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Samstag, 4. Mai 2024

Haftung bei Ölaustritt während des Befüllvorgangs

Die Klägerin begehrte Restzahlung aus einer Heizöllieferung, der Beklagte widerklagend Schadensersatz, da Öl während des Befüllvorgangs auf sein Grundstück austrat und Schäden verursachte. Nach der Beweisaufnahme stellte das Landgericht fest, dass der Fahrer des Tankwagens den Grenzwertgeber ordnungsgemäß angeschlossen hatte, allerdings war die Füllstandsanzeige am Heizöltank des Beklagten defekt gewesen (was für den Fahrer des Tankwagens nicht erkennbar war). Das Landgericht gab der Klage unter Abweisung der Widerklage statt. Die dagegen vom Beklagten eingelegte Berufung wurde vom Oberlandesgericht (OLG ) zurückgewiesen.

Für eine Haftung der Klägerin nach § 7 Abs. 1 StVG müsste ein Rechtsgut „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ verletzt bzw.  beschädigt worden sein. Dies sei dann der Fall, wenn sich in dem Schaden die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt hätten, also bei wertender Betrachtung durch das Kraftfahrzeug (mit-) geprägt worden sei. Es käme daher für die Zurechnung der Betriebsgefahr maßgeblich auf einen nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang des Unfalls mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges an. Bei einem Kraftfahrzeug mit Arbeitsfunktion sei erforderlich, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung desselben als eine der Fortbewegung und dem Transport dienende Maschine (§ 1 Abs. 2 StVG) bestünde. Bei dem Schaden müsse es sich um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handeln, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden solle.

Damit würde eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfallen, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Fahrzeugs keine Rolle mehr spiele und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt würde, oder wenn es sich um Schäden handeln würde, in denen sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht habe (BGH, Urteil vom 08.12.2015 - VI ZR 139/15 -).

Die zweite Alternative nahm das OLG vorliegend an: Nicht eine vom Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr habe sich ausgewirkt, sondern ein gegenüber der Betriebsgefahr des Fahrzeugs eigenständiger Gefahrenkreis. Es würde sich hier nicht um einen Fehler am Fahrzeug bzw. dessen Einrichtung (z.B. Undichtigkeit des Verbindungsschlauchs) gehen, da das Fahrzeug technisch einwandfrei gewesen sei. Es könne auf sich beruhen, ob der Schaden durch die (unstreitig) defekte Füllstandsanzeige und/oder den Grenzwertgeber verursacht worden sei, da beides keine Einrichtungen des Tankwagens darstellen würden, auf die sich einzig die Gefährdungshaftung bezöge (also keine fahrzeugspezifische Gefahr im Rahmen des Entladevorgangs).

Es würde sich hier auch nicht um eine Auswirkung einer Gefahr handeln, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn und Zweck der Haftungsvorschrift des § 7 StVG schadlos gehalten werden solle. Dabei käme auch nicht die Rechtsprechung des BGH im Urteil vom 08.12.2015 - VI ZR 139/15 - zum Tragen, wonach eine Auswirkung auch dann vorliegen könne, wenn es vom Zufall abhängen, ob der Verkehrsraum, andere Verkehrsteilnehmer oder das Hausgrundstück geschädigt würden, da es hier gerade nicht von einem Zufall abhängig gewesen wäre, wo der Schaden eintrat. Die Schadensursache habe am bzw. im Öltank des Beklagten und nicht am Tankwagen und seiner Einrichtung gelegen, weshalb der Schaden nur auf dem Hausgrundstück des Beklagten habe eintreten können; ein solches Ereignis läge nicht in dem Gefahrenbereich, für den der Verkehr nach § 7 StVG schadlos gehalten werden solle.

OLG Celle, Urteil vom 15.11.2023 - 14 U 56/23 -