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Freitag, 13. September 2019

Klagebefugnis des Wohnungseigentümers zur Umsetzung von Beschlüssen


Die Wohnungseigentümergemeinschaft, der die Kläger angehörten, hatte in der Eigentümerversammlung vom 14.12.2015 beschlossen, der Beklagte als Verwalter solle im Auftrag der Eigentümergemeinschaft Klage gegen die frühere Verwalterin auf Neuerstellung der Jahresabrechnungen 2009 bis 2012 erheben. Der Beklagte setzte dies aber nicht um. Daraufhin haben die Kläger (nach vorangegangener anwaltlicher Mahnung) mit am 19.07.2016 bei Gericht eingegangener und am 22.07.2016 dem Beklagten zugestellter Klage beantragt, den Beklagten zur Beauftragung eines Anwalts zu verpflichten, der für die Gemeinschaft Klage mit dem Ziel der Erstellung der Einzel- und Gesamtjahresabrechnungen 2009 bis 2012 erhebt. Am Tag vor Zustellung der Klage (also am 21.07.2016) gegen den Beklagten bei diesem fasste allerdings die Eigentümergemeinschaft den (in der Folge von den Klägern angefochtenen) Beschluss, nach dem unter Aufhebung des Beschlusses vom 14.12.2015, der alten verwalterin eine Frist zur Abrechnung gesetzt werden sollte und für den Fall des fruchtlosen Ablaufs der Frist eine Ersatzvornahme angedroht werden sollte.

Auf die Anfechtungsklage gegen den Beschluss vom 21.07.2016 wurde dieser mit Urteil vom 09.01.2017 für ungültig erklärt. Sodann hatte das Amtsgericht der gegen den Beklagten gerichteten Klage stattgegeben. Nachdem nunmehr auf Veranlassung des Beklagten die erstrebte Klage gegen die frühere Verwalterin erhoben wurde, erklärten die Kläger (im Berufungsverfahren) die Hauptsache für erledigt. Der Beklagte widersprach dem. Das Landgericht erlegte dem Kläger mit dem mit der (zugelassenen) Revision angefochtenen Urteil die Kosten auf. Die Revision wurde zurückgewiesen.

Die einseitige Erledigungserklärung der klagenden Partei führt dazu, dass das Gericht nicht im beschlussweg gem. § 91 a ZPO über di Kosten entscheiden kann, sondern durch Urteil darüber zu entscheiden hat, ob sich die Hauptsache erledigt hat oder nicht. Die Erledigung sei vom Berufungsgericht vorliegend unter Auferlegung der Kosten auf den Beklagten zu Recht angenommen worden.

Entscheidend war hier, dass ein einzelner Wohnungseigentümer vom Verwalter nach Auffassung des BGH die Umsetzung eines Beschlusses verlangen kann. Der Verwalter habe gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG eine gesetzliche Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen, Dies resultiere aus dem Anspruch jeden Wohnungseigentümers, und diese Pflicht könne jeder Wohnungseigentümer gerichtlich gegen den Verwalter geltend machen.

Der Annahme, die Klage sei ursprünglich zulässig und begründet gewesen, würde hier der Beschluss vom 21.07.2017 nicht entgegenstehen. Zwar sei dieser Beschluss über eine abweichende Vorgehensweise gegen die frühere Verwalterin verbindlich gewesen, da eine Beschlussanfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung begründe, § 23 Abs. 4 S. 2 BGB. Allerdings wäre ausreichend, wenn zwar die Klage bei Erhebung der Klage nicht zulässig und begründet sei, aber zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses (BGH, Urteil vom 06.12.1984 - VII ZR 64/84 -). Dies sei vorliegend der Fall: Das erledigende Ereignis läge in der Umsetzung des Beschlusses vom 14.12.2015 durch den beklagten. Diese Pflicht sei mit Rechtskraft des den Beschluss vom 21.07.2016 für ungültig erklärenden Urteils wieder aufgelebt.  

Praxishinweis: Wird ein Beschluss, dessen Umsetzung ein Wohnungseigentümer gerichtlich geltend macht, vor Zustellung der Klage aufgehoben, kann der Wohnungseigentümer die Klage mit Verweis auf § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO („Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.“) die Klage zurücknehmen und ebenso wie bei einer Erledigung des Hauptsache nach Rechtshängigkeit (§ 91a ZPO) die Kostentragung der Beklagtenseite begehren.  

BGH, Urteil vom 15.02.2019 - V ZR 71/18 -

Sonntag, 27. Mai 2018

Verwirkung des Klagerechts gegen eine Baugenehmigung


Die Antragsteller erhoben im Juni 2017 Klage gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verbunden mit dem Eilantrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung. Zugrunde lag dem eine dem beigeladenen am 10.03.2014 erteilte Baugenehmigung um Erweiterung seines Betriebs um einen Schweinemaststall mit 1440 Mastschweinen; mit dem Bau begann der Beigeladene im März 2017. Das Verwaltungsgericht wies den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wegen Verwirkung des Klagerechts zurück; die dagegen von den Antragstellern eingelegte Beschwerde wurde vom OVG zurückgewiesen.

Die Verwirkung eines materiellen Abwehranspruchs setze, so das OVG, einen längeren Zeitraum voraus, währenddessen die Möglichkeit zur Klageerhebung bestanden hätte und dies dem Berechtigten bewusst gewesen sei.  Der positiven Kenntnis würde es gleich stehen, wenn der Berechtigte von ihm belastenden Maßnahmen zuverlässig Kenntnis haben müsste, so dass sie sich ihm aufdrängen müssten und es ihm möglich und zumutbar gewesen wäre, sich letzte Gewissheit hätte verschaffen können. Eine danach verspätete Klageerhebung würde gegen Treu und Glauben verstoßen, da der Berechtigte trotz ihm bekannter Umstände oder ihm zurechenbarer Möglichkeit zur Kenntniserlangung erst zu einem Zeitpunkt Klage erheben würde, zu dem der von der Baugenehmigung Begünstigte und die zuständige Behörde nicht mehr mit einer Klageerhebung rechnen müssten.

Vorliegend hätten die Antragsteller spätestens im Herbst 2015 zuverlässig Kenntnis von der Erteilung einer Baugenehmigung für den Beigeladenen erlangen können und müssen. Aus einem von ihnen selbst im Zusammenhang mit einem  eigenen Bauantrag beauftragten Gutachten vom 26.10.2015 hätten sie jedenfalls Kenntnis von einem geplanten Vorhaben des Beigeladenen nehmen können. Dieses Gutachten sei von ihnen für eine Sicherstellung der Genehmigungsfähigkeit des eigenen Vorhabens eingeholt worden. Denn nach den dortigen Grundlagen war das Vorhaben des beigeladenen als Vorbelastung im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen, wobei sich auch ergab, dass in dem Gutachten nicht vom beigeladenen benannte Daten, sondern Daten der Baugenehmigungsbehörde verarbeitet worden seien.  Selbst wenn man unter diesen Umständen annehmen wolle, dass die Antragsteller keine Kenntnis hatten, hätte sich ihnen deren Existenz in Ansehung der im Gutachten benannten exakten Tierplatzzahlen mit Zuordnung zu drei Geruchsquellen (von denen 2015 erst zwei existiert hätten) förmlich aufdrängen müssen. Jedenfalls hätte sie bei dieser Sachlage selbst aktiv werden müssen und sich über die rechtliche Situation informieren müssen, da die Angaben im Gutachten offensichtlich nicht nur den Ist-Bestand wiederspiegelt hätten.

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.12.2017 - 2 B 1483/17 -