Sonntag, 21. Januar 2024

Sachmangelhaftung: Arglistiges Verschweigen trotz Unkenntnis der Mangelursache

Die Kläger erwarben von den Beklagten mit notariellem Vertrag ein Grundstück mit Einfamilienhaus; die Sachmängelhaftung wurde ausgeschlossen. Bereits vor dem Vertragsabschluss war es wiederholt zu Wassereintritten auf die im Maklerexposé benannte überdachte Terrasse sowohl im Bereich des von den Beklagten selbst errichteten Kunststoffdaches als auch in dem von dem dachpfannengedeckten Hausdach überdachten Bereich gekommen, wobei die Beklagten wiederholt Reparaturen versuchten. Die Kläger leiteten ein selbständiges Beweisverfahren ein, welches zwei Ursachen für den Wasseraustritt aus den Deckenverkleidungen ergaben. Die Kläger begehrten die Schadensbeseitigungskosten gemäß dem im Sachverständigengutachten im Beweisverfahren benannten Kosten sowie weitere Kosten für eine Notreparatur. Das Landgericht sprach den Klägern einen Teilbetrag der geltend gemachten (fiktiven) Reparaturkoste und die Kostend er Notreparatur sowie die anteiligen vorgerichtlichen Anwaltskosten zu. Auf die Berufung der Kläger sprach das OLG diesen einen weiteren betrag auf die geltend gemachten Reparaturkosten und anteiligen vorgerichtlichen Anwaltskosten zu. Mit ihrer Revision begehren die Kläger die weiteren, nicht zugesprochenen Reparaturkosten, vorgerichtlichen Anwaltsgebühren und die Feststellung der Ersatzpflicht für sämtliche künftigen Schäden aufgrund der Undichtigkeit.

Der BGH hob das Urteil des OLG unter Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses auf. 

Zutreffend habe das OLG festgestellt, dass den Klägern wegen des vereinbarten Ausschlusses der Sachmängelhaftung in der nach Art. 229 § 58 BGB bis zum 31.12.2021 noch anwendbaren Fassung gemäß §§ 437 Nr. 3, 281 Abs. 1 S. 1, 280 Abs. 1, 3 BGB zustünde, wenn die Beklagten einen Mangel arglistig iSv. § 444 BGB verschwiegen hätten. Dies sei der Fall, da die Wassereintritte nach § 434 Abs. 1 BGB a.F. einen Sachmangel und nicht nur ein Mangelsymptom darstellen würden; das regelmäßige Eindringen von Wasser stelle sich nicht nur als ein Symptom eines Mangels, sondern selbst als Sachmangel dar. Ein Mangelsymptom läge nur dann vor, wenn die Merkmale eines Sachmangels iSv. § 434 Abs. 1 BGB a.F. (noch) nicht erfüllt seien. So seien Feuchtigkeitsflecken in einem Keller, die auf einen feuchten Keller schließen ließen, nur ein bloßes Mangelsymptom (BGH, Urteil vom 16.03.2012 – V ZR 18/11 -).

Das OLG hatte eine Arglist der Beklagten verneint. Dem folgte der BGH nicht. Kläre der Verkäufer den Käufer eines Hausgrundstücks nicht über Wassereintritte durch ein Terrassendach auf, handele er arglistig, auch wenn er deren Ursache (nicht) nicht oder nur teilweise kennen würde.

Arglist verlange Eventualvorsatz; leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genüge ebenso wenig wie ein bewusstes Sichverschließen. Arglistiges Verschweigen sei danach dann anzunehmen, wenn der Verkäufer den Mangel kenne (wobei es ausreichend ist, wenn er Kenntnis von der Abweichung von einer üblichen Beschaffenheit habe, ohne dies einem Mangel zuzuordnen) oder ihn zumindest für möglich halte und zugleich weiß oder jedenfalls damit rechne und billigend in Kauf nehme, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt abschließen würde. Wenn es sich nicht um einen einer Besichtigung zugänglichen und ohne weiteres erkennbaren Mangel handele, den der Käufer bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen könne, müsse der Verkäufer den Käufer aufklären und dürfe sein konkretes Wissen nicht zurückhalten (BGH, Urteil vom 14.06.2019 – V ZR 73/18 -).

