über Lasten und Kosten entscheiden könnten, eine einheitliche Jahresabrechnung für die Gesamtgemeinschaft erstellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2021 –-V ZR 163/20 -). Offen bleibe, wie es sich verhalte, wenn nach der Teilungserklärung eine eigene Teilversammlung abgehalten werden dürfe und gleichwohl die Gesamtversammlung abstimmte.

Die Rechte wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums stünden den Erwerben aus den jeweiligen mit dem Veräußerer abgeschlossenen Verträgen zu. Der Erwerber könne deshalb solange seine individuellen Rechte aus dem Vertrag gegen den Veräußerer selbst verfolgen, solange dadurch nicht schützenswerte gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers beeinträchtigt würden. Die GdWE sei von vornherein für die Geltendmachung und Durchsetzung solcher Rechte alleine zuständig, die ihrer Natur nach gemeinschaftsbezogen seien und ein eigenständiges Vorgehen der einzelnen Wohnungseigentümer nicht zulassen würden. Das würde das Minderungsrecht und den kleinen Schadenersatz betreffen. Darüber hinaus könne die GdWE im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums die auf ordnungsgemäße Herstellung desselben gerichteten Rechte durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen (BGH, Urteil vom 15.01.2010 - V ZR 80/09 -).

Diese Beschlusskompetenz zur Vergemeinschaftung von Mängelrechten würde auch dann der Gesamtgemeinschaft (und nicht der Untergemeinschaft) zustehen, wenn die Mängel nur den einer Untergemeinschaft zugeordneten Teil einer Anlage betreffen würden. Ansonsten wäre eine effektive Rechtsverfolgung beeinträchtigt. Zum Einen würde sich vielfach zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Vergemeinschaftung noch nicht sicher abschätzen lassen, ob sich ein Sachmangel auf das Gebäude mit den Mängelsymptomen beschränkt, zum Anderen sei denkbar, dass ein Haus einer Mehrhausanlage einen Mangel aufweise, die Mangelsymptome aber an einem anderen Haus zum Vorschein treten würden. Es müsse aber von vornherein klar und eindeutig feststehen, welchem Rechtsträger die Beschlusskompetenz zustünde; dies sei nur zu erreichen, wenn wie Beschlusskompetenz alleine der Gesamtgemeinschaft zugeordnet würde.

BGH, Urteil vom 23.01.2024 - V ZR 132/23 -


Aus den Gründen:

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 14. Juni 2023 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Sie teilte das Grundstück als Bauträgerin nach der Sanierung der beiden Häuser der Anlage unter Bildung der Untergemeinschaften G.straße 54 und G.straße 56 in Wohnungs- und Teileigentum auf. Die Untergemeinschaft G.straße 54 besteht aus acht Einheiten mit insgesamt 635 Miteigentumsanteilen, die Untergemeinschaft G.straße 56 aus fünf Einheiten mit 365 Miteigentumsanteilen.

Die Gemeinschaftsordnung enthält dazu folgende Regelungen:

„§ 3 Abs. 5:

Bei den Regelungen dieser Gemeinschaftsordnung als auch der zugrunde liegenden Teilungserklärung ist immer davon auszugehen, dass die auf dem Grundstück aufstehenden Wohngebäude … im Ergebnis so weit wie möglich getrennt und unabhängig voneinander behandelt werden, so dass die Einheiten 1 bis mit 8 (G.straße 54) und die Einheiten 9 bis mit 13 (G.straße 56) jeweils eine gesonderte Wirtschaftsgemeinschaft und hinsichtlich ihres Gebäudes eine eigene, getrennte Eigentümergemeinschaft bilden. Dazu gilt folgendes:

a) Der jeweiligen (Unter-) Eigentümergemeinschaft der beiden genannten Häuser … steht die Nutzung ihres jeweiligen Gebäudes jeweils gemeinschaftlich unter Ausschluss der Nutzung durch die Miteigentümer des anderen Hauses zu. Diesem Sondernutzungsrecht unterliegen das gesamte gemeinschaftliche Eigentum des jeweiligen Hauses, insbesondere die konstruktiven Teile des Gebäudes sowie die technischen Einrichtungen und gemeinschaftlichen Anlagen, soweit diese nicht im Sondereigentum eines Wohnungseigentümers stehen oder diesem zur Sondernutzung zugewiesen sind. Die Miteigentümer eines Hauses besitzen sämtliche Rechte und Pflichten an ihrem Gebäude so, wie wenn es sich um eine eigene Eigentümergemeinschaft handelt, mithin die beiden betreffenden Grundstücke real geteilt wären. Die Miteigentümer eines Hauses entscheiden allein über bauliche Maßnahmen an ihrem Gebäude. Im Zweifel entscheidet der Verwalter für die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft über die Zulässigkeit einer solchen Veränderung. …

