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Freitag, 26. Mai 2023

AGB-Kontrolle der Reservierungsgebühr zu Immobilienmaklerverträgen

Die Beklagte (Immobilienmaklerin) wies den Klägern ein Einfamilienhaus nach. Die Maklerprovision sollte nach dem Maklervertrag 6,69% des Kaufpreises betragen. Da die Kläger sich um die Finanzierung bemühen mussten, schlossen sie einige Monate später mit der Beklagten den von dieser vorgelegten Reservierungsvertrag, in dem es u.a. hieß, dass mit Zahlung einer Reservierungsgebühr (die bei kauf auf die Maklerprovision angerechnet werden sollte) von € 4.200,00 das Objekt exklusiv nur den Klägern angeboten und verkauft würde. Käme es während der Reservierungszeit nicht zu einem Kaufvertrag, hätten die Kläger keinen Erstattungsanspruch. Der Kaufvertrag wurde, da die Kläger keine Finanzierung erhielten, nicht abgeschlossen. Die Klage auf Rückzahlung der Reservierungsgebühr wurde vom Amtsgericht zurückgewiesen. Ihre Berufung blieb erfolglos. Auf die vom Landgericht (Berufungsgericht) zugelassene Revision wurden die Urteile vom BGH aufgehoben und der Klage stattgegeben.   

Das Landgericht ging von einer Wirksamkeit der Reservierungsvereinbarung aus. Eine Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB käme nicht in Betracht, da es sich bei der Vereinbarung nicht um eine Nebenabrede zum Maklervertrag handele, sondern um eine eigenständige Vereinbarung. Dem folgte der BGH nicht. Vielmehr sah der BGH den Reservierungsvertrag als unwirksam nach § 307 Abs. 1 S. 1 Abs. 2 Nr. 1 BGB an, weshalb die Reservierungsgebühr ohne Rechtsgrund geleistet worden sei und zurückzuzahlen sei, § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB.

Wie auch das Landgericht sah der BGH in dem Reservierungsvertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB), mithin um Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wurden und von der Beklagten den Klägern gestellt wurden. Zwar könne eine einseitige Vertragsgestaltungsfreiheit dann noch vorliegen (und gegen die Anwendbarkeit der Regelungen der §§ 305 ff BGB sprechen), wenn sich der Inhalt dieser vorformulierten Bestimmungen als Ergebnis einer freien Entscheidung des mit dem Vorschlag Konfrontierten darstelle, was aber voraussetze, dass der Konfrontierte, wenn er schon keine Möglichkeit hat, auf den Inhalt Einfluss zu nehmen, in der Auswahl der in Betracht kommenden Vertragstexte frei ist und insbesondere alternative Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit der Durchsetzung einbringen kann (BGH, Urteil vom 15.02.2017 - IV ZR 91/16 -); derartiges sei aber weder behauptet noch festgestellt worden.

Unzutreffend sei die Annahme des Landgerichts, bei dem Reservierungsvertrag würde es sich um eine vom Maklervertrag zu trennende eigenständige Vereinbarung handeln. § 307 Abs. 2 S. 1 BGB zur Inhaltskontrolle von Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen fände auf Abreden nicht Anwendung, die Art, Umfang und Güte der vertraglichen Hauptleistung und die hierfür vorgesehene Vergütung unmittelbar regeln (BGH, Urteil vom 05.10.2017 - III ZR 56/17 -); hier greife die Privatautonomie, derzufolge es den Vertragsparteien im Allgemeinen freigestellt sei, Leistung und Gegenleistung zu bestimmen. Dies gelte aber mir für Abreden, die den unmittelbaren Leistungsgegenstand betreffen, nicht für solche Regelungen, die die Leistungspflicht der Parteien einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren (BGH, Urteil vom 05.10.2017 aaO.). Pflichten die die Hauptleistungspflicht charakterisieren, seien durch Auslegung der Vereinbarung zu ermitteln. Anders als individuelle Vertragsbestimmungen seien Allgemeine Geschäftsbedingungen objektiv und ohne Berücksichtigung des Einzelfalls und des Willens der Parteien auszulegen, wobei besondere Bedeutung dem Wortlaut der Klausel und ihrem Verständnis des typischerweise beteiligten redlichen  Verkehrskreises unter Berücksichtigung von deren Interessen zukomme.