Dabei käme es nur darauf an, ob der Verkäufer die den Mangel begründenden Umstände kenne, nicht aber (auch) darauf, dass er daraus den Schluss auf das Vorliegen eines Sachmangels ziehe (BGH, Urteil vom 12.04.2013 – V ZR 266/11 -). Der BGH wies ergänzend darauf hin, dass eine entsprechende Offenbarungspflicht zudem auch bei Vorliegen von Mangelsymptomen bestehen könne, die für den Käufer nicht ohne weiters erkennbar seien BGH, Urteil vom 09.02.2018 – V ZR 274/16 -). Im Übrigen käme es nicht darauf an, ob der Verkäufer die Mangelursache kenne oder er nur eine von mehreren Ursachen kenne. 

Damit sei vorliegend von Arglist auszugehen. Die Wassereintritte seien den Klägern von den Beklagten, denen sie bekannt waren, nicht offenbart. Ob - wie im selbständigen Beweisverfahren festgestellt – die Ursache nicht nur auf eine Undichtigkeit im Bereich des Anschlusses des Kunststoffdaches zum Traufbereich des Hausdaches beruhte, sondern auch auf die durch Abrisse bedingte Undichtigkeit der unter den Dachpfannen verlegten Folie in den Anschlussbereichen zum Traufbereich und zu den Dachfenstern zurückzuführen war, sei dabei unerheblich.

Auch sei die Revision im Hinblick auf den Feststellungsantrag begründet. Ob über die geltend gemachten Zahlungsansprüche eine hinausgehende Haftung der Beklagten in Betracht käme, sei keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Feststellungsklage. Die Begründetheit könne in Ansehung der Ausführungen zum Schadensersatzanspruch nicht verneint werden. Es bestünde auch - schon in Ansehung der durch die fiktive Geltendmachung des Schadensersatzes  bei Durchführung der Arbeiten zu zahlenden Umsatzsteuer - ein Feststellungsinteresse, um den Anspruch nicht verjähren zu lassen. 

BGH, Urteil vom 27.10.2023 - V ZR 43/23 -


Aus den Gründen:

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 10. Februar 2023 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung wegen der Zahlung weiterer 22.448,97 € (22.200 € + 248,97 €) nebst Zinsen und weiterer außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 704,48 € nebst Zinsen sowie der Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige weitere Schäden aufgrund der Undichtigkeit des Daches zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 Tatbestand:

Mit notariellem Vertrag vom 7. Juni 2016 erwarben die Kläger von den Beklagten ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Bereits vor Abschluss des Kaufvertrags war es bei Regen wiederholt zu Wassereintritten auf die in dem Maklerexposé genannte überdachte Terrasse gekommen, und zwar sowohl in dem Bereich des von dem Beklagten zu 2 selbst errichteten Kunststoffdachs als auch in dem von dem dachpfannengedeckten Hausdach überdachten Bereich; der Beklagte zu 2 hatte mehrere Reparaturversuche an dem Anschluss des Kunststoffterrassendachs zu dem Traufbereich des Hausdachs unternommen. Im Juni 2017 leiteten die Kläger ein selbständiges Beweisverfahren ein. Hierbei ergaben sich zwei voneinander unabhängige Ursachen für den Wasseraustritt aus der Deckenverkleidung in dem bereits von dem Hausdach überdachten Bereich der Terrasse, nämlich einerseits eine mangelhafte Abdichtung des Kunststoffdachs zur Hauswand hin und andererseits Folienabrisse unter den Dachpfannen des Hausdachs in den Anschlussbereichen zum Traufbereich und zu den Dachfenstern.

Gestützt auf die Behauptung, die Terrassenüberdachung und das Hausdach seien undicht, haben die Kläger, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, unter anderem Klage auf Zahlung der in dem selbständigen Beweisverfahren ermittelten Schadensbeseitigungskosten in Höhe von insgesamt 32.100 € (Kunststoffterrassendach: 9.900 €; Hausdach: 22.200 €) sowie weiterer 248,97 € für eine Notreparatur im Anschlussbereich eines Dachfensters, jeweils nebst Zinsen, erhoben. Außerdem haben sie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für sämtliche künftige weitere Schäden aufgrund der Undichtigkeit des Daches sowie den Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen verlangt.

Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung der in dem selbständigen Beweisverfahren ermittelten Kosten für die Abdichtung des Kunststoffterrassendaches in Höhe von 9.900 € sowie zur Zahlung anteiliger außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, verurteilt. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und den Klägern unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung weitere 1.200 € wegen unzutreffender Angaben zum Jahr des Einbaus der Dachfenster nebst Zinsen und anteiliger außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten zugesprochen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgen die Kläger ihre Anträge auf Zahlung weiterer 22.448,97 € (22.200 € + 248,97 €) und weiterer anteiliger außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 704,48 €, jeweils nebst Zinsen, sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für sämtliche künftige weitere Schäden aufgrund der Undichtigkeit des Daches weiter.

Entscheidungsgründe

I.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die in dem selbständigen Beweisverfahren festgestellte, schon über Jahre vorhandene Undichtigkeit der unter den Dachpfannen verlegten Folie zwar ein Sachmangel. Insoweit sei die Klage aber unbegründet, denn es greife der vereinbarte Ausschluss der Sachmängelhaftung. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagten (auch) diesen Mangel arglistig verschwiegen hätten. Der Wasseraustritt aus der Deckenverkleidung der Terrasse, der sich als Mangelsymptom darstelle, habe nach dem Ergebnis der sachverständigen Begutachtung zwei voneinander unabhängige Ursachen.

Soweit das Landgericht die Arglist der Beklagten im Hinblick auf die eine dieser beiden Ursachen, nämlich die mangelhafte Abdichtung des Kunststoffdachs im Bereich der Hauswand, bejaht und der Klage teilweise stattgegeben habe, sei das landgerichtliche Urteil rechtskräftig. Im Hinblick auf die zweite Ursache, namentlich die Folienabrisse unter den Dachpfannen, sei dagegen nicht festzustellen, dass die Beklagten dies für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, mithin arglistig gehandelt hätten, zumal auch der Sachverständige die Mängel der unter den Dachpfannen verlegten Folie zunächst nicht als mögliche Ursache für den Wasseraustritt erkannt habe. Kenne der Verkäufer Mangelsymptome - wie hier die Wasseraustritte - beziehe sich die Arglist nur auf diejenigen Mangelursachen, für die ein Eventualvorsatz zu bejahen sei. Daher könne dahinstehen, ob der in dem selbständigen Beweisverfahren ermittelte Aufwand zur Schadensbeseitigung im Bereich der Dachpfannen nicht ohnehin zu hoch angesetzt worden sei.

Der Feststellungsantrag dagegen sei schon unzulässig. Denn es stehe fest, dass bezüglich des Hausdaches eine weitergehende Haftung der Beklagten nicht bestehe, und im Hinblick auf die bei Durchführung der Sanierung des Kunststoffterrassendachs geschuldete Umsatzsteuer könne sogleich auf Leistung geklagt werden.

II.

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lassen sich die von den Klägern noch verfolgten (weiteren) Zahlungs- und Feststellungsansprüche nicht verneinen.

1. Die Revision ist im Umfang der noch gestellten Anträge der Kläger zulässig. Entgegen der in der Revisionserwiderung vertretenen Auffassung lässt sich dem Berufungsurteil nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen, dass das Berufungsgericht die Revision nur beschränkt auf den (weiteren) Schadensersatzanspruch in Höhe der (weiteren) Mängelbeseitigungskosten wegen der Undichtigkeit des Daches zulassen und das Feststellungsbegehren von der Zulassung ausnehmen wollte.

a) Nach der Entscheidungsformel des Berufungsurteils hat das Berufungsgericht die Revision unbeschränkt zugelassen. Allerdings kann sich die Beschränkung der Revisionszulassung nach ständiger Rechtsprechung auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (siehe nur Senat, Beschluss vom 29. Januar 2004 - V ZR 244/03, NJW-RR 2004, 1365, 1366 mwN). Sie muss dann jedoch klar und eindeutig daraus hervorgehen (Senat, Urteil vom 27. Oktober 2017 - V ZR 8/17, NJW 2018, 1010 Rn. 7 mwN).