c) Jede Untergemeinschaft hält eine gesonderte Eigentümerversammlung ab, die über die Belange entscheidet, die nur diese Gemeinschaft betrifft. In dieser Versammlung haben nur die Eigentümer der in dem Haus gelegenen Einheiten Stimmrecht. Das Stimmrecht bestimmt sich auch insoweit nach den Miteigentumsanteilen, bezogen auf das jeweilige Teilobjekt … ."

Am 4. Februar 2020 fand eine außerordentliche Eigentümerversammlung der Gesamtgemeinschaft statt, bei der zu TOP 5 beschlossen wurde, die Ausübung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche sowie die sonstigen primären Mängelrechte, die den Erwerbern gegen die Klägerin als Bauträgerin zustehen, an sich zu ziehen. Auf der Grundlage dieses Beschlusses nimmt die GdWE die Klägerin vor dem Landgericht auf Zahlung von Vorschuss für die Beseitigung behaupteter Mängel am Gemeinschaftseigentum in Anspruch. Die in dem Rechtsstreit geltend gemachten Mängel beziehen sich ausschließlich auf das Objekt G.straße 54. Darüber wird vor dem Landgericht Beweis erhoben.

In der Eigentümerversammlung vom 15. Oktober 2021 beschloss die Gesamtgemeinschaft zu TOP 14, den Prozess vor dem Landgericht zunächst fortzuführen, das Ergebnis des gerichtlich beauftragten Gutachters abzuwarten und im Anschluss einen Vergleich mit der Klägerin anzustreben. Zu TOP 15 wurde beschlossen, eine einmalige Sonderumlage in Höhe von 6.000 € zur Finanzierung der Prozesskosten anteilig entsprechend den Miteigentumsanteilen der Wohnungseigentümer zu erheben.

Gestützt auf die Ansicht, der Gesamtgemeinschaft fehle die Beschlusskompetenz, da der Rechtsstreit vor dem Landgericht allein die Untergemeinschaft G.straße 54 betreffe, und die Beschlüsse entsprächen zudem nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wendet sich die Klägerin gegen die zu TOP 14 und 15 gefassten Beschlüsse mit der Beschlussmängelklage. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der beklagten GdWE hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision möchte die Klägerin die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erreichen. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht meint, die angefochtenen Beschlüsse seien nicht nichtig und widersprächen zudem nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Entscheidend sei, dass die Eigentümerversammlung der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft die Ausübung der Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche sowie der Sachmängelrechte mit Beschluss vom 4. Februar 2020 an sich gezogen habe. Hierzu sei sie auch nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) berechtigt gewesen. Dieser Beschluss sei weder angefochten worden noch sei er mangels Beschlusskompetenz der GdWE nichtig. Zwar könnten in Mehrhausanlagen - wie hier - durch Vereinbarung weitgehend verselbstständigte Untergemeinschaften gebildet werden. Das bedeute aber nicht, dass allein der jeweiligen Untergemeinschaft die Beschlusskompetenz für die Vergemeinschaftung von Rechten gegenüber dem Bauträger zukomme. Vom Gesetz abweichende Regelungen in der Gemeinschaftsordnung müssten klar und eindeutig formuliert sein. Die Gemeinschaftsordnung der Beklagten verhalte sich in keiner Weise zu der Geltendmachung von Sachmängelansprüchen gegen den Bauträger. Die Beschlusskompetenz für die Entscheidung über deren Vergemeinschaftung stehe allein der Gesamtgemeinschaft zu, denn nur diese sei rechtsfähig. Daher dürfe die Gesamtgemeinschaft auch über die Fortführung des von ihr eingeleiteten Rechtsstreits und dessen Finanzierung beschließen.

Der Beschluss zu TOP 14 widerspreche auch nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Er leide insbesondere nicht an einem Ladungsmangel. Der Beschluss zu TOP 15 sei inhaltlich hinreichend bestimmt und wirke nicht zurück, da die Fälligkeit der Sonderumlage erst auf den 15. November 2021 festgesetzt worden sei.

