Für die Feststellung des Zeitpunktes für wechselseitige Auskunftspflichten zum Trennungsvermögen im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung der Beteiligten im Scheidungsverbundverfahren kam es darauf an, wann sich die Parteien getrennt hatten. Dabei war zu berücksichtigen, dass sie weiterhin innerhalb des gemeinsamen Ehehauses wohnten. Aus der Ehe waren drei noch minderjährige Kinder hervorgegangen. Nachdem die Eheleute bereits im Haus getrennte Schlafzimmer bezogen hatten teilte der Antragsgegner (AG) der Antragstellerin (AS) am 13.01.2021 mit, er sei „praktisch schon ausgezogen im Keller“. Mit E-Mail vom 20.01.2021 schrieb die As dem AG, dass sie zu dem Schluss gekommen sei, dass es für sie alle besser sei, wenn sie getrennt leben würden. Der AG schlief bereits im Untergeschoss und benutzte das dortige Badezimmer schwerpunktmäßig, die AS das Badezimmer im Obergeschoss, wo sie das dortige ehemalige Schlafzimmer alleine bzw. mit den Kindern nutzte. Eine intime Beziehung bestand zwischen den Eheleuten nicht mehr. Gemeinsame Mahlzeiten fanden nur in Anwesenheit der Kinder statt. Gelegentlich fanden wechselseitige Handreichungen (Einkäufe und sonstige Besorgungen) statt. Im Januar 2021 tauschten sich die Eheleute über die Folgen der Trennung aus und im Februar beauftragten sie jeweils einen Rechtsanwalt zwecks Regelung der Trennungsfolgen. Im Februar 20021 beauftragte die AS auch einen Immobilienmakler und zog am 09.03.2021 aus dem Haus aus. Im amtsgerichtlichen Verfahren stellten sie wechselseitig Auskunftsanträge. Durch den vom AG angefochtenen Teilbeschluss wies das Amtsgericht den Antrag des AS zurück und gab dem Antrag des AG statt. Zur Begründung wies das Amtsgericht darauf hin, der AS sei es nicht gelungen, den taggenauen Trennungszeitpunkt substantiiert darzulegen.
Das Oberlandesgericht gab der Beschwerde der AS statt. Trennungszeitpunkt sei der 20.01.2021 und nicht, wie vom AG angenommen, der 09.03.2021. Damit sei der Stichtag für die Vermögensauskunft der 20.01.2021.
§ 1567 BGB regelt, dass eine häusliche Gemeinschaft auch dann nicht mehr besteht, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben. Es handele sich hier, worauf das OLG verweist, um eine objektive Voraussetzung, und als subjektive Voraussetzung, dass zumindest ein Ehegatte die häusliche Gemeinschaft erkennbar nicht mehr herstellen wolle, da er die eheliche Gemeinschaft ablehne.
Objektive Voraussetzung: Ein Ehegatte müsse aus der ehelichen Wohnung ausziehen. Dazu bedürfe es aber keiner vollkommenen Trennung, vielmehr genüge eine räumliche Situation entsprechendes Höchstmaß der Trennung., die das Getrenntleben auch nach außen sichtbar mache. Ein reines räumliches Nebeneinander ohne persönliche Beziehung stünde dem nicht entgegen. Es dürfe kein gemeinsamer Haushalt mehr geführt werden und es dürften keine wesentlichen Beziehungen mehr bestehen; verbleibende Gemeinsamkeiten müssten sich als unwesentlich für ein eheliches Zusammenleben darstellen, weshalb – trotz eines strengen Maßstabes vereinzelt bleibende Versorgungsleistungen bzw. Handreichungen der Ehegatten füreinander ohne besondere Intensität oder Regelmäßigkeit einem Getrenntleben nicht entgegen stehen würden. Ein freundschaftlicher, anständiger und vernünftiger Umgang der Ehegatten sei auch nicht ausgeschlossen, insbesondere dann, wenn gemeinsame Kinder im Haushalt leben würden, da die Ehegatten nach der Trennung über die Elternschaft verbunden blieben und zum Wohl der Kinder zum Wohlverhalten verpflichtet seien (arg. § 1684 Abs. 2 BGB). Das OLG verweis darauf, dass das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft danach zu beurteilen sei, wie diese vor der Krise der Ehe zu bewerten gewesen sei, also mit Blick auf den ehemals gemeinsamen Haushalt.
