Die Beklagte hatte bei der
Klägerin, bei der es sich um eine staatlich anerkannte private Anbieterin von
Studiengängen im Bereich Design handelte, ein Bachelor-Studium gemäß
Studienvertrag vom 22.06.2016 mit Studienbeginn 01.09.2016 begonnen. Die
vertragliche vorgesehene Studienzeit betrug 36 Monate. Nach § 7 Abs. 1 des
Studienvertrages sollte dieser jeweils zum Ende eines Studienjahres (erstmals
31.08.2017) mit einer Frist von drei Monaten ordentlich kündbar sein. Zu zahlen
waren pro Monat € 490,00 Studiengebühren und pro Semester € 150,00
Prüfungsgebühren.
Mit Schreiben vom 26.06.2017
kündigte die Beklagte mit der Begründung fristlos zum 30.06.2017, ihr Vater sei
an Lungenkrebs erkrankt und sie müsse in dessen Firma, in der sie auch Gesellschafterin
sei, aushelfen. Die Klägerin bestätigte die Kündigung gemäß Vertrag zum
31.08.2018 und begehrte die vereinbarte Zahlung für den Zeitraum Juli 2017 bis August
2018, wobei für Juli 2017 im August 2017 die Studiengebühr von der Beklagten
gezahlt worden war. Das Landgericht gab der Klage statt. Auf die Berufung der
Beklagten, mit der sich die Beklagte nicht mehr gegen die Verurteilung zur
Zahlung der Studiengebühr für August 2017 wandte, wurde das Urteil abgeändert
und die Klage, mit Ausnahme der von der Berufung nicht mehr erfassten Studiengebühr
für August 2017, abgewiesen.
Mit der Kündigung vom 26.06.2017,
so das OLG, habe die Beklagte das Vertragsverhältnis rechtzeitig zum 31.08.2017
beendet. Zwar sei nicht die Kündigungsfrist von drei Monaten des § 7 des Studienvertrages
eingehalten worden (dann hätte die Kündigung bis zum 31.05. erfolgen müssen);
die Regelung dort sei aber gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Die Klägerin
würde entgegen Treu und Glauben durch diese Regelung unangemessen
benachteiligt, da sie zur Folge habe, dass ein Studierender im Hinblick auf das
Ende des Studienjahres (31.08.) bereits zum 31.05. kündigen müsse, ohne zu diesem
Zeitpunkt die Ergebnisse der Studienjahresabschlussprüfungen zu kennen.
Zwar habe die Klägerin ein
wirtschaftliches Interesse daran, rechtzeitig zu wissen, wie viele ihrer
Studierenden im neuen Studienjahr die Ausbildung fortsetzen um Planungssicherheit
zu haben; allerdings müssen auch das
Interesse der Studierenden beachtet werden, sich ohne erhebliche finanzielle
Einbußen vom Studienvertrag lösen zu können. Zugunsten der Studierenden würde
besonders ins Gewicht fallen, dass es sich bei dem Studium um eine Berufsausbildung
handele und die Wahl des Berufs und der Ausbildungsstätte von großer, von der
Rechtsordnung anerkannter Bedeutung sei (Art. 12 Abs. 1 GG). Die Entscheidung
zur richtigen Ausbildungsart und –stätte könne am sichersten nach Prüfungen und
(objektiv) ihren Ergebnissen bemessen werden und würden sich als Zwischenbilanz
und Prognose darstellen, die die Klägerin daher auch jeweils zum Ende eines
Studienjahres anbiete. Daher sei es nicht zumutbar von dem Studierenden zu
erwarten, dass er nach schlechter Prüfung oder wenn er dabei durchfällt in der
Ausbildung verbleiben müsste und erst ein Jahr später eine andere Berufswahl
treffen könnte, jedenfalls aber über ein Jahr weiter die Studiengebühren (evtl.
neben neuen Kosten für einen anderen Studiengang) tragen müsste. Von daher sei
eine Regelung wie hier, die es dem Studierenden nicht ermöglicht, nach
Bekanntgabe der Prüfergebnisse (regelmäßig im Juli) noch zu entscheiden, ob er
das Studium im nächsten Studienjahr fortsetzt, unangemessen, weshalb eine
Kündigung zu Ende August zulässig sei. Die Nachteile der Klägerin, bedingt
durch die Verkürzung der Kündigungsfrist, müssten demgegenüber zurücktreten.
Keine Relevanz habe, dass die
Klägerin sich zur Begründung der Kündigung nicht auf eine verfehlte Berufswahl
berief. Die Wirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, um die es sich
bei dem Studienvertrag handele, orientiere sich nach allgemeinen Maßstäben,
wobei objektive Umstände unabhängig von einzelfallbezogenen oder individuellen
Umständen entscheidend seien. Entscheidend sei, dass das Auslegungsergebnis als
allgemeine Lösung des stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen
sei.
Damit sei die Klausel zur
Kündigungsfrist nichtig. Dispositive gesetzliche Regelungen, die sie nach § 306
Abs. 2 BGB ersetzen könnten, existieren nicht, weshalb der Vertrag jedenfalls
nah der Kündigung zum 31.08.2017 endete und weitergehende Studiengebühren von
der Beklagten nicht geschuldet wurden.
OLG Dresden, Urteil vom 28.06.2019 - 2 U 273/19 -