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Sonntag, 21. Januar 2024

Sachmangelhaftung: Arglistiges Verschweigen trotz Unkenntnis der Mangelursache

Die Kläger erwarben von den Beklagten mit notariellem Vertrag ein Grundstück mit Einfamilienhaus; die Sachmängelhaftung wurde ausgeschlossen. Bereits vor dem Vertragsabschluss war es wiederholt zu Wassereintritten auf die im Maklerexposé benannte überdachte Terrasse sowohl im Bereich des von den Beklagten selbst errichteten Kunststoffdaches als auch in dem von dem dachpfannengedeckten Hausdach überdachten Bereich gekommen, wobei die Beklagten wiederholt Reparaturen versuchten. Die Kläger leiteten ein selbständiges Beweisverfahren ein, welches zwei Ursachen für den Wasseraustritt aus den Deckenverkleidungen ergaben. Die Kläger begehrten die Schadensbeseitigungskosten gemäß dem im Sachverständigengutachten im Beweisverfahren benannten Kosten sowie weitere Kosten für eine Notreparatur. Das Landgericht sprach den Klägern einen Teilbetrag der geltend gemachten (fiktiven) Reparaturkoste und die Kostend er Notreparatur sowie die anteiligen vorgerichtlichen Anwaltskosten zu. Auf die Berufung der Kläger sprach das OLG diesen einen weiteren betrag auf die geltend gemachten Reparaturkosten und anteiligen vorgerichtlichen Anwaltskosten zu. Mit ihrer Revision begehren die Kläger die weiteren, nicht zugesprochenen Reparaturkosten, vorgerichtlichen Anwaltsgebühren und die Feststellung der Ersatzpflicht für sämtliche künftigen Schäden aufgrund der Undichtigkeit.

Der BGH hob das Urteil des OLG unter Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses auf. 

Zutreffend habe das OLG festgestellt, dass den Klägern wegen des vereinbarten Ausschlusses der Sachmängelhaftung in der nach Art. 229 § 58 BGB bis zum 31.12.2021 noch anwendbaren Fassung gemäß §§ 437 Nr. 3, 281 Abs. 1 S. 1, 280 Abs. 1, 3 BGB zustünde, wenn die Beklagten einen Mangel arglistig iSv. § 444 BGB verschwiegen hätten. Dies sei der Fall, da die Wassereintritte nach § 434 Abs. 1 BGB a.F. einen Sachmangel und nicht nur ein Mangelsymptom darstellen würden; das regelmäßige Eindringen von Wasser stelle sich nicht nur als ein Symptom eines Mangels, sondern selbst als Sachmangel dar. Ein Mangelsymptom läge nur dann vor, wenn die Merkmale eines Sachmangels iSv. § 434 Abs. 1 BGB a.F. (noch) nicht erfüllt seien. So seien Feuchtigkeitsflecken in einem Keller, die auf einen feuchten Keller schließen ließen, nur ein bloßes Mangelsymptom (BGH, Urteil vom 16.03.2012 – V ZR 18/11 -).

Das OLG hatte eine Arglist der Beklagten verneint. Dem folgte der BGH nicht. Kläre der Verkäufer den Käufer eines Hausgrundstücks nicht über Wassereintritte durch ein Terrassendach auf, handele er arglistig, auch wenn er deren Ursache (nicht) nicht oder nur teilweise kennen würde.

Arglist verlange Eventualvorsatz; leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genüge ebenso wenig wie ein bewusstes Sichverschließen. Arglistiges Verschweigen sei danach dann anzunehmen, wenn der Verkäufer den Mangel kenne (wobei es ausreichend ist, wenn er Kenntnis von der Abweichung von einer üblichen Beschaffenheit habe, ohne dies einem Mangel zuzuordnen) oder ihn zumindest für möglich halte und zugleich weiß oder jedenfalls damit rechne und billigend in Kauf nehme, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt abschließen würde. Wenn es sich nicht um einen einer Besichtigung zugänglichen und ohne weiteres erkennbaren Mangel handele, den der Käufer bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen könne, müsse der Verkäufer den Käufer aufklären und dürfe sein konkretes Wissen nicht zurückhalten (BGH, Urteil vom 14.06.2019 – V ZR 73/18 -).

Dabei käme es nur darauf an, ob der Verkäufer die den Mangel begründenden Umstände kenne, nicht aber (auch) darauf, dass er daraus den Schluss auf das Vorliegen eines Sachmangels ziehe (BGH, Urteil vom 12.04.2013 – V ZR 266/11 -). Der BGH wies ergänzend darauf hin, dass eine entsprechende Offenbarungspflicht zudem auch bei Vorliegen von Mangelsymptomen bestehen könne, die für den Käufer nicht ohne weiters erkennbar seien BGH, Urteil vom 09.02.2018 – V ZR 274/16 -). Im Übrigen käme es nicht darauf an, ob der Verkäufer die Mangelursache kenne oder er nur eine von mehreren Ursachen kenne. 

Damit sei vorliegend von Arglist auszugehen. Die Wassereintritte seien den Klägern von den Beklagten, denen sie bekannt waren, nicht offenbart. Ob - wie im selbständigen Beweisverfahren festgestellt – die Ursache nicht nur auf eine Undichtigkeit im Bereich des Anschlusses des Kunststoffdaches zum Traufbereich des Hausdaches beruhte, sondern auch auf die durch Abrisse bedingte Undichtigkeit der unter den Dachpfannen verlegten Folie in den Anschlussbereichen zum Traufbereich und zu den Dachfenstern zurückzuführen war, sei dabei unerheblich.