Subjektive Voraussetzung: Hier sei eine Prognose vorzunehmen. Hier seien unter Beachtung des objektiven Maßstabs zu entscheiden, ob die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr zu erwarten sei.
Diese objektiven und subjektiven Voraussetzungen für ein Getrenntleben in der ehelichen Wohnung sah das OLG als zum Stichtag 20.01.2021 gegeben an.
Vorliegend er objektiven Voraussetzungen: Der AG habe seine Schlafstätte nebst Badezimmer im Keller alleine genutzt. Auch die übrigen Räume seien nicht mehr im gewohnten Umfang gemeinsam genutzt worden. Seit dem 20.01.2021 habe keine persönliche, von Intimitäten oder gelegentlichen Zuwendungen geprägte Beziehung mehr bestanden, ebenso wenig wie ein eheliches Leben im gemeinsamen Haushalt in einer Weise, wie es vormals das eheliche Miteinander geprägt habe. Vereinzelte Einkäufe bzw. Erledigungen (wie das Abholen gereinigter Kleidungsstücke, seien unwesentlich und entsprächen so der allgemeinen Höflichkeit und Hilfsbereitschaft. Das gelte auch für gemeinsame Mahlzeiten mit den Kindern oder eines mit Blick auf die Kinder höflichen Zuwartens.
Zum Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen: Auch hier lägen die Trennungsvoraussetzungen zum 20.01.2021 vor, da die AS dem AG ihren Willen, die häusliche Gemeinschaft abzulehnen, mit ihrer Mail von diesem Tag objektiv für den Betrachter deutlich zum, Ausdruck gebracht habe. Mit der Mail habe sich das zuvor objektiv bereits vollzogene Geschehen manifestiert und die Erklärung bilde eine klare Zäsur im zuvor fließenden Trennungsvorgang.
OLG Frankfurt, Beschluss
vom 28.03.2024 - 1 UF 160/23 -
Aus den Gründen:
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin
gegen den Teilbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main
vom 19. Mai 2023 wird dieser wie folgt teilweise abgeändert:
1. In Ziff. 1. b. des Tenors lautet es
nicht “09.03.2021”, sondern “20.01.2021”.
Ziff. 1. des Tenors wird dahin ergänzt,
dass im Übrigen der Antrag des Antragsgegners zurückgewiesen wird.
2. Ziff. 3. des Tenors lautet:
“Der Antragsgegner wird verpflichtet, der
Antragstellerin Auskunft zu erteilen über sein Trennungsvermögen zum 20.01.2021
durch Vorlage eines spezifizierten, geordneten, auf den Stichtag bezogenen
Vermögensverzeichnisses über alle aktiven und passiven Vermögenswerte im In-
und Ausland mit ihren wertbildenden Faktoren, insbesondere zu
(1) Kapitalvermögen wie laufende Konten,
Sparkonten, Bausparguthaben, Depots und sonstige Finanzeinlagen bei in- und
ausländischen Banken, aufgegliedert nach Anlageart, Anlagesumme, -ort und
-höhe;
(2) Lebensversicherungen mit ihren
Fortführungs- und Zeitwerten;
(3) Forderungen;
(4) Immobilien;
(5) Unternehmen,
Unternehmensbeteiligungen, Gesellschafterbeteiligungen auch im Ausland;
(6) Fahrzeuge;
(7) Sammlungen, insbesondere von
Musikinstrumenten einschließlich Geigenbögen, sonstigen Kunstgegenständen sowie
allen weiteren Vermögensgegenständen
sowie
über die unentgeltlichen Zuwendungen, die er nach Eintritt des Güterstandes gemacht hat und Vermögen, das er nach Eintritt des Güterstandes verschwendet hat.”
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdegegner.
Gründe
I.
Die
Beteiligten, verheiratet seit dem XX.XX.2014, streiten im Beschwerdeverfahren
über den Zeitpunkt der wechselseitigen Auskunftsverpflichtung zum
Trennungsvermögen im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung im
Scheidungsverbund.
