Sonntag, 1. Juli 2018

Vereinbarung einer förmlichen Abnahme vs. konkludente Abnahme und fehlende Abnahmefähigkeit bei fehlender notwendiger Dokumentation


In dem Bauwerkvertrag zwischen den Parteien wurde ausdrücklich unter Bezugnahme auf § 12 VOB/B eine förmliche Abnahme des Werks (Errichtung einer Heizungsanlage in einer Kindertagesstätte) durch die Parteien des Rechtstreits vereinbart.  Mit ihrer Klage macht die Klägerin Werklohnansprüche aus einer von ihr erstellten Schlussrechnung geltend. Streitig ist zwischen den Parteien (jedenfalls im Berufungsverfahren), ob die Beklagte eine förmliche Abnahme begehrt habe (vom Landgericht als unstreitig im Tatbestand aufgenommen) oder ob trotz der im Werkvertrag ausdrücklich vorgesehenen förmlichen Abnahme auch eine konkludente Abnahme durch Ingebrauchnahme erfolgen kann. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Die Beklagte soll die Klägerin (Werkunternehmerin) aufgefordert, einen förmlichen Abnahmetermin zu vereinbaren. Dieser  sei dann für Oktober 2014 vereinbart worden, von der Klägerin aber nicht wahrgenommen worden; diesen sich aus dem Tatbestand der landegerichtlichen Entscheidung sich ergebenden Umstand nahm das OLG als unstreitig an, da ein Tatbestandsberichtigungsantrag klägerseits nicht erfolgte.. Demgegenüber macht die Klägerin, die ihren Werklohnanspruch einklagt, geltend. Zwar würde von der Klägerin vorgetragen, eine Abnahme habe durch Ingebrauchnahme stattgefunden, die Beklagte habe 3 Tage nach Erhalt der Schlussrechnung eine förmliche Abnahme angemahnt, würde dieser Vortrag nach Ansicht des OLG nicht greifen. Nach § 12 Abs. 5 Nr. 2 S. 1 VOB/B 2009 gelte eine Abnahme nach Ablauf von 6 Werktagen nach Beginn der Benutzung als erfolgt, wenn keine Abnahme verlangt würde. Da allerdings (von der Klägerin nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffen und damit der Entscheidung zugrunde zu legen, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)das Landgericht ein förmliches Abnahmeverlangen tatbestandlich als unstreitig festgestellt habe, seien die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 12 Abs. 5 Nr. 2 S. 1 VOB/B 2009 nicht erfüllt.  

Auch habe das Landgericht, so das OLG, zutreffend eine konkludente Abnahme der Beklagten negiert. Eine solche konkludente Abnahme durch Inbetriebnahme sei ausgeschlossen, wenn wie hier eine förmliche Abnahme ausdrücklich vorgesehen sei.

So sei hier auch nicht der Vorwurf der Klägerin gerechtfertigt, die Beklagte habe eine förmliche Abnahme in unbilliger Weise verzögert, weshalb ihr die Berufung auf eine förmliche Abnahme nach § 242 BGB verwehrt sei. So habe die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.05.2017 die Beklagte aufgefordert, mit ihr einen Abnahmetermin zu vereinbaren, ohne dabei allerdings einen konkreten Termin anzubieten.  Der Projektleiter der Beklagten habe darauf zwar erst mit Mail vom 20.07.2017 reagiert, allerdings darin um Bestätigung eines förmlicher Abnahmetermins zum 02.08-. 09.08. oder 16.08.2017 ersucht. Hierauf habe die Klägerin nicht mehr reagiert. Erfolglos vertrete diesbezüglich die Klägerin die Ansicht, es habe nicht ihr oblegen, einen konkreten Abnahmetermin zu bestimmen. Nachdem die Beklagte mehrere Termine zur Auswahl gestellt habe, sei es ihre Pflicht gewesen zu reagieren und mit der Beklagten einen konkreten Termin zu vereinbaren; stattdessen habe sie keinen der angebotenen Termine wahrgenommen. Die Beklagte musste mangels Reaktion der Klägerin keine weiteren Termine vorschlagen; das Verhalten der Klägerin war treuwidrig gewesen.

Auch der Hilfsantrag der Klägerin sei, so das OLG, vom Landgericht zutreffend zurückgewiesen worden. Mit dem auch im berufungsverfahren verfolgten Hilfsantrag begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Abnahme. Der Auftragnehmer könne den Auftragnehmer nur dann erfolgreich auf Abnahme verklagen, wenn der Auftragnehmer aus seiner (des Auftragnehmers) Sicht zu Unrecht die Abnahme verweigern würde; dabei müsse nicht notwendig zugleich auf Zahlung geklagt werden. Zu Recht habe das Landgericht darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbst die verlangte förmliche Abnahme verweigert habe und zudem auch erhebliche Mängel vorlägen, die einer Abnahme entgegen stünden.