Auch sei die Revision im Hinblick auf den Feststellungsantrag begründet. Ob über die geltend gemachten Zahlungsansprüche eine hinausgehende Haftung der Beklagten in Betracht käme, sei keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Feststellungsklage. Die Begründetheit könne in Ansehung der Ausführungen zum Schadensersatzanspruch nicht verneint werden. Es bestünde auch - schon in Ansehung der durch die fiktive Geltendmachung des Schadensersatzes  bei Durchführung der Arbeiten zu zahlenden Umsatzsteuer - ein Feststellungsinteresse, um den Anspruch nicht verjähren zu lassen. 

BGH, Urteil vom 27.10.2023 - V ZR 43/23 -

Mittwoch, 6. Dezember 2023

Kellerfeuchte als Mangel der Kaufsache (?)

Die Beklagten erbten das streitbefangene Hausgrundstück (errichtet 1954) im März 2019 von ihrer Mutter (die zuletzt dort wohnte) und verkauften es mit notariellen Vertrag am 28.11.2019, nach zwei vorangegangenen Besichtigungen durch die Kläger, an die Kläger. Die Übergabe erfolgte am 21.12.2019. In der Folge rügten die Kläger Durchfeuchtungserscheinungen an den Kelleraußenwendungen und erhoben Schadensersatzklage. Das Landgericht wies die Klage ab. Auf die Berufung der Kläger wies das OLG in seinem Beschluss nach § 522 ZPO darauf hin, dass der Senat die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückweisen wolle.

Während das Landgericht seien Entscheidung auf einen vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss stützte und eine Ausnahme nach § 444 BGB wegen arglistigen Verschweigens eines Mangels negierte, sah das OLG die Begründetheit der Klage bereits wegen Fehlens eines Mangels nicht, § 434 Abs. 1 BGB a.F./§434 Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F. Habe ein Haus die vereinbarte Beschaffenheit, sei es sachmängelfrei. Bei fehlender Beschaffenheitsvereinbarung läge eine Sachmängelfreiheit vor, wenn sich die Sache für den nach Vertrag vorausgesetzten Gebrauch eigne, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB a.F./§ 434 Abs. 2 Nr. 2 BGB n.F. oder sich für die gewöhnliche Verwendung eigne und eine Beschaffenheit aufweise, die bei Sachen der gleichen Art üblich seien und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten dürfe (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB a.F./§ 434 Abs. 2 Nr. 2 BGB n.F.). Vorliegend sei eine bestimmte Beschaffenheit zum Keller des Hauses nicht vereinbart worden und ein bestimmter Verwendungszweck (z.B. zum Wohnen) nicht nach dem Vertrag vorausgesetzt worden. Der Keller eigne sich gemessen an dem Baujahr 1954 zur gewöhnlichen Verwendung (als Abstell- und Lagerraum) und weise eine Beschaffenheit auf, die bei Häusern aus den 50er Jahren üblich sei und die die Kläger daher erwarten konnten.  Diesbezüglich verwies das OLG auf das einschlägige Urteil des BGH vom 19.01.2018 – V ZR 256/16 -, in dem dieser feststellte, dass trotz festgestellter Feuchtigkeit im Keller das Haus eine Beschaffenheit aufweise, die bei Sachen gleicher Art üblich sei und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann; der Keller sei nicht zu Wohnzwecken und zu einer Zeit (50er Jahre) errichtet worden, als Kellerabdichtungen noch nicht zum Stand der Technik gehört hätten. Dies träfe hier auch zu; der Sachverständige habe noch einen Schwarzanstrich von nicht messbarer Stärke feststellen können, der allerdings nur eine durchschnittliche Lebenserwartung von 30 bis 40 Jahren habe und danach sei regelmäßig von einer Durchfeuchtung auszugehen.  

Damit kam es für die Entscheidung nicht darauf an, ob die Klage (auch) aus den Gründen des Landgerichts unbegründet war, da es nicht entscheidungserheblich war, ob die Beklagten etwas von den Feuchtigkeitsmängeln wusste und/oder Änderungen vorgenommen hatten um einen Mangel zu verdecken. Das OLG führte aber auch ergänzend aus, dass auch aus den dortigen Gründen das klageabweisende Urteil gerechtfertigt sei. Man könne nach dem landgerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten nicht davon ausgehen, dass die Beklagten die Feuchtigkeitsproblematik arglistig verschwiegen habe. Die Beklagten hätten seit ihrer Kindheit nicht mehr in dem Haus gelebt, dieses im März 2019 geerbt und bereits im November 2019 verkauft. Nach dem Gutachten könne keine Kenntnis der Beklagten bewiesen werden, auch nicht, dass die Beklagten Feuchtigkeitsprobleme jedenfalls für möglich hielten, wobei die Kläger selbst angegeben hätten, bei ihren Besichtigungen seien die Kellerwände unauffällig gewesen.

Schleswig-Holsteinisches OLG, Hinweisbeschluss vom 22.02.2023 - 7 U 199/22 -