II.

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

1. Zu Recht verneint das Berufungsgericht Beschlussmängel im Hinblick auf den Beschluss zu TOP 14 vom 15. Oktober 2021.

a) Der Beschluss zu TOP 14 ist nicht wegen mangelnder Beschlusskompetenz der Gesamtgemeinschaft nichtig, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei annimmt. Die Gesamtgemeinschaft hat die auf Beseitigung von Baumängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Wohnungseigentümer durch nicht angefochtenen Beschluss vom 4. Februar 2020 wirksam an sich gezogen und war infolgedessen auch befugt, in der Wohnungseigentümerversammlung am 15. Oktober 2021 über die mit der Prozessführung im Zusammenhang stehenden Folgeangelegenheiten zu entscheiden.

aa) Den TOP 14 zugrundeliegenden Beschluss über die Vergemeinschaftung der Mängelrechte vom 4. Februar 2020 konnte nur die Gesamtgemeinschaft fassen, nicht aber die Untergemeinschaft G.straße 54.

(1) Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG können allerdings in Mehrhausanlagen durch Vereinbarung - wie hier - weitgehend verselbstständigte Untergemeinschaften gebildet werden (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 16. Juli 2021 - V ZR 163/20, NJW 2021, 3057 Rn. 7 mwN). Damit ist aber nicht gesagt, dass ausschließlich die auf diese Weise gebildeten Untergemeinschaften über sämtliche „ihrer" Angelegenheiten eigenständig entscheiden dürfen. Nach der Rechtsprechung des Senats kann den Mitgliedern der für einzelne Gebäude oder Gebäudekomplexe gebildeten Untergemeinschaften durch die Gemeinschaftsordnung für eine Mehrhausanlage zwar die Kompetenz eingeräumt werden, unter Ausschluss der anderen Eigentümer die Durchführung von Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen zu beschließen, die ein zu der jeweiligen Untergemeinschaft gehörendes Gebäude betreffen, wenn zugleich bestimmt wird, dass die durch diese Maßnahmen verursachten Kosten im Innenverhältnis allein von den Mitgliedern der jeweiligen Untergemeinschaft zu tragen sind (vgl. Senat, Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 184/16, NJW 2018, 1309 Rn. 21 ff.). Der Senat hat aber andererseits entschieden, dass auch dann, wenn nach der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage Untergemeinschaften in eigener Zuständigkeit nach dem Vorbild selbstständiger Eigentümergemeinschaften über die Lasten und Kosten entscheiden, für die Gesamtgemeinschaft eine einheitliche Jahresrechnung erstellt und beschlossen werden muss (vgl. Senat, Urteil vom 16. Juli 2021 - V ZR 163/20, NJW 2021, 3057 Rn. 8 ff.). Wie es sich verhält, wenn eine Untergemeinschaft - wie hier - nach der Teilungserklärung eine eigene Teilversammlung abhalten darf und gleichwohl die Versammlung aller Wohnungseigentümer in einer die Untergemeinschaft betreffenden Angelegenheit abgestimmt hat, hat der Senat ausdrücklich offengelassen (vgl. Senat, Urteil vom 26. Juni 2020 - V ZR 199/19, NJW-RR 2020, 959 Rn. 14). Diese Frage kann auch hier dahinstehen.

(2) Sind nach der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage weitgehend verselbstständigte Untergemeinschaften gebildet, kann richtigerweise nur die Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer die den einzelnen Erwerbern aus den jeweiligen Verträgen mit dem Veräußerer wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums zustehenden Rechte auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen (ähnlich auch Eichhorn, ZfIR 2015, 8, 10).