Aus ihrer Ehe
sind drei noch minderjährige Kinder hervorgegangen, die in den Jahren 2015,
2017 und 2019 geboren worden sind. Nachdem die Eheleute innerhalb des
gemeinsamen Ehehauses unter anderem bereits unterschiedliche Schlafzimmer
bezogen hatten und der Antragsgegner am 13.1.2021 mitgeteilt hatte „Ich bin ja
praktisch schon ausgezogen im Keller“, schrieb die Antragstellerin dem
Antragsgegner am 20.1.2021 eine E-Mail, in welcher sie unter anderem ausführte,
dass sie zu dem Schluss gekommen sei, „dass es für uns alle besser ist, wenn
wir getrennt leben.“ Bereits zu diesem Zeitpunkt schlief der Antragsgegner im
Untergeschoss des Hauses und nutzte im Schwerpunkt das dort befindliche
Badezimmer. Die Antragstellerin nutzte das Badezimmer im Obergeschoss, wo sie
nun das vormalige eheliche Schlafzimmer allein bzw. mit den Kindern nutzte.
Eine intime Beziehung bestand jedenfalls seither zwischen den Eheleuten nicht
mehr. Gemeinsame Mahlzeiten fanden nur in Anwesenheit der gemeinsamen Kinder
statt. Gelegentlich gab es wechselseitige Handreichungen, wie Einkäufe bzw.
sonstige Besorgungen. Beide Ehegatten tauschten sich im Januar 2021 auch über
die Folgen der Trennung aus und versuchten, sich zu einigen. Sie suchten
jeweils juristischen Beistand. Am 1.2.2021 kontaktierte die von der
Antragstellerin beauftragte Rechtsanwältin den vom Antragsgegner beauftragten
Rechtsanwalt zur Regelung der Trennungsfolgen. Im Februar 2021 beauftragte die
Antragstellerin einen Immobilienmakler und am 9.3.2021 zog sie aus dem Haus
aus.
Die
Antragstellerin hat erstinstanzlich in einem Stufenantrag zur ersten Stufe
beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, ihr
Auskunft zu erteilen über sein Trennungsvermögen zum 20.01.2021 durch Vorlage
eines spezifizierten, geordneten, auf den Stichtag bezogenen
Vermögensverzeichnisses über alle aktiven und passiven Vermögenswerte im In-
und Ausland mit ihren wertbildenden Faktoren, insbesondere zu
(1) Kapitalvermögen wie laufende Konten,
Sparkonten, Bausparguthaben, Depots und sonstige Finanzeinlagen bei in- und
ausländischen Banken, aufgegliedert nach Anlageart, Anlagesumme, -ort und
-höhe;
(2) Lebensversicherungen mit ihren
Fortführungs- und Zeitwerten;
(3) Forderungen;
(4) Immobilien;
(5) Unternehmen,
Unternehmensbeteiligungen, Gesellschafterbeteiligungen auch im Ausland;
(6) Fahrzeuge;
(7) Sammlungen, insbesondere von
Musikinstrumenten einschließlich Geigenbögen, sonstigen Kunstgegenständen sowie
allen weiteren Vermögensgegenständen sowie
über die
unentgeltlichen Zuwendungen, die er nach Eintritt des Güterstandes gemacht hat
und Vermögen, das er nach Eintritt des Güterstandes verschwendet hat.
Der Antragsgegner hat erstinstanzlich beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Im Wege des
Widerantrages hat der Antragsgegner erstinstanzlich unter anderem beantragt,
die Antragstellerin zu verpflichten, ihm
Auskunft zu erteilen über ihr Trennungsvermögen zum 9.3.2021 durch Vorlage
eines spezifizierten, geordneten, auf den Stichtag bezogenes
Vermögensverzeichnis über alle aktiven und passiven Vermögenswerte im In- und
Ausland mit ihre wertbildenden Faktoren, insbesondere zu
(1) Kapitalvermögen wie laufende Konten,
Sparkonten, Bausparguthaben, Depots und sonstige Finanzeinlagen bei in- und
ausländischen Banken, aufgegliedert nach Anlageart, Anlagesumme, -ort und
-höhe;
(2) Lebensversicherungen mit ihren
Fortführungs- und Zeitwerten;
(3) Forderungen;
(4) Immobilien;
(5) Unternehmen,
Unternehmensbeteiligungen, Gesellschafterbeteiligungen auch im Ausland;
(6) Fahrzeuge;
(7) Sammlungen, insbesondere von
Musikinstrumenten einschließlich Geigenbögen, sonstigen Kunstgegenständen sowie
allen weiteren Vermögensgegenständen sowie
über die
unentgeltlichen Zuwendungen, die er nach Eintritt des Güterstandes gemacht hat
und Vermögen, das er nach Eintritt des Güterstandes verschwendet hat.