b) Daran fehlt es. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen seiner Ausführungen zu der Wirksamkeit eines Ausschlusses der Sachmängelhaftung bei Verschweigen eines Mangelsymptoms zugelassen. Daraus ergibt sich nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit, dass es die Zulassung auf das mit der Revision noch verfolgte Zahlungsbegehren beschränken und den ebenfalls von der Revision weiterverfolgten Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht für sämtliche künftige weitere Schäden aufgrund der Undichtigkeit des Daches hiervon hätte ausnehmen wollen. Es handelt sich vielmehr (nur) um die Begründung der Zulassungsentscheidung.

2. Die Revision ist auch begründet.

a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass den Klägern wegen des vertraglich vereinbarten Ausschlusses der Sachmängelhaftung nur dann ein Schadensersatzanspruch gemäß § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, § 280 Abs. 1, 3 BGB in der hier gemäß Art. 229 § 58 EGBGB noch anwendbaren, bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Fassung zusteht, wenn die Kläger (hier müsste es richtig „Beklagten“ heißen) einen Mangel arglistig im Sinne von § 444 BGB verschwiegen haben. Dies ist nach den getroffenen Feststellungen aber zu bejahen.

b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts stellen nämlich bereits die Wassereintritte im Bereich der überdachten Terrasse selbst einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB aF und nicht nur ein Mangelsymptom dar. Wird ein Hausgrundstück mit überdachter Terrasse verkauft und tritt durch das Terrassendach wiederholt Regenwasser ein, ist dies regelmäßig nicht nur ein bloßes Symptom für einen Sachmangel; vielmehr begründet bereits die Undichtigkeit des Terrassendaches selbst den Sachmangel.

aa) Unter einem Mangelsymptom sind äußerliche Merkmale eines Mangels zu verstehen, die auf dessen Vorhandensein schließen lassen (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078 Rn. 26). Von Mangelsymptomen kann also (nur) gesprochen werden, wenn die jeweiligen Umstände für sich genommen die Merkmale eines Sachmangels im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB aF (noch) nicht erfüllen. So begründet etwa nicht jede Feuchtigkeit im Keller einen Sachmangel, sondern es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an, wobei im Einzelnen von Bedeutung ist, ob das Haus in einem sanierten Zustand verkauft wurde, der Keller Wohnzwecken diente, welcher Zustand bei der Besichtigung erkennbar war und wie stark die Feuchtigkeitserscheinungen sind; Feuchtigkeitsflecken, die auf einen feuchten Keller schließen lassen können, sind daher (nur) Mangelsymptome (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, aaO Rn. 14, 26). Ein bloßes Mangelsymptom hat der Senat außerdem für Wasseransammlungen kleineren Ausmaßes am Fuße einer abschüssigen Einfahrt erwogen, die auf eine mangelhafte Entwässerungsanlage schließen lassen können (vgl. Senat, Beschluss vom 15. April 2021 - V ZR 170/20, juris Rn. 10).

bb) Hiervon abzugrenzen sind wiederholte Wassereintritte durch ein Terrassendach (vgl. auch Senat, Beschluss vom 15. April 2021 - V ZR 170/20, juris Rn. 9 zu größeren Wasseransammlungen in einer Hauseinfahrt). Denn es entspricht nicht der üblichen Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB aF) eines mit einer überdachten Terrasse verkauften Hausgrundstücks, dass ein solches Terrassendach bei Regen undicht ist.

cc) Dies zugrunde gelegt, stellten hier schon die Wasserausstritte aus der Deckenverkleidung der Terrasse einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB aF und nicht nur dessen Symptom dar. Das kann der Senat selbst entscheiden, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf.

c) In der Folge sind auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Arglist der Beklagten rechtsfehlerhaft. Denn die Wassereintritte durch das Terrassendach - und damit den Sachmangel - haben die Beklagten arglistig verschwiegen. Klärt der Verkäufer eines Hausgrundstückes den Käufer nicht über Wassereintritte durch ein Terrassendach auf, handelt er arglistig, auch wenn er deren Ursache(n) nicht oder nur teilweise kennt.

aa) Arglist setzt nach ständiger Rechtsprechung Eventualvorsatz voraus.

Leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt ebenso wenig wie ein bewusstes Sichverschließen.

(1) Ein arglistiges Verschweigen eines Mangels im Sinne von § 444 BGB ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Der Verkäufer muss, sofern es sich nicht um einer Besichtigung zugängliche und ohne weiteres erkennbare Mängel handelt, die der Käufer bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann, gemäß seinem Kenntnisstand aufklären und darf sein konkretes Wissen nicht zurückhalten (vgl. zum Ganzen etwa Senat, Urteil vom 14. Juni 2019 - V ZR 73/18, ZfIR 2019, 846 Rn. 11).

(2) Hierbei ist allein entscheidend, ob der Verkäufer die den Mangel begründenden Umstände kennt; nicht relevant ist dagegen, ob er daraus den Schluss auf das Vorliegen eines Sachmangels zieht (vgl. Senat, Urteil vom 12. April 2013 - V ZR 266/11, NZM 2013, 546 Rn. 14 mwN), zumal im Einzelfall auch eine Offenbarungspflicht des Verkäufers bei bloßen Mangelsymptomen, die für den Käufer nicht ohne weiteres erkennbar sind, bestehen kann (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 274/16, NJW 2018, 1954 Rn. 27). Ebenso wenig ist relevant, ob der Verkäufer die Mangelursache kennt (vgl. Senat, Beschluss vom 15. April 2021 - V ZR 170/20, juris Rn. 9) oder ob ihm nur eine von mehreren Ursachen des Sachmangels bekannt ist. Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 16. März 2012 (V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078 Rn. 22) formuliert hat, dass der Käufer von dem Verkäufer, der auf Grund eigener Sachkunde oder auf Grund eines Gutachtens Schlüsse auf den Mangel und seine Ursachen zu ziehen vermag, deren Mitteilung erwarten darf, ergibt sich daraus nicht, dass ein arglistiges Verschweigen eines Mangels im Sinne von § 444 BGB nur zu bejahen wäre, wenn (auch) bedingter Vorsatz hinsichtlich der Ursache(n) des Mangels vorläge. § 444 BGB spricht (nur) von dem „Mangel“ im Sinne von § 434 BGB oder § 435 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 28. Mai 2021 - V ZR 24/20, NJW 2021, 3397 Rn. 8).

bb) Nach diesen Maßstäben haben die Beklagten den Sachmangel arglistig verschwiegen. Denn aus den durch das Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts ergibt sich, dass sie die ihnen bekannten Wassereintritte den Klägern, denen sie nicht bekannt waren und auch nicht bekannt sein konnten, nicht offenbart haben, obwohl die Terrassenüberdachung vor Vertragsschluss thematisiert worden und für die Beklagten von Bedeutung war.

Ob die Beklagten die Wasseraustritte aus der Deckenverkleidung der Terrasse selbst bereits als Mangel im Rechtssinne eingeordnet oder sie ursächlich nicht nur auf die Undichtigkeit im Bereich des Anschlusses des Kunststoffdachs zum Traufbereich des Hausdachs, sondern auch auf die durch Abrisse bedingte Undichtigkeit der unter den Dachpfannen verlegten Folie in den Anschlussbereichen zum Traufbereich und zu den Dachfenstern zurückgeführt haben, ist unerheblich.

3. Erfolg hat die Revision auch mit Blick auf den auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für weitere künftige Schäden aufgrund der Undichtigkeit des Daches gerichteten Antrag.

a) Entgegen der von dem Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht haben die Kläger die Abweisung dieses Antrages mit der Berufung angegriffen und ist die Berufung (auch) insoweit zulässig; die in dem Berufungsurteil wiedergegebene Begründung, dass es sich bei den eingeklagten Beträgen um Nettobeträge handele, also die Umsatzsteuer nicht von dem Zahlungsantrag umfasst sei, bezieht sich darauf (vgl. zur Prüfung der Zulässigkeit der Berufung durch das Revisionsgericht von Amts wegen u.a. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1988 - II ZR 68/88, BGHR ZPO § 559 Abs. 2 - Verfahrensmangel, absoluter 3). Damit steht einer sachlichen Prüfung des Berufungsurteils auch im Hinblick auf den Feststellungsantrag nichts entgegen.