(a) Im Ausgangspunkt stehen die Rechte wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums den Erwerbern aus den mit dem Veräußerer jeweils geschlossenen Verträgen zu. Daher ist der Erwerber von Wohnungseigentum grundsätzlich berechtigt, seine individuellen Rechte aus dem Vertrag mit dem Veräußerer selbstständig zu verfolgen, solange durch sein Vorgehen gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht beeinträchtigt sind. So kann der Erwerber die nicht gemeinschaftsbezogenen Rechte auf großen Schadensersatz oder Rücktritt selbstständig geltend machen. Aber auch die auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Mängelansprüche kann der Erwerber grundsätzlich selbstständig verfolgen. Die GdWE ist jedoch für die Geltendmachung und Durchsetzung solcher Rechte von vornherein allein zuständig, die ihrer Natur nach gemeinschaftsbezogen sind und ein eigenständiges Vorgehen des einzelnen Wohnungseigentümers nicht zulassen. Das betrifft die Rechte auf Minderung und auf kleinen Schadensersatz. Darüber hinaus kann die Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums die Ausübung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der einzelnen Erwerber aus den Verträgen mit dem Veräußerer durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist insoweit anerkannt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft mehrheitlich beschließen kann, wegen eines Mangels des Gemeinschaftseigentums Vorschuss zu fordern oder einen auf die Beseitigung von Mängeln des Gemeinschaftseigentums gerichteten Erfüllungs- oder Nacherfüllungsanspruch durchzusetzen (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 80/09, NJW 2010, 933 Rn. 7; BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 20). Auch nach dem am 1. Dezember 2020 in Kraft getretenen Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) ist die GdWE nach § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG befugt, die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich zu ziehen (vgl. Senat, Urteil vom 11. November 2022 - V ZR 213/21, NJW 2023, 217 Rn. 30; BGH, Urteil vom 9. November 2023 - VII ZR 241/22, NZM 2024, 113 Rn. 32).

(b) Entscheidend für die alleinige Beschlusskompetenz der Gesamtgemeinschaft sprechen die Gründe, die zur Anerkennung der Vergemeinschaftung geführt haben. Schon im Ausgangspunkt bezieht sich die Vergemeinschaftung der auf Beseitigung von Herstellungsmängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten werkvertraglichen Erfüllungs- oder Nacherfüllungsansprüche regelmäßig auf die Individualrechte aller Wohnungseigentümer und nicht nur der Mitglieder einzelner Untergemeinschaften. Damit begründet die Gesamtgemeinschaft ihre alleinige Zuständigkeit und schließt ein selbstständiges Vorgehen der Erwerber aus (§ 18 Abs. 1 WEG). Den einzelnen Wohnungseigentümern wird die materielle Ausübungsbefugnis entzogen mit der Folge des Verlusts auch der Prozessführungsbefugnis kraft Gesetzes (vgl. Senat, Urteil vom 11. November 2022 - V ZR 213/21, NJW 2023, 217 Rn. 34). Geltend machen kann die Mängelrechte im Außenverhältnis allein die Gesamtgemeinschaft, die - anders als die rechtlich unselbstständige Untergemeinschaft (vgl. Senat, Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 184/16, NJW 2018, 1309 Rn. 18) - partei- und rechtsfähig ist (§ 9a Abs. 1 Satz 1 WEG). Der Entzug der materiellen Ausübungsbefugnis mit der Folge des Verlusts auch der Prozessführungsbefugnis kraft Gesetzes stellt jedenfalls bei vertraglich begründeten Individualrechten einen gravierenden Eingriff in die Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) dar, die auch verbürgt, dass eigene Rechte grundsätzlich selbst ausgeübt und prozessual durchgesetzt werden können (Senat, Urteil vom 11. November 2022 - V ZR 213/21, aaO Rn. 34). Daher können die Ansprüche der Erwerber nur vergemeinschaftet werden, wenn die ordnungsgemäße Verwaltung ein gemeinschaftliches Vorgehen erfordert. Die ordnungsgemäße Verwaltung erfordert es regelmäßig, dass alle Wohnungseigentümer einen gemeinschaftlichen Willen darüber bilden, wie die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu bewirken ist. Nur eine solche gemeinschaftliche, allein verbindliche und koordinierte Willensbildung verhindert zudem, dass der Veräußerer verschiedenartigen Ansprüchen ausgesetzt wird, die letztlich doch nicht durchsetzbar wären (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 20), und ermöglicht eine effektive Durchsetzung der werkvertraglichen Sachmängelansprüche im Außenverhältnis. Das gilt nicht nur im Hinblick auf Erfüllungs- oder Nacherfüllungsansprüche, sondern auch für Ansprüche auf Vorschuss oder Aufwendungsersatz, die davon abhängen, wie die Selbstvornahme bewirkt wird. Letztlich liegt es auch im Interesse des Veräußerers, dass sich nicht unterschiedliche Untergemeinschaften wegen des gleichen Sachmangels an verschiedenen Gebäuden einer Mehrhausgemeinschaft für die Geltendmachung unterschiedlicher Sachmängelansprüche entscheiden.