Hilfsweise hat
er beantragt, die Antragstellerin zur Auskunft zum Trennungsvermögen für den
Stichtag 20.1.2021 zu verpflichten.
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Widerantrag zurückzuweisen.
Das Amtsgericht
hat durch den angegriffenen Teilbeschluss, welcher der Bevollmächtigten der
Antragstellerin 5.6.2023 zugestellt worden ist, dem Widerantrag des
Antragsgegners entsprochen und den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass es der Antragstellerin
nicht gelungen sei, den taggenauen Trennungszeitpunkt substantiiert darzulegen.
Gegen diesen
Teilbeschluss wendet sich die Antragstellerin, mit ihrer am 5.7.2023 beim
Amtsgericht eingegangenen und innerhalb verlängerter Frist begründeten
Beschwerde. Sie ist der Ansicht, dass die Eheleute seit dem 20.1.2021 getrennt
leben.
Sie verfolgt
ihr erstinstanzliches Begehren weiter, und beantragt zuletzt, den Antragsteller
entsprechend ihres erstinstanzlichen Antrages zu verpflichten und ihre
Verpflichtung zur Auskunft betreffend des Trennungszeitpunktes dahin
abzuändern, dass diese zum Stichtag 20.1.2021 zu erfolgen hat.
Der
Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er ist der
Ansicht, die Trennung sei erst zum 9.3.2021 mit dem Auszug der Antragstellerin
aus dem gemeinsamen Haus erfolgt.
Von einer
weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen.
II.
Die nach
§§ 117, 58ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde
der Antragstellerin ist nach Ansicht des Senats begründet, denn es bestehen die
wechselseitige Auskunftsansprüche der Beteiligten nach zutreffender Ansicht der
Antragstellerin lediglich zum Trennungszeitpunkt 20.1.2021 und nicht - wie der
Antragsgegner meint - für einen Trennungszeitpunkt 9.3.2021. Vor diesem
Hintergrund war die Antragstellerin auf Grund des Hilfsantrages des
Antragsgegners zur Auskunft über ihr Trennungsvermögen zum 20.1.2021 sowie der
Antragsgegner auf Grund des erstinstanzlichen Antrages der Antragstellerin
entsprechend zu verpflichten und die Entscheidung des Amtsgerichts insoweit
abzuändern.
1. Nach
§ 1379 BGB kann, unter anderem wenn die Scheidung der Ehe beantragt ist,
jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten auch Auskunft über das Vermögen zum
Zeitpunkt der Trennung verlangen. Denn wenn die Beteiligten, wie hier, im
gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, bedarf es zur
Berechnung eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruchs gegen den anderen
Ehegatten nicht nur der Informationen über die Höhe des Anfangsvermögens zum
Zeitpunkt der Eheschließung und des Endvermögens zum Zeitpunkt der Zustellung
des Scheidungsantrages. Vielmehr sieht das Gesetz seit der Reform des
Güterrechts im Jahre 2009 darüber hinaus vor, dass auch Auskunft für den
Zeitpunkt der Trennung verlangt werden kann, um den Schutz des
ausgleichsberechtigten Ehegatten vor Vermögensmanipulationen in der
Trennungszeit zu verbessern (vgl. BT-Drucks. 16/13027, S. 7). Vor diesem
Hintergrund erstreckt § 1379 BGB die Auskunftspflicht auch auf illoyale
Vermögensminderungen im Sinne von § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl.