So sei die Klägerin nicht der Würdigung des Landgerichts entgegengetreten, wonach erforderliche und mitzuliefernde Dokumentationen, die für den Betrieb und die Instandhaltung der Anlage erforderlich seien, nicht mitgeliefert worden seien, Bezeichnungsschilder nicht angebracht worden seien, in Bestandsplänen und -zeichnungen die Leitungsführung falsch dargestellt worden seien pp. Das OLG schloss sich der Ansicht des Landgerichts an, dass diese Umstände bereits einer Abnahme entgegen stehen würden.

Die Berufung wurde in der Folge zurückgewiesen (Urteil vom 23.04.2018).

Anmerkung: Der Entscheidung ist zuzustimmen.
Wird ausdrücklich eine förmliche Abnahme vereinbart, scheidet eine formlose (d.h. konkludente) Abnahme aus.

Soweit wohl während des Rechtstreits ein Abnahmeverlangen durch den Werkunternehmer erfolgte, benannte dieser keinen Abnahmetermin. Auf die Angebote des Auftraggebers ging er nicht ein. Damit hatte der Auftraggeber auch nicht eine Abnahme treuwidrig verhindert, unabhängig davon, ob nun in einem Abnahmetermin ausdrücklich die Nichtabnahme wegen fehlender Abnahmefähigkeit erklärt wird.

Die Zahlungsklage war daher abzuweisen, da nach § 641 BGB die Abnahme nach § 640 BGB Fälligkeitsvoraussetzung ist.

Da der Werkunternehmer einen förmlichen Abnahmetermin selbst verhinderte, ein solcher nicht von dem Auftraggeber verweigert wurde, bestand bereits kein Rechtsschutzbedürfnis für den Hilfsantrag, mit dem die Klägerin die Beklagte zur Abnahme verurteilt wissen wollte. Zudem standen dem wesentliche Einwende des Auftragnehmers (so die fehlende Dokumentation und Fehler in Plänen) entgegen, die nach richtiger Auffassung die Abnahmefähigkeit, mit der bestätigt wird, dass das Werk im Wesentlichen mängelfrei ist, hindern.

OLG Koblenz, Hinweisschluss vom 01.03.2018  -  1 U 1011/17 -


Aus den Gründen:

Tenor
1. Der Senat erwägt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Klägerin erhält Gelegenheit auf den Hinweisbeschluss bis zum 6. April 2018 Stellung zu nehmen.
3. Der Senat regt an, eine Rücknahme der Berufung zu prüfen. Bei Beendigung des Verfahrens durch Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gebühren für das gerichtliche Verfahren nach Ziff. 1213 der Anlage 1 zum GKG regelmäßig von 4,0 auf 2,0 Gebühren.

Gründe

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
1) Das Landgericht hat zu Recht unter Abänderung des klageabweisenden Versäumnisurteils vom 25.04.2017 (vgl. Bl. 35 f. d. A.) die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen.
a) Das Landgericht führt zutreffend aus, dass der Klägerin derzeit kein Anspruch auf Restwerklohnzahlung gegen die Beklagte zustehe, da es an einer förmlichen Abnahme fehle und der Werklohnanspruch derzeit nicht fällig sei.
Hiergegen wendet sich die Klägerin ohne Erfolg mit ihrem Antrag unter Abänderung des angefochtenen Urteils, das Versäumnisurteil des Landgerichts Trier vom 25.04.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.050,30 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 31.01.2014 sowie 676,07 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 15.07.2013 zu zahlen bzw. hilfsweise für den Fall, dass das Gericht von einer Nichtabnahme des Werkes der Klägerin ausgehe, die Beklagte zu verurteilen, das Gewerk „Ausführung von Heizungsanlagen in der Kindertagesstätte ...[Z] abzunehmen.
b) Die Parteien haben unstreitig in den vereinbarten „Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen Einheitliche Fassung (Februar 2010“ (Bl. 27 f. d. A.) unter Ziffer 9 i. V. m. § 12 VOB/B 2009 eine förmliche Abnahme des Werks vereinbart. Zutreffend nimmt das Landgericht an, dass die Parteien eine förmliche Abnahme des Werkes nicht durchgeführt haben.
c) Das Landgericht hat in seinen tatbestandlichen Feststellungen auf Seite 2 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass der Zeuge ...[A] den Projektleiter der Klägerin aufgefordert habe, einen förmlichen Abnahmetermin zu vereinbaren. Dieser sei für den Oktober 2014 vereinbart gewesen, von der Klägerin aber nicht wahrgenommen worden. Dem ist die Klägerin nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag gemäß § 320 ZPO begegnet, so dass der Senat von diesen tatbestandlichen Feststellungen auszugehen hat.
d) Soweit die Klägerin mit ihrer Berufung ausführt, das Landgericht habe übersehen, dass eine Abnahme nach § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B 2009 erfolgt sei, vielmehr ausführe, die Beklagte habe 3 Tage nach Erhalt der Schlussrechnung eine förmliche Abnahme angemahnt, dem zu widersprechen sei, verfängt dieser Angriff nicht.
Nach § 12 Abs. 5 Nr. 2 S. 1 VOB/B 2009 gilt dann, wenn keine Abnahme verlangt wird und der Auftraggeber die Leistung oder einen Teil der Leistung in Benutzung genommen hat, die Abnahme nach Ablauf von 6 Werktagen nach Beginn der Benutzung als erfolgt, wenn nichts anderes vereinbart ist.
Da das Landgericht tatbestandlich festgestellt hat, dass von der Klägerin die Durchführung einer förmlichen Abnahme gefordert worden ist, wie sich zudem aus dem Email-Schreiben vom 20.03.2014 (Anlage B 4, Bl. 141 Anlagenheft) ergibt, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 12 Abs. 5 Nr. 2 S. 1 VOB/B 2009 nicht erfüllt.
e) Mit Recht führt das Landgericht aus, dass eine konkludente Abnahme des Werkes durch Inbetriebnahme desselben ausscheidet, wenn die Parteien eine förmliche Abnahme des Werkes vereinbart haben (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage 2018, Rn. 1819).
Richtiger Weise nimmt das Landgericht an, dass die Beklagte die förmliche Abnahme nicht in unbilliger Weise verzögert habe, so dass sie nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht auf einer förmlichen Abnahme bestehen könne.
Das Landgericht legt nachvollziehbar dar, dass die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30.05.2017 (Bl. 55 ff. d. A.) die Beklagte aufgefordert habe, mit der Klägerin einen Abnahmetermin zu vereinbaren, ohne allerdings einen förmlichen Abnahmetermin anzubieten. Der Projektleiter ...[A] hat für die Beklagte zwar erst mit Email-Schreiben vom 20.07.2017 (vgl. Bl. 60 d. A.) um Bestätigung förmlicher Abnahmetermine zum 02.08.2017, 09.08.2017 und 16.08.2017 gebeten. Die Klägerin ist hierauf aber nicht eingegangen.
Die Klägerin wendet diesbezüglich mit ihrer Berufung ohne Erfolg hiergegen ein, es sei nicht ihre Aufgabe einen konkreten Abnahmetermin zu bestimmen.
Hat die Beklagte der Klägerin mehrere Abnahmetermine vorgeschlagen, war es Sache der Klägerin hierauf zu reagieren und mit der Beklagten als Auftraggeberin einen förmlichen Abnahmetermin zu vereinbaren. Die Klägerin hat aber keinen der angebotenen Abnahmetermine wahrgenommen.
Die Beklagte war nicht gehalten, der Klägerin weitere Abnahmetermine anzubieten.
Die Klägerin verkennt, dass sie es war, die treuwidrig die von der Beklagten angebotenen Abnahmetermine nicht wahrgenommen hat.
2) Das Landgericht hat auch zu Recht den Hilfsantrag der Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, das Gewerk Ausführung von Heizungsanlage in der Kindertagesstätte ...[Z], abzunehmen, als unbegründet abgewiesen. Diesen Antrag verfolgt die Klägerin im Berufungsverfahren als Hilfsantrag weiter.
Dem Auftragnehmer steht ein Recht, den Auftraggeber erfolgreich auf Abnahme zu verklagen nur zu, wenn dieser aus der berechtigten Sicht des Auftragnehmers zu Unrecht die Abnahme verweigert, ohne dass zugleich Klage auf Zahlung erhoben werden müsste  (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 20. Auflage 2017, § 12 Abs. 1 VOB/B, Rn. 22).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zu Recht stellt das Landgericht darauf ab, dass die Klägerin die Mitwirkung an einer förmlichen Abnahme verweigert habe und im Übrigen erhebliche Mängel gegeben seien, die die Beklagte zu einer Abnahmeverweigerung berechtigen würden.
Die Klägerin greift diese Ausführungen ohne Erfolg mit der Begründung an, es sei unter Beweis gestellt, dass die Gewerke mangelfrei ausgeführt worden seien. Das Landgericht hätte dem Beweiserbieten nachgehen müssen.
Das Landgericht hat in seinem Urteil auf Seite 6 konkret dargelegt, dass die von der Beklagten gerügten Mängel nicht unwesentlich seien und das Werk im Wesentlichen nicht vertragsgemäß sei. Das Fehlen erforderlicher und mitzuliefernder Dokumentationen, die für die den Betrieb oder die Instandhaltung bedeutsam seien, stellten einen wesentlichen Mangel dar (vgl. hierzu Ingenstau/Korbion, aaO § 12 Abs. 3 VOB/B, Rn. 2). Die nicht angebrachten Bezeichnungsschilder, die Bestandspläne und -zeichnungen auf CD und die falsch dargestellte Leitungsführung in den einzelnen Geschossen in den von der Klägerin vorgelegten Plänen, die unvollständigen und nicht beschrifteten von der Klägerin vorgelegten Schemen sowie die unbrauchbaren Planunterlagen seien aber für den Betrieb einer Heizungsanlage von großer Bedeutung.
Diesbezüglich werden von der Berufung der Klägerin keine konkreten Angriffe geführt. Die von der Beklagten (nochmals) spezifizierten Mängel in ihrer Berufungserwiderung stellen sich als unstreitig dar.
Die Berufung der Klägerin hat aus den dargelegten Gründen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Der Senat nimmt in Aussicht, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 9.050,30 € festzusetzen.

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