(c) Die Beschlusskompetenz für die Vergemeinschaftung von Mängelrechten steht auch dann allein der Gesamtgemeinschaft und nicht der Untergemeinschaft zu, wenn die Mängel nur den einer Untergemeinschaft zugeordneten Teil der Anlage betreffen. Denn die gebotene effektive Rechtsverfolgung wäre beeinträchtigt, wenn eine einzelne verselbstständigte Untergemeinschaft eigenverantwortlich über das weitere Vorgehen entscheiden könnte. Vielfach wird sich im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Vergemeinschaftung der auf Beseitigung von Herstellungsmängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten werkvertraglichen Erfüllungs- oder Nacherfüllungsansprüche nicht mit der notwendigen Sicherheit abschätzen lassen, ob sich ein Sachmangel auf das Gebäude beschränkt, an welchem sich Mangelsymptome zeigen, oder ob andere Häuser der Mehrhausanlage Sachmängel gleicher Art aufweisen, ohne dass bereits Mangelsymptome hervorgetreten sind. Denkbar ist ebenfalls, dass ein Haus einer Mehrhausanlage einen Sachmangel aufweist, die Mangelsymptome aber an einem anderen Gebäude der Anlage zum Vorschein treten. Eine auf Mängel des „eigenen“ Hauses beschränkte Beschlusskompetenz der Untergemeinschaft würde zu nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheiten im Hinblick auf die Beschlusskompetenz führen. Bei Beschlussfassung ließe sich nämlich vielfach nicht mit der notwendigen Sicherheit abschätzen, ob sich ein Mangel auf ein Gebäude - gegebenenfalls auf welches - beschränkte, so dass die jeweils betroffene Untergemeinschaft über die Vergemeinschaftung der werkvertraglichen Erfüllungs- oder Nacherfüllungsansprüche entscheiden dürfte, oder ob die Gesamtgemeinschaft den Vergemeinschaftungsbeschluss fassen müsste. Bisweilen bedürfte es zur Klärung der Beschlusskompetenz vorab einer nicht prozessökonomischen und kostenintensiven Beweisaufnahme über Art und Umfang der Sachmängel. Unter Umständen träte erst nach Beschlussfassung zutage, dass die unzuständige Gemeinschaft den Beschluss gefasst hat, weil der Umfang der Sachmängel bei Beschlussfassung unzutreffend eingeschätzt wurde. Es muss aber von vornherein klar und eindeutig feststehen, welchem Rechtsträger die Beschlusskompetenz zusteht; dieses Ergebnis lässt sich nur erzielen, indem die Beschlusskompetenz allein der Gesamtgemeinschaft zugeordnet wird.

bb) Anders als die Revision meint, fehlt es der GdWE selbst dann nicht an einer Beschlusskompetenz für die Vergemeinschaftung der Mängelrechte durch den Beschluss zu TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 4. Februar 2020, wenn die Klägerin mit drei Wohnungseigentümern nicht durch Bauträgerverträge, sondern durch Kaufverträge verbunden sein sollte. Eine unterschiedliche Beurteilung der Befugnisse der GdWE danach, ob sich die Ansprüche nach Kauf- oder Werkvertragsrecht richten, findet im Gesetz keine Stütze; für eine solche Differenzierung der auf das gleiche Ziel gerichteten Ansprüche besteht jedenfalls dann kein Anlass, wenn - wie hier - gleichgerichtete Ansprüche mehrerer Erwerber gegen einen einzigen Veräußerer bestehen (vgl. Senat, Urteil vom 11. November 2022 - V ZR 213/21, NJW 2023, 217 Rn. 37).

b) Der Beschluss zu TOP 14 widerspricht nicht deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung, weil der Verwalter die Wohnungseigentümer in einer für deren Willensbildung ursächlichen Weise fehlerhaft über die Tatsachengrundlage der Entscheidung unterrichtet haben soll. Dies verneint das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler; die darauf bezogene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und nicht als durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

