Die Parteien stritten nach dem Tod des Erblassers über die Testierfähigkeit desselben zu dem Zeitpunkt, zu dem er sein (notarielles) Testament errichtete. Das Nachlassgericht hatte ein Sachverständigengutachten dazu eingeholt, wobei Behandlungsunterlagen verschiedener Ärzte beigezogen wurden. Es kam danach zu dem Ergebnis, dass der Verstorbene zum Zeitpunkt der Erstellung des umstrittenen Testaments Testierunfähig gewesen sei. Es habe an diesem Tag bei dem Verstorbenen eine Bewusstseinsstörung vorgelegen, die sich auf seine Einsichts- und Willensfähigkeit ausgewirkt habe. Die davon betroffene Beteiligte zu 1. Legte gegen den Beschluss Beschwerde ein, der das Nachlassgericht nicht abhalf. Die Beteiligte zu 1. legte sodann ein Gutachten eines anderen Sachverständigen vor, welches sie eingeholt hatte, demzufolge der Verstorbene mit überwiegender Wahrscheinlichkeit doch testierfähig gewesen sei. Das Beschwerdegericht (OLG) hörte den vom Nachlassgericht beauftragten Sachverständigen noch einmal an.
Die Beschwerde hatte Erfolg. Der zur Entscheidung berufene Senat des OLG habe auch nach der Anhörung des vom Nachlassgericht beauftragten Sachverständigen zu den im Gegengutachten benannten Einwendungen nicht die notwendige Überzeugung für eine Testierunfähigkeit feststellen können.
Der Sachverständige habe eine Schlussfolgerung aus einer in der Pflegedokumentation der Klinik, n der sich der verstorbene befand, gezogen, nach der bei dem Verstorbenen in der Nacht für der Protokollierung des Testaments ein Delir vorgelegen haben soll, was nach Auffassung des Sachverständigen dazu führe, dass der Betroffene, der sich davon nicht binnen weniger Stunden erholen könne, nicht mehr logisch denken und handeln könne (dem sich nach Nachlassgericht angeschlossen hatte). Dem wollte der Senat „bei notwendiger eigener kritischer Würdigung“ nicht folgen. Zwar sei der vom Nachlassgericht beauftragte Sachverständige bei seiner Auffassung geblieben, doch seien seine Folgerungen nach Auffassung des Senats nicht zwingend. Allerdings habe er eingeräumt, dass keines der von ihm benannten Anzeichen für en Delir zwingend ein Delir bedeute. Zudem wurde eingeräumt, dass es für die dokumentierten Eintragungen auch Ursachen geben könne, die in keinem Zusammenhang mit einem Delir stünden. Es reiche nicht aus, das die Eintragungen in einem bestimmten Sinn interpretiert werden könnten.
Nach der Konzeption des § 2229 BGB gelte jedermann, der das 16. Lebensjahr vollendet habe, solange als testierfähig, bis das Gegenteil zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen sei (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.06.2023 - 8 W 71/22 -). Es sei damit bei einer erwachsenen Person grundsätzlich von deren Geschäfts- und Testierfähigkeit auszugehen. Das Fehlen sei die Ausnahme. Könne nicht mit hinreichender Sicherheit die Geschäfts- oder Testierfähigkeit geklärt werden, ginge dies zu Lasten des-(derjenigen, die sich auf eine fehlende Geschäfts- oder Testierfähigkeit berufen.
OLG Zweibrücken, Beschluss vom
24.04.2024 - 8 W 60/23 -