BGH NJW 2012, 3635, 3637), so dass ein Ehegatte auch über bestimmte
unentgeltliche Zuwendungen, Vermögensverschwendung sowie Handlungen Auskunft zu
erteilen hat, die in der Absicht vorgenommen worden sind, den anderen Ehegatten
zu benachteiligen. Im Verfahren unbestritten liegen die Voraussetzungen für die
sogenannte Verschwendungsauskunft vor (vgl. BGH FamRZ 2018, 331).
2. Der
Auskunftsanspruch besteht für den Stichtag 20.1.2021, denn seit diesem
Zeitpunkt leben die Eheleute im rechtlichen Sinne getrennt.
a) Der
taggenau festzustellende Zeitpunkt der Trennung im Rechtssinne verlangt danach,
dass die Voraussetzungen des § 1567 BGB vorliegen. Hiernach leben die
Ehegatten dann getrennt, wenn eine häusliche Gemeinschaft zwischen ihnen nicht
mehr besteht (objektive Voraussetzung) und zumindest ein Ehegatte die häusliche
Gemeinschaft erkennbar nicht mehr herstellen will, weil er die eheliche
Lebensgemeinschaft ablehnt (subjektive Voraussetzung).
aa) Im
Rahmen der objektiven Voraussetzungen ist es nicht erforderlich, dass ein
Ehegatte aus der ehelichen Wohnung auszieht, denn eine häusliche Gemeinschaft
besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen
Wohnung getrennt leben (§ 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB). Einer
„vollkommenen Trennung“ bedarf es insoweit nicht, vielmehr genügt ein der
räumlichen Situation entsprechendes Höchstmaß der Trennung, was zum einen
danach verlangt, dass die Eheleute getrennt wohnen und schlafen, mithin das Getrenntleben
auch nach außen erkennbar wird (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2016, 1869). Ein
räumliches Nebeneinander ohne persönliche Beziehung oder Gemeinsamkeit steht
dem nicht entgegen (BGH NJW 1978, 1810). Zum anderen erfordert dieser objektive
Gesichtspunkt, dass die Eheleute keinen gemeinsamen Haushalt mehr führen und
keine wesentlichen persönlichen Beziehungen mehr bestehen, verbleibende
Gemeinsamkeiten müssen sich in der Gesamtbetrachtung als unwesentlich für das
eheliche Zusammenleben darstellen (BeckOGK/Kappler, BGB, § 1567 Rn. 36).
Zwar ist hier grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen, jedoch hindern
vereinzelt bleibende Versorgungsleistungen bzw. Handreichungen der Ehegatten
füreinander ohne besondere Intensität oder Regelmäßigkeit ein Getrenntleben
nicht; auch muss ein freundschaftlicher, anständiger und vernünftiger Umgang
der Ehegatten miteinander nicht ausgeschlossen sein (a.a.O. Rn. 38). Dies gilt
insbesondere dann, wenn gemeinsame Kinder im Haushalt leben. Denn auch nach der
Trennung bleiben die Ehegatten über die Elternschaft miteinander verbunden und
sind zum Wohle ihre Kinder zum Wohlverhalten verpflichtet (arg. e. § 1684
Abs. 2 BGB). Ob und wie die gemeinsamen Kinder die Trennung der Eltern
verarbeiten können, wird häufig maßgeblich davon geprägt sein, wie die
Ehegatten sich zueinander verhalten. Vor diesem Hintergrund stehen insbesondere
ein höfliches Miteinander und gemeinsame Mahlzeiten mit den Kindern der Annahme
eines Getrenntlebens nicht entgegen (vgl. nur OLG Karlsruhe FamRZ 1980, 52; OLG
Köln FamRZ 1986, 388). Ob eine häusliche Gemeinschaft noch besteht, wird
schließlich immer von dem Bild der häuslichen Gemeinschaft dieser Ehegatten vor
der Krise der Ehe zu bewerten sein, also im Blick auf den ehemals
gemeinschaftlichen Haushalt (MüKoBGB/Weber, § 1567 Rn. 11).
