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Sonntag, 8. April 2018

Zur Frage, ob Einrichtungsgegenstände/Einbauten des Vormieters Bestandteile der Mietsache im Verhältnis zwischen Nachmieter und Vermieter wurden


Die Parteien streiten hier noch um die Räumungspflicht nach Kündigung und Zahlung rückständigen Mietzinses. Die Klägerin hatte von der Streithelferin der jetzigen Beklagten (und Vermieterin) Gewerberäume angemietet, in denen es zu einem Wasserschaden kam. Nachdem weder die Streithelferin noch die Beklagte bereit waren, den Wasserschaden zu beseitigen. Stellte die Klägerin die Mietzahlungen für den Zeitraum August 2013 bis Februar 2014 ein und nahm die Reparaturen selbst vor. Dabei handelte es sich um einen auf dem Fußboden  verklebten Teppichboden, eine Trockenbauwand und einem als Holzkonstruktion errichteten Barpodest. Die Beklagte kündigte das Mietverhältnis und verlangte Zahlung, gegen die die Klägerin Aufrechnung mit ihrem Schadensersatzanspruch erklärte.

Streitentscheidend war, ob es sich bei den beschädigten Sachen um Mietsachen handele (so die Klägerin) oder nicht. Das OLG stellte in seiner die Klage abweisenden und auf der auf Räumung und Zahlung des Mietzinses gerichteten Widerklage des Beklagten stattgebenden Entscheidung darauf ab, dass es sich nicht um Mietgegenstände handele, weshalb die Klägerin für diese selbst verantwortlich sei. Dies ergäbe sich aus dem am 20.03.2009 zwischen der Klägerin und der Vormieterin abgeschlossenen Kaufvertrag, wonach das gesamte „bewegliche und unbewegliche Inventar“ an die Klägerin verkauft sei. Gegen die Behauptung der Klägerin, dass die bodenständig verbundenen Gegenstände (wie die das Barpodest) nicht mit veräußert worden wäre, spräche bereits die Höhe des vereinbarten Kaufpreises (der sich schlüssig anders nicht erklären ließe) als auch der eindeutige Wortlaut des Kaufvertrages. Den für den von der Klägerin benannten Zeugenbeweisantrag dazu, welche Gegenstände mit der Formulierung im Kaufvertrag gemeint seien, ging das OLG nicht nach.

Der BGH hob im Umfang der Revision das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück. Das OLG habe das rechtliche Gehör (Art. 103 GG) der Klägerin verletzt. Es habe seine Überzeugung, dass insbesondere die Trockenbauwand und das Barpodest vertragsgegenständlich seien, lediglich aus dem Begriff „unbewegliches Inventar“ in der Vertragsurkunde entnommen. Zwar obliege dem Tatrichter die Auslegung einer Individualvereinbarung, wie sie hier vorläge, und der Wortlaut einer Vereinbarung sei Ausgangspunkt für eine Auslegung. Allerdings gingen der übereinstimmende Parteiwille dem Wortlaut und jeder anderen Interpretation vor, auch dann, wenn dieser Wille in der Urkunde keine oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden habe. Die Klägerin habe ihr abweichendes Verständnis des Inhalts der Urkunde im Sinne eines gemeinschaftlichen Willens von ihr und dem Vormieter unter Beweis gestellt. Damit hätte dem das OLG nachgehen müssen. Es sei nicht auszuschließen, dass der angebotene Beweis zu einem anderen Verständnis der Reichweite der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Vormieterin führe. Hätte der Mieter (die Klägerin) die Gegenstände nicht vom Vormieter übernommen, hänge es von der Auslegung des Mietvertrages zwischen der Klägerin und dem Vermieter ab, ob die vom Vormieter zurückgelassenen Einrichtungsgegenstände als Bestandteile der Mietsache mitvermietet worden seien. Sei dies der Fall (wovon bei den mit der Mietsache fest verbundenen Einbauten mangels einer anderweitigen Vereinbarung im Zweifel auszugehen sei), erstrecke sich die Gebrauchsgewährungsverpflichtung des Vermieters nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB auch auf diese.

Der von der Klägerin erklärten Aufrechnung habe auch das im Mietvertrag enthaltene formularmäßige Aufrechnungsverbot nicht entgegengestanden. Eine Klausel, die die Möglichkeit der Aufrechnung mit einer unbestrittenen Forderung zusätzlich (wie hier) davon abhängig mache, dass sie durch den Vermieter anerkannt werden müsse, würde den Mieter iSv. § 307 BGB unangemessen benachteiligen und wäre somit insgesamt unwirksam mit der Folge, dass ein Aufrechnungsverbot nicht greifen würde.

BGH, Beschluss vom 27.09.2017 - XII ZR 54/16 -