Landgericht und Oberlandesgericht
mussten sich u.a. mit der Frage auseinandersetzen, wieweit zeitlich und örtlich
die Betriebsgefahr eines Fahrzeuges gem. § 7 StVG reicht. Hintergrund war
gewesen, dass der Kläger mit seinem Fahrrad, mit dem er den rechtsseitigen
Fahrradweg befuhr, zu Fall kam, als er dem Beklagten ausweichen wollte. Der
Beklagte hielt sich zu Fuß in der Nähe seines auf einem Parkstreifen (den ein
grau gepflasterter Streifen vom Fahrradweg trennte, neben dem wiederum der
Fußweg verlief) geparkten Fahrzeug auf; der genaue Standort des Beklagten war
streitig.
Eine Haftung des Beklagten aus §
7 StVG würde, so das OLG, in diesem Fall nicht greifen. Voraussetzung sei, dass
es zu der Verletzung des Klägers bei dem Betrieb eines Fahrzeugs gekommen wäre.
Der Schutzzweck des § 7 StVG sei zwar weit auszulegen. Ausreichend sei, dass
sich die von dem Kfz ausgehende Gefahr ausgewirkt habe, d.h. der Schadensfall
durch das Fahrzeug (mit) geprägt worden sei. Damit müsse der Vorfall in einem
nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer Betriebseinrichtung des Kfz stehen.
Dies sei vorliegend zu verneinen.
Grundsätzlich könnten zwar auch Handlungen
bei und nach dem Aussteigen aus einen Fahrzeug dem Betrieb zugerechnet werden,
wenn sich dabei die typische, vom Betrieb des Fahrzeuges selbst und unmittelbar
ausgehende Gefahr verwirkliche. Dies sei aber dann nicht mehr anzunehmen, wenn
die Fahrt beendet sei und der Fahrer das Fahrzeug verlassen und verschlossen
abgestellt hätte. In einem solchen Fall würde von dem Fahrzeug keine
Betriebsgefahr mehr im Hinblick auf den Fahrer ausgehen, wenn dieser keine
weiteren Handlungen mehr am Fahrzeug vornehmen wolle, die irgendwie dem Betrieb
desselben zugerechnet werden könnten; dies auch dann nicht, wenn das Fahrzeug
nur kurz zuvor abgestellt und verschlossen worden sei. Das Entfernen von dem
abgestellten Fahrzeug würde keine typische Fahrerhandlung sein, sondern ein von
den Aufgaben als Kraftfahrer unabhängiges Verhalten, vergleichbar mit anderen
Fußgängern, die sich möglicherweise unachtsam im Straßenverkehr bewegen.
Nach dem Hinweisbeschluss wurde
die Berufung des Klägers mit Beschluss vom 17.05.2018 zurückgewiesen.
OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 05.04.2018 - 6 U 163/17 -
Aus den Gründen:
Eine
Haftung des Beklagten gem. §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 229 StGB
scheidet aus, da der Kläger keinen geeigneten Beweis dafür erbracht hat, dass den
Bekl. ein Verschulden an dem vom Kl. erlittenen Unfall trifft.
Das
LG ist nach der Anhörung der Parteien zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund
der Einlassung des Klägers und des Beklagten nicht als bewiesen angesehen werden kann,
dass der Bekl. sich unachtsam verhalten hat und dass es insbesondere zu der vom
Kl. behaupteten Berührung auf dem Radweg gekommen ist, durch die nach dem
Vorbringen des Kl. der Sturz verursacht worden sein soll. Die vom LG insoweit
vorgenommene Würdigung ist, wie oben dargelegt, nicht zu beanstanden.
Entgegen
der Ansicht des Klägers kommt auch ein Anspruch gegen den Beklagten aus
Gefährdungshaftung gem. § 7 StVG nicht in Betracht.
Voraussetzung
des § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter „bei dem
Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ verletzt bzw. beschädigt worden ist. Nach der
Rechtsprechung des BGH (VersR 2018, 1085) ist dieses Haftungsmerkmal entsprechend
dem umfassenden Schutzzweck der Norm zwar weit auszulegen. Ein Schaden ist
danach bereits dann „bei dem Betrieb“ eines Kfz entstanden, wenn sich in ihm
die von dem Kfz ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d. h. wenn bei der
insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kfz
(mit)geprägt worden ist (vgl. BGH vom 8. 12. 2015 ‑ VI ZR 139/15 ‑ VersR 2016,
1048). Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf
an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit
einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des
Kfz steht (vgl. BGH vom 21. 1. 2014 ‑ VI ZR 253/13 ‑ VersR 2014, 396).
Ein
naher Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang des Fahrzeugs ist hier jedoch zu
verneinen.
Zwar
können auch Handlungen bei und nach dem Aussteigen aus einem Pkw zum Betrieb
des Fahrzeugs zu rechnen sein. Hierbei muss sich jedoch die typische, vom
Betrieb des Kfz selbst und unmittelbar ausgehende Gefahr verwirklichen.
Eine
solche im Zusammenhang mit dem Betrieb des Fahrzeugs stehende Gefahr ist jedoch
dann nicht mehr anzunehmen, wenn die Fahrt mit dem Kfz beendet ist, der Fahrer
sein Fahrzeug verlassen und dieses verschlossen abgestellt hat. Von einem
Fahrer, der sich nach dem Abstellen und Verschließen von seinem Fahrzeug
entfernt und der auch keinerlei Handlungen mehr vornehmen will, die in
irgendeiner Weise dem Betrieb des Fahrzeugs zuzurechnen sind, geht, auch wenn
dieser sein Fahrzeug nur kurz vorher geparkt und verschlossen hat, jedenfalls
keine Gefahr mehr aus, die in Zusammenhang mit dem Betrieb des Fahrzeugs steht.
Vielmehr stellt das Entfernen vom abgestellten und verschlossenen Fahrzeug
keine typische Fahrerhandlung mehr dar, sondern ein von den Aufgaben des Kraftfahrers
unabhängiges Verhalten, das von anderen Fußgängern, die sich möglicherweise
unachtsam im Straßenverkehr bewegen, in gleicher Weise und mit gleichem Risiko
verwirklicht werden kann.
Im
vorliegenden Fall hatte der Beklagte nach dem Vorbringen des Klägers und auch nach
seinem eigenen Vortrag sein Fahrzeug bereits vollständig verlassen. Der
eigentliche Aussteigevorgang war beendet, der Beklagte setzte sich nach dem
Aussteigen und Verschließen seines Fahrzeugs als Fußgänger in Bewegung, ohne
dass sein Verhalten noch in Zusammenhang mit den gesetzlich oder durch die
Verkehrsauffassung bestimmten Aufgaben eines Kraftfahrers oder im Zusammenhang
mit dem Betrieb seines Fahrzeugs gestanden hätte. In ähnlicher Weise und mit
gleichem Risiko wie der Bekl. hätte auch ein Fußgänger, der zu einem Gespräch
an das Autofenster getreten wäre, eine Bewegung auf den Radweg machen können.
Dass
das abgestellte Fahrzeug an sich den Beklagte zu dem von ihm behaupteten
Ausweichen mit seinem Fahrrad veranlasst hätte, hat dieser bereits nicht
vorgetragen.
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