Danach könne der Reservierungsvertrag nicht als eine gegenüber dem Maklervertrag eigenständige Vereinbarung angesehen werden; er handele sich bei diesem um eine ergänzende Regelung zum Maklervertrag. Hauptleistung sei die Verschaffung der Möglichkeit des Abschlusses eines Kaufvertrages durch die Kläger. Dazu stelle sich die Reservierungsvereinbarung nur eine Nebenabrede dar. Deutlich würde dies schon an der Einleitung, in der die Parteien als „Makler“ und „Kaufinteressent“ bezeichnet würden; zudem würde festgehalten, dass der Kaufinteressent mit der Reservierungsgebühr eine bestimmte Leistung des Maklers (nämlich das exklusive Vorhalten der Immobilie) honoriere. Das wäre ohne einen Maklervertrag zwischen den Parteien nicht sinnvoll möglich. Zudem würde sich der Zusammenhang auch daraus ergeben, dass die Reservierungsgebühr auf die Maklerprovision angerechnet werden soll.

Dem würde nicht entgegen stehen, dass die Vereinbarungen in zwei Dokumenten aufgenommen seien. Auch der Umstand, dass die Reservierungsvereinbarung erst 13 Monate nach dem Maklervertrag abgeschlossen worden sei, stünde dem nicht entgegen. Eine andere Sichtweise würde es Maklern durch die Wahl der Vertragsgestaltung ermöglichen, sich der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle zu entziehen. Ebensowenig käme es darauf an, dass es der freien Entscheidung des Kaufinteressenten unterlag, die Reservierungsvereinbarung abzuschließen (sollte sich aus der Entscheidung BGH im Urteil vom 10.02.1988 - Iva ZR 268/86 - ein anderes Verständnis ergeben, würde daran nicht mehr festgehalten).

Nach § 207 Abs. 1 S. 1 BGB seien Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche Benachteiligung sei im Zweifel anzunehmen, wenn die Regelung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen würde, nicht zu vereinbaren sei oder wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus dem Vertrag ergeben, so einschränke. Dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet sei.

Eine unangemessene Benachteiligung läge vor, wenn der Verwender der AGB missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners versuche durchzusetzen, ohne auch die Belange des Vertragspartners hinreichend zu berücksichtigen. Zur Feststellung sei eine umfassende Würdigung des Vertrages erforderlich. Die Reservierungsvereinbarung stelle den Versuch der Beklagten dar, sich für den Fall des Scheiterns ihrer Vermittlungsbemühungen gleichwohl eine Vergütung zu sichern, ohne dass gewährleistet sei, dass sich für den Kunden nennenswerte Vorteile ergeben würden. Auch wenn die Beklagten ein gewisses Interesse daran haben konnten, dass die Klägerin das Objekt Dritten nicht anbietet, sei zu berücksichtigen, dass der Verkaufsinteressent nicht gebunden würde; er könne seine Verkaufsabsicht aufgeben oder das Objekt ohne die Beklagte an einen Dritten veräußern. Auch in diesen Fällen hätte die Kaufinteressenten einen nicht unerheblichen betrag zu zahlen, ohne Gewähr zu haben, dass sie das Objekt auch tatsächlich erwerben können. Zudem würde ein derartiges Entgelt regelmäßig geeignet sein, Einfluss auf die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit im Sinne einer Förderung des Kaufentschlusses zu nehmen, um nicht die bereist erfolgte Zahlung verfallen zu lassen. Auch erbringe die Beklaget keine relevante Gegenleitung; davon könne allenfalls gesprochen werden, wenn die Reservierungszeit so lang wäre, dass die Gefahr bestünde, dass das Objekt nicht mehr zu dem ins Auge gefassten Kaufpreis veräußert werden könnte, was bei einer Reservierungsdauer hier von einem Monat nicht der Falls sei. Hinzu käme hier zudem noch, dass nach der Vereinbarung die reservierungsgebühr auch dann nicht zurückgezahlt werden müsse, wenn nicht der Kaufinteressent das Nichtzustandekommen des Kaufvertrages zu vertreten habe, sondern die Beklagte oder ein Dritter.

