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Freitag, 18. November 2022

Schönheitsreparaturen als fiktiver Schadensersatz im Mietrecht

Der Beklagte war nach dem Mietvertrag zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet. Er wurde nach Beendigung des Mietverhältnisses von dem klagendenden Vermieter auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags deshalb auf Schadensersatz verklagt, nachdem er zuvor von dem Kläger unter Fristsetzung unter Darlegung näher bezeichneter Schönheitsreparaturen zur Durchführung derselben aufgefordert wurde. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten wurde vom Landgericht zurückgewiesen. In Bezug auf die Zuerkennung fiktiven Schadensersatzes ließ das Landgericht die Revision zu, die vom Beklagten eingelegt wurde. Nach seinem Hinweisbeschluss beabsichtigte der BGH diese zurückzuweisen; die Revision wurde daraufhin zurückgenommen.

Die Beschränkung der Zulassung der Revision, so der BGH, sei hier statthaft, da bei einem nach Grund und Höhe streitigen Anspruch die Zulassung auch auf den Streit über die Höhe beschränkt werden könne. Es handele sich dabei um einen selbständigen teil des Streitstoffs, da dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Streitstoff (dem Anspruchsgrund, hier die Frage, ob eine Pflicht zur Schönheitsrenovierung bestand) beurteilt würde und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zu dem nicht anfechtbaren teil des Streitstoffs auftrete.

Soweit der VII. Zivilsenat des BGH in seinem Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17 -) im Rahmen des Werkvertragsrechts eine Bemessung des Schadens anhand von fiktiven Mängelbeseitigungskosten im Rahmen des Schadensersatzanspruchs statt der Leistung gem. § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 Abs. 1 BGB verneinte, sei dies einzig auf den Besonderheiten des Werkvertragsrechts, insbesondere dem Vorschussanspruch des Bestellers gem. § 637 Abs. 3 BGB zurückzuführen (BGH, Beschluss vom 08.10.2020 - VII ARZ 1/20 -), was auf andere Rechtsverhältnisse nicht übertragbar sei (so z.B. BGH, Urteil vom 31.03.2021 - XII ZR 42/20 -) und sollen es auch nicht sein (BGH, Beschluss vom 08.10.2020 - VII ARZ 1/20 -).

Zwar gäbe es (anders als im Kaufrecht) im Mietrecht einen mit § 637 Abs. 3 BGB vergleichbaren Anspruch auf Vorschuss für eine beabsichtigte Selbstvornahme. Nach § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB bestünde ein Vorschussanspruch des Mieters bei Mängelbeseitigungen (so BGH, Urteil vom 08.07.2020 - VIII ZR 163/18 -) und könne auch der Vermieter vom Mieter einen Vorschuss in dem Fall verlangen, dass sich der Mieter mit den Schönheitsreparaturen in Verzug befände (BGH, Urteil vom 15.03.2006 - VIII ZR 123/05 -). Um derartige Ansprüche würde es hier aber nicht gehen, da das Mietverhältnis beendet sei (BGH, Urteil vom 31.03.2021 - XII ZR 42/20 -).

Das Berufungsgericht habe zutreffend den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen der nicht vorgenommenen Schönheitsreparaturen gem. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB, § 281 Abs. 1 BGB anhand der sogenannten fiktiven Mängelbeseitigungskosten (hier: auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags) bemessen können. Bei den abgerechneten fiktiven Kosten handele es sich um Schönheitsreparaturen im Sinne der auch für den preisfreien Wohnraum maßgeblichen Definition in § 28 Abs. 4 S. 3 der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV).

Das Bestreiten der zugrunde gelegten Größen der Wandflächen sei vom Beklagten unzulässig pauschal erfolgt. Der Beklagte habe dort zehn Jahre gewohnt, weshalb er Kenntnisse habe und ihm daher ein pauschales Bestreiten verwehrt sei, § 138 Abs. 1m 2 ZPO. Zudem habe der vom Gericht hinzugezogene Sachverständige die im Kostenvoranschlag in Ansatz gebrachten Mengen anhand einer unstreitigen Wohnfläche von 70 qm nachvollziehen können.

 BGH, Hinweisbeschluss vom 10.05.2022 - VIII ZR 277/20 -