Soweit es den
Trennungswillen als subjektive Voraussetzung für die Feststellung des
Getrenntlebens anbetrifft ist eine Prognose vorzunehmen, bei welcher unter
Anlegung eines objektiven Maßstabs zu entscheiden ist, ob die Wiederherstellung
der Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr erwartet werden kann (BGH NJW
1978, 1810).
b) Nach
diesen Maßstäben leben die beteiligten Ehegatten nach Überzeugung des Senats
mit Blick auf das unstreitige Vorbringen der Beteiligten seit dem 20.1.2021 und
nicht erst seit dem 9.3.2021 getrennt.
aa) Die
objektiven Voraussetzungen des Getrenntlebens sind erfüllt, weil eine häusliche
Gemeinschaft zwischen den Ehegatten hier zum genannten Zeitpunkt nicht mehr
bestand.
Nach außen
erkennbar hatte sich das eheliche Leben bereits dahin verändert, dass der
Antragsgegner eine Schlafstätte nebst Badezimmer im Keller des
gemeinschaftlichen Hauses allein nutzte. Die Räumlichkeiten innerhalb des
Hauses wurden auch im Übrigen nicht mehr im gewohnten Umfang gemeinsam genutzt.
Eine persönliche Beziehung zwischen den Ehegatten, die von Intimitäten oder
auch nur von gelegentlichen persönlichen Zuwendungsbekundungen geprägt gewesen
wäre, bestand bereits zum 20.1.2021 nicht mehr. Auch ein eheliches Leben im
gemeinsamen Haushalt in einer Weise, wie dieses vormals das eheliche
Miteinander geprägt hat, gab es unstreitig nicht mehr. Die vom Antragsgegner
vorgebrachten und vereinzelt gebliebenen Einkaufsaufträge bzw. Erledigungen,
wie das Abholen gereinigter Kleidungsstücke, waren im Gesamtbild unwesentlich
und führen nicht zur Annahme einer gleichwohl bestehenden häuslichen
Gemeinschaft im Sinne eines ehelichen Zusammenlebens, sondern entsprechen in
der vereinzelt gebliebenen Situation noch der allgemeinen Höflichkeit und
Hilfsbereitschaft, wie sie auch außerhalb ehelichen Zusammenlebens - erst recht
bei einem Leben unter einem Dach - aus gesellschaftlichem Anstand jedenfalls
nicht ungewöhnlich sind. Gleiches gilt vor dem Hintergrund der Einnahme
gemeinsamer Mahlzeiten mit den Kindern oder eines mit Blick auf die Kinder
höflichen Zuwartens mit dem Beginn des gemeinsamen Abendessens. Auch im Übrigen
hat der Antragsgegner dem unstreitig gebliebenen Teil des Vorbringens der
Antragstellerin nichts entgegenzusetzen, was die Überzeugung des Senats zu
erschüttern vermag, dass eine häusliche Gemeinschaft spätestens zum 20.1.2021
zwischen den Ehegatten nicht mehr bestanden hat.
bb) Auch
im subjektiven Sinne liegen die Trennungsvoraussetzungen seit dem 20.1.2021
vor. Denn anders als das Amtsgericht ist der Senat der Überzeugung, dass die
Antragstellerin dem Antragsgegner ihren Willen, die häusliche Gemeinschaft
nicht mehr herstellen zu wollen, weil sie die häusliche Gemeinschaft ablehnt,
mit ihrer Mail vom 20.1.2021 an den Antragsgegner auch für einen objektiven
Betrachter deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Mit dieser manifestierte sich
das zuvor objektiv bereits vollzogene Geschehen, und diese Bekundung bildete
eine klare Zäsur im zuvor fließenden Trennungsvorgang. Die Antragstellerin
macht deutlich, dass sie sich „offensichtlich“ zuvor „nicht klar genug
verständigt habe, wenngleich ich der Meinung bin, das häufig getan zu haben“, aber
„einfach zu dem Schluss gekommen (ist), dass es für uns alle besser ist, wenn
wir getrennt leben“. Dies wird auch durch die persönliche Anhörung der
Antragstellerin zu den Scheidungsvoraussetzungen bestätigt, denn die
Antragstellerin hat auch hier geäußert, dass sie mit der Mail vom 20.1.2021
kommuniziert habe, sich „endgültig“ zu trennen.
III.
Die
Entscheidung zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 113
Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die
gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (vgl.
§ 70 FamFG) sind nicht erfüllt.
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