Zudem würde der Reservierungsvertrag auch dem Leitbild der gesetzlichen Regelung widersprechen, da die Kaufinteressenten, da das Reservierungsgeld unabhängig davon geschuldet würde, ob sie die Immobilie erwerben oder nicht. Dies käme einer erfolgsunabhängigen (Teil-) Provision gleich, die nach allgemeiner Ansicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugunsten von Maklern unwirksam sei (BGH, Urteil vom 18.12.1974 - IV ZR 89/73 -).

Offen bleiben könne vor diesem Hintergrund der Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, ob der Reservierungsvertrag auch nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB (notarielle Beurkundung) formunwirksam und damit nach § 125 S. 1 BGB nichtig sei. 

BGH, Urteil vom 20.04.2023 - I ZR 113/22 -

Sonntag, 22. November 2020

Verbotene Doppeltätigkeit des Maklers bei Interessenskollision

Die Klägerin war Maklerin und schloss mit dem Beklagten einen Vertrag über die Vermittlung eines Grundstücks. Die Gespräche für die Verkäufer (die Eltern der Klägerin) wurden mit dem Beklagten durch den Ehemann der Klägerin geführt. Im notariellen Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und den Verkäufern wurde aufgenommen, dass der Vertrag durch die Klägerin vermittelt wurde und der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin eine Maklerprovision von 3,57% zu zahlen. Der Beklagte vertrat die Auffassung, der Vertrag sei wegen Doppeltätigkeit der Klägerin (d.h. für ihn du den Verkäufer) unwirksam, § 654 BGB.

Das Amtsgericht (AG) verwies darauf, dass eine Doppeltätigkeit nicht grundsätzlich ausgeschlossen sei, sondern nur dann, wenn dies vereinbart worden wäre oder sich aus den Vertragsumständen ergäbe. Verboten sei danach eine Doppeltätigkeit, wenn dies zu einer vertragswidrigen Interessenskollision führe. Dies sei nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei ein Zusammentreffen als Vermittlungsmakler für den Einen und als Nachweismakler für den Anderen nicht zwingend eine Interessenskollision begründen müsse.

Zwar würden sich nach Auffassung des Amtsgerichts durch die gleichzeitige Vertretung der Eltern der Klägerin Anhaltspunkte für einen möglichen Interessenskonflikt ergeben. Allerdings genüge die bloße Möglichkeit des Vorliegens nicht für die Annahme eines bereits eingetretenen Interessenskonflikts (wobei auch unklar sei, ob überhaupt eine Doppeltätigkeit hinsichtlich der Vermittlung vorläge, insoweit nicht die Klägerin für ihre Eltern verhandelte, sondern ihr Ehemann). Soweit die Klägerin behauptet, dass ihr Verwandtschaftsverhältnis zu den Verkäufern dem Beklagten bekannt gewesen sei, würde dies auch gegen die verbotene Doppeltätigkeit sprechen, was aber hier im Rahmen des Urkundenverfahrens nicht geklärt werden könne und worauf es auch für dieses Verfahren nicht ankäme. 

Das Amtsgericht sprach der Klägerin (im Urkundenprozess) die Forderung zu.

AG Königswinter, Urteil vom 24.07.2020 - 2 C 60/19 -