2. Ferner ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den zu TOP 15 gefassten Beschluss vom 15. Oktober 2021 über die Erhebung einer Sonderumlage zur Prozessfinanzierung für rechtmäßig erachtet. Die Kompetenz, durch Beschluss über die gerichtliche Geltendmachung der vergemeinschafteten Ansprüche und die mit der Prozessführung im Zusammenhang stehenden Fragen zu entscheiden, steht ebenfalls allein der Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer zu. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass dem Beschlussinhalt keine Rückwirkung zukommt, da die Wohnungseigentümer am 15. Oktober 2021 die Erhebung einer erst zum 15. November 2021 fälligen Sonderumlage beschlossen haben.

a) Zwar wird im Schrifttum vertreten, dass eine rückwirkende Fälligkeit einer Sonderumlage nicht beschlossen werden darf (vgl. Bärmann/Becker, WEG, 15. Aufl., § 28 Rn. 105; Jennißen in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 28 Rn. 82). Ob dem generell zu folgen ist, kann dahinstehen, da die Wohnungseigentümer bei der gebotenen objektiven Auslegung (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 72/09, NJW 2010, 3093 Rn. 9) die Erhebung einer Sonderumlage beschlossen haben, die erst nach der Beschlussfassung fällig wird. Die Auslegung des Berufungsgerichts hält der uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 13. Dezember 2019 - V ZR 203/18, NJW 2020, 1354 Rn. 7 mwN) stand.

b) Entgegen der Ansicht der Revision wird die Wirksamkeit des Beschlusses über die Erhebung der Sonderumlage auch nicht deshalb in Frage gestellt, weil die auf die jeweiligen Eigentümer entfallenden Anteile der der Gesamthöhe nach angegebenen Sonderumlage nicht in absoluten Beträgen beziffert werden, sondern nur auf die aufgeführten Miteigentumsanteile als Maßstab der auf die einzelnen Eigentümer entfallenden Anteile der Sonderumlage Bezug genommen wird.

aa) Der Inhalt eines Eigentümerbeschlusses muss, insbesondere weil ein Sonderrechtsnachfolger nach § 10 Abs. 3 Satz 2 WEG an Beschlüsse gebunden ist, inhaltlich bestimmt und klar sein. Es besteht ein Interesse des Rechtsverkehrs, die durch die Beschlussfassung eingetretenen Rechtswirkungen der Beschlussformulierung entnehmen zu können. Eigentümerbeschlüsse sind daher „aus sich heraus" auszulegen, und Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind (vgl. Senat, Urteil vom 8. April 2016 - V ZR 104/15, NJW-RR 2016, 985 Rn. 9). Um eine Zahlungspflicht der Eigentümer zu begründen, muss auch der Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage hinreichend bestimmt sein. Da die Sonderumlage der Sache nach eine Ergänzung des geltenden Wirtschaftsplans ist (vgl. Senat, Urteil vom 13. Januar 2012 - V ZR 129/11, NJW-RR 2012, 343 Rn. 15), muss der Beschluss anteilmäßige Beitragsverpflichtungen der Wohnungseigentümer festlegen (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Juni 1989 - V ZB 22/88, NJW 1989, 3018). Grundsätzlich muss damit in einem Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage auch die auf den einzelnen Eigentümer entfallende Summe betragsmäßig bestimmt sein. Es reicht aber aus, wenn der geschuldete Einzelbetrag objektiv eindeutig bestimmbar ist und von den Wohnungseigentümern selbst ohne Weiteres errechnet werden kann (vgl. BayObLG NZM 2003, 66; NJW-RR 1998, 1386; NJW-RR 1990, 720, 721; NJWE-MietR 1997, 36; KG, NJW-RR 1991, 912; LG München I, ZMR 2021, 346 f.; BeckOGK/G. Hermann, WEG [1.12.2023], § 28 Rn. 71; Staudinger/Lehmann-Richter, BGB [2023], § 28 WEG Rn. 36; aA Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 28 Rn. 53).

bb) Nach diesen Grundsätzen ist der angefochtene Beschluss über die Erhebung der Sonderumlage zweifellos hinreichend bestimmt. Die Wohnungseigentümer haben beschlossen, eine Sonderumlage in Höhe von insgesamt 6.000 € zu erheben, die von den aufgeführten Wohnungseigentümern anteilig entsprechend den in den Beschlusstext aufgenommenen Miteigentumsanteilen zu tragen ist. Auf der Grundlage dieses Maßstabs kann jeder Wohnungseigentümer den auf ihn entfallenden Anteil an der Sonderumlage unschwer ermitteln.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.



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