b) Mit der gegebenen Begründung durfte das Berufungsgericht diesen Feststellungsantrag nicht zurückweisen.

aa) Ob im Ergebnis eine über den noch geltend gemachten Zahlungsanspruch hinausgehende Haftung für weitere Schäden im Bereich des Hausdachs in Betracht kommt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Feststellungsklage. Diese kann nach den vorstehenden Ausführungen zu einem grundsätzlich bestehenden Schadensersatzanspruch der Kläger auch nicht verneint werden.

bb) Auch das Feststellungsinteresse - nicht zuletzt und gerade mit Blick auf die erst bei Durchführung der Mängelbeseitigung anfallende Umsatzsteuer - ist gegeben. Insbesondere müssen sich die Kläger nicht auf eine künftige Leistungsklage, die zudem in unverjährter Zeit zu erheben wäre, verweisen lassen.

Denn berechnen die Kläger ihren Schaden, wie hier, zulässigerweise auf der Grundlage der von dem Sachverständigen ermittelten Mängelbeseitigungskosten „fiktiv“, also ohne Durchführung der Mängelbeseitigung und damit insbesondere ohne Umsatzsteuer (vgl. Senat, Urteil vom 12. März 2021 - V ZR 33/19, BGHZ 229, 115 Rn. 11 ff.), haben sie - schon um der drohenden Verjährung zu begegnen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - VII ZR 176/09, BGHZ 186, 330 Rn. 16) - ein Interesse im Sinne von § 256 ZPO an der Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden (vgl. Senat, Urteil vom 13. Mai 2022 - V ZR 231/20, NJW 2022, 2328 Rn. 26; Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 274/16, NJW 2018, 1954 Rn. 29).

III.

Das Berufungsurteil kann nach alledem im Umfang der Aufhebung keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Mangels abschließender Feststellungen zur Höhe des Schadensersatzanspruchs ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Der Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, § 280 Abs. 1, 3 BGB kann anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten („fiktiven“) Mängelbeseitigungskosten bemessen werden. Den zur Mängelbeseitigung erforderlichen Betrag hat der Tatrichter gemäß § 287 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu ermitteln (vgl. Senat, Urteil vom 11. März 2022 - V ZR 35/21, NJW 2022, 2685 Rn. 26, 28).

a) Insoweit werden - nach teilweiser Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils - nur noch die Mängelbeseitigungskosten, die den auf der Undichtigkeit der unter den Dachpfannen verlegten Folie in den Anschlussbereichen zum Traufbereich und zu den Dachfenstern beruhenden Wassereintritten zugeordnet werden können, in den Blick zu nehmen sein. Hierbei wird auch zu klären sein, ob dies, woran das Berufungsgericht Zweifel hatte, die Abdeckung und Neudämmung der gesamten Dachfläche einschließt, wie die Kläger geltend machen.

b) Entgegen der Revisionserwiderung dürfte es aber auch nicht richtig sein, nur den Reparaturaufwand für die Abdichtung der Dachflächenfenster im Übergang der Bleche zu den Dachpfannen anzusetzen. Denn nach den bisherigen Feststellungen sind die Wassereintritte (auch) auf die Undichtigkeit der unter den Dachpfannen verlegten Folie in den Anschlussbereichen zum Traufbereich zurückzuführen.

2. Das Berufungsgericht wird außerdem auf die Gegenrüge der Revisionserwiderung zu prüfen haben, ob die Kosten der Notreparatur an einem Dachfenster im Zusammenhang mit der Beseitigung des nicht von dem Ausschluss der Sachmängelhaftung erfassten Mangels (Wassereintritte durch das Terrassendach) standen und erforderlich waren.

3. Vor dem Hintergrund der Ausführungen unter III.1.a) (Rn. 28) wird den Klägern außerdem Gelegenheit zu geben sein, ihren bislang zu weit formulierten Feststellungsantrag anzupassen.

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen