Mittwoch, 30. September 2020

Streitwert und fehlerhafte Antragstellung im Rahmen der WEG-Beschlussanfechtung (hier: Jahresabrechnung)

Angefochten wurde die Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Mit der Beschwerde wurde vom Kläger eine Streitwertreduzierung mit der Begründung geltend gemacht, in der Begründung der Anfechtungsklage gegen die Jahresabrechnung seien lediglich Ausführungen zu einzelnen Punkte der Abrechnung erfolgt. Darauf aber, so das Landgericht in der Beschwerdeentscheidung, kommt es nicht an.

Zum Zeitpunkt des Ablaufs der Anfechtungsfrist nach § 46 Abs. 1 S. 2 WEG müsse erkennbar sein, in welchem Umfang welche Beschlüsse angefochten würden. Insoweit würden sich die Anforderungen der Anfechtungsklage an § 253 ZPO orientieren. Es sei also ein bestimmter Klageantrag erforderlich, aus dem sich ergeben würde, welche Beschlüsse inwieweit angefochten würden (BGH, Beschluss vom 16.02.2017 - V ZR 204/16 -). Vorliegend seien aber die angefochtenen Beschlüsse in der Klage im Wortlaut widergegeben worden, so der Beschluss zu TOP 3 zur Jahresabrechnung. Auch wenn Klageanträge der Auslegung zugänglich seien, würde sich dies nur auf Umstände beziehen, die zum Zeitpunkt der Klageeinreichung erkennbar sind. Aus der Klageschrift würden sich aber keine Umstände ergeben, die auf eine beabsichtigte Begrenzung des Streitgegenstandes hindeuten würden, da lediglich Daten der Versammlung und der Beschlussfassung benannt worden seien und sodann eine Begründung der Klage angekündigt wurde.

Nach § 46 Abs. 2 S. 2 WEG muss die Anfechtungsklage binnen eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben und binnen zwei Monaten nach der Beschlussfassung begründet werden. Aus der Entscheidung des Landgerichts ist zu erkennen, dass die (umfassende) Klage gegen die Jahresabrechnung zwar in der Monatsfrist erhoben, aber nicht gleichzeitig begründet wurde. Damit sei die Jahresabrechnung mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Rahmen der Klage insgesamt und nicht nur hinsichtlich einzelner Positionen angefochten worden (LG Itzehoe, Beschluss vom 07.01.2019 - 11 T 46/18 -). Wenn sodann im Rahmen der Klagebegründung der Klageantrag nur noch eingeschränkt (auf einzelne Positionen der Jahresabrechnung) weiterverfolgt werden soll, ist dies nach Darlegung des Landgerichts nur im Rahmen einer Teilklagerücknahme möglich.

Vorliegend sei außerdem auch der Klageantrag im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht eingeschränkt, sondern wie ursprünglich formuliert gestellt worden. Für die Gerichtskosten sei eine Teilklagerücknahme ohnehin unbeachtlich, da nach § 63 GKG eine spätere Streitwertreduzierung keinen Einfluss auf die Gerichtskosten habe (OLG München, Beschluss vom 13.12.2016 - 15 U 24907/16 -).

Hinweis: Auch wenn die Klageschrift nach § 46 WEG noch keine Begründung des (Anfechtungs-) Antrages enthalten muss, muss sich der Kläger vorher Gedanken darüber machen, inwieweit er einen Beschluss tatsächlich anfechten will. Er kann die Entscheidung nicht auf den Zeitpunkt der Klagebegründung hinausschieben, will er nicht Kostennachteile hinnehmen.

LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 03.03.2020 - 2-13 T 19/20 -

Aus den Gründen:

Tenor

Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung im Urteil des AG Offenbach am Main vom 9.12.2019 wird zurückgewiesen.

Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Beschwerden ist nach § 68 GKG, § 32 RVG statthaft und zulässig, auch der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 €.

Die Kammer folgt mittlerweile in ständiger Rechtsprechung der Auffassung des BGH (ZWE 2017, 331), wonach sich der Streitwert bei der Anfechtung von Abrechnungsbeschlüssen nach dem hälftigen Gesamtinteresse des Wertes der Jahresabrechnung bemisst und das maßgebliche Einzelinteresse der auf den Kläger entfallende Abrechnungsbetrag ist. Den in der Rechtsprechung früher – unter anderem von der Kammer - vertretenen Erwägungen, den Streitwert zu reduzieren, ist der Bundesgerichtshof entgegengetreten, dem folgt die Kammer. Ausgehend hiervon hat das Amtsgericht den Streitwert zutreffend berechnet.

