Die Parteien streiten hier noch
um die Räumungspflicht nach Kündigung und Zahlung rückständigen Mietzinses. Die
Klägerin hatte von der Streithelferin der jetzigen Beklagten (und Vermieterin)
Gewerberäume angemietet, in denen es zu einem Wasserschaden kam. Nachdem weder
die Streithelferin noch die Beklagte bereit waren, den Wasserschaden zu beseitigen.
Stellte die Klägerin die Mietzahlungen für den Zeitraum August 2013 bis Februar
2014 ein und nahm die Reparaturen selbst vor. Dabei handelte es sich um einen
auf dem Fußboden verklebten Teppichboden,
eine Trockenbauwand und einem als Holzkonstruktion errichteten Barpodest. Die
Beklagte kündigte das Mietverhältnis und verlangte Zahlung, gegen die die
Klägerin Aufrechnung mit ihrem Schadensersatzanspruch erklärte.
Streitentscheidend war, ob es
sich bei den beschädigten Sachen um Mietsachen handele (so die Klägerin) oder
nicht. Das OLG stellte in seiner die Klage abweisenden und auf der auf Räumung
und Zahlung des Mietzinses gerichteten Widerklage des Beklagten stattgebenden
Entscheidung darauf ab, dass es sich nicht um Mietgegenstände handele, weshalb
die Klägerin für diese selbst verantwortlich sei. Dies ergäbe sich aus dem am
20.03.2009 zwischen der Klägerin und der Vormieterin abgeschlossenen
Kaufvertrag, wonach das gesamte „bewegliche und unbewegliche Inventar“ an die
Klägerin verkauft sei. Gegen die Behauptung der Klägerin, dass die bodenständig
verbundenen Gegenstände (wie die das Barpodest) nicht mit veräußert worden
wäre, spräche bereits die Höhe des vereinbarten Kaufpreises (der sich schlüssig
anders nicht erklären ließe) als auch der eindeutige Wortlaut des
Kaufvertrages. Den für den von der Klägerin benannten Zeugenbeweisantrag dazu,
welche Gegenstände mit der Formulierung im Kaufvertrag gemeint seien, ging das
OLG nicht nach.
Der BGH hob im Umfang der
Revision das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück. Das OLG
habe das rechtliche Gehör (Art. 103 GG) der Klägerin verletzt. Es habe seine
Überzeugung, dass insbesondere die Trockenbauwand und das Barpodest
vertragsgegenständlich seien, lediglich aus dem Begriff „unbewegliches Inventar“
in der Vertragsurkunde entnommen. Zwar obliege dem Tatrichter die Auslegung
einer Individualvereinbarung, wie sie hier vorläge, und der Wortlaut einer
Vereinbarung sei Ausgangspunkt für eine Auslegung. Allerdings gingen der
übereinstimmende Parteiwille dem Wortlaut und jeder anderen Interpretation vor,
auch dann, wenn dieser Wille in der Urkunde keine oder nur einen unvollkommenen
Ausdruck gefunden habe. Die Klägerin habe ihr abweichendes Verständnis des Inhalts
der Urkunde im Sinne eines gemeinschaftlichen Willens von ihr und dem Vormieter
unter Beweis gestellt. Damit hätte dem das OLG nachgehen müssen. Es sei nicht
auszuschließen, dass der angebotene Beweis zu einem anderen Verständnis der
Reichweite der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Vormieterin führe. Hätte
der Mieter (die Klägerin) die Gegenstände nicht vom Vormieter übernommen, hänge
es von der Auslegung des Mietvertrages zwischen der Klägerin und dem Vermieter
ab, ob die vom Vormieter zurückgelassenen Einrichtungsgegenstände als
Bestandteile der Mietsache mitvermietet worden seien. Sei dies der Fall (wovon
bei den mit der Mietsache fest verbundenen Einbauten mangels einer
anderweitigen Vereinbarung im Zweifel auszugehen sei), erstrecke sich die
Gebrauchsgewährungsverpflichtung des Vermieters nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB auch
auf diese.
Der von der Klägerin erklärten Aufrechnung
habe auch das im Mietvertrag enthaltene formularmäßige Aufrechnungsverbot nicht
entgegengestanden. Eine Klausel, die die Möglichkeit der Aufrechnung mit einer
unbestrittenen Forderung zusätzlich (wie hier) davon abhängig mache, dass sie
durch den Vermieter anerkannt werden müsse, würde den Mieter iSv. § 307 BGB
unangemessen benachteiligen und wäre somit insgesamt unwirksam mit der Folge,
dass ein Aufrechnungsverbot nicht greifen würde.
BGH, Beschluss vom 27.09.2017 - XII ZR 54/16 -