Soweit die Beschwerde eine Streitwertreduzierung begehrt, weil in der Anfechtungsbegründung des Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung lediglich Ausführungen zu einzelnen Punkten der Abrechnung enthalten sind, kann dies der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Nach der Rechtsprechung des BGH muss bei Ablauf der Anfechtungsfrist (§ 46 Abs. 1 S. 2 WEG) erkennbar sein, in welchem Umfang welche Beschlüsse angefochten worden sind, so dass die Anfechtungsklage sich an den Anforderungen des § 253 ZPO messen lassen muss. Daher ist ein bestimmter Klageantrag erforderlich, aus dem hervorgehen muss, welche Beschlüsse inwieweit angefochten werden (BGH NJW 2017, 2918). Im Streitfall sind in der Klage die angefochtenen Beschlüsse wörtlich wiedergegeben, unter TOP 3 findet sich der Beschluss über die Jahresabrechnung. Zwar sind auch Klageanträge der Auslegung zugänglich, herangezogen werden können insoweit aber nur die Umstände, die zum Zeitpunkt der Klageeinreichung erkennbar sind. Umstände, die auf eine beabsichtigte Begrenzung des Streitgegenstandes hindeuten, finden sich in der Klageschrift nicht. Diese beschränkt auf die Mitteilung der Daten der Versammlung und der Beschlussfassungen, sodann wird eine Begründung angekündigt. Damit ist der Beschluss über die Jahresabrechnung jedoch insgesamt angefochten worden (vgl. LG Itzehoe ZMR 2019, 368).

Soweit mit der Klagebegründung dieser Klageantrag nur eingeschränkt weiterverfolgt werden sollte, wäre dies nur im Wege der Teilklagerücknahme (§ 269 ZPO) möglich. Dass dies die Intention der Klägerin war, lässt sich der Begründung allerdings nicht entnehmen, zudem ist in der mündlichen Verhandlung ausweislich des nicht angefochtenen Tatbestandes des Urteils (§ 314 ZPO) der ursprüngliche Antrag ohne Hinweis auf Einschränkungen gestellt worden.

Letztlich kann dies allerdings hier ohnehin dahinstehen, denn maßgeblich für die Streitwertfestsetzung nach § 63 GKG ist der durch die einleitende Antragstellung begründete Streitwert, spätere Streitwertreduzierungen haben auf die Wertfestsetzungen keinen Einfluss, da sie nicht zu einer Reduzierung des gerichtlichen Gebührenaufkommens führen können (vgl. KG JurBüro 2018, 249; OLG München NJW-RR 2017, 700).

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG. Die weitere Beschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der Zulassung nicht vorliegen.

1 Kommentar:

  1. Habe ich richtig verstanden? Zum Zeitpunkt des Ablaufs der Anfechtungsfrist nach § 46 Abs. 1 S. 2 WEG muss erkennbar sein, in welchem Umfang welche Beschlüsse angefochten werden. Da Klageanträge auch der Auslegung zugänglich sind, würde sich dies nur auf Umstände beziehen, die zum Zeitpunkt der Klageeinreichung erkennbar sind. Ergeben sich aus der Klageschrift aber keine Umstände, die auf eine beabsichtigte Begrenzung des Streitgegenstandes hindeuten würden, würde. die Jahresabrechnung mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Rahmen der Klage insgesamt und nicht nur hinsichtlich einzelner Positionen angefochten werden. Soll der Klageantrag im Rahmen der Klagebegründung nur noch eingeschränkt (auf einzelne Positionen der Jahresabrechnung) weiterverfolgt werden, ist dies nur im Rahmen einer Teilklagerücknahme möglich sein.
    Wird außerdem der Klageantrag im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht eingeschränkt, sondern wie ursprünglich formuliert gestellt, muss bei Ablauf der Anfechtungsfrist (§ 46 Abs. 1 S. 2 WEG) erkennbar sein, in welchem Umfang welche Beschlüsse angefochten worden sind. Der Kläger muss sich vorher Gedanken darüber machen, inwieweit er einen Beschluss tatsächlich anfechten will.
    Zeigt die Intention der Klägers den ursprünglichen Antrag ohne Hinweis auf Einschränkungen ist die Gesamtabrechnung ohne Einschränkung zu behandeln.
    Bei mir ist das genau umgekehrt: Ich fechte Einzelabrechnungen aus der Gesamtabrechnung an und begründe sie detailreich. Die Richterin meint aber, meine Klage sei unzulässig, da ich nur Bestandteile der Einzelabrechnung ohne die Gesamtabrechnung angreifen würde, obwohl das gar nicht geht, denn die Einzelrechnung ergibt sich nur aus der Gesamtabrechnung. Sie bezieht sich auf ein Urteil des AG Syke v.18.01.2013 Az 10C 748/12
    H. von Osten

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