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Montag, 18. November 2019

Kündigung im zeitlichen Zusammenhang mit Krankheit und Entgeltfortzahlung über das Kündigungsende hinaus


Die Klägerin eine Krankenkasse, klagte aus übergegangenen Recht (§ 115 SGB X) gegen den Arbeitgeber (AG) ihres Mitglieds auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. §§ 3 und 8 EFZG für den Zeitraum 10.03. – 18.04.2018. Das Mitglied war seit dem 08.02.2018 bei dem Arbeitgeber tätig gewesen und ab dem 12.02.2018 arbeitsunfähig erkrankt. Trotzdem versuchte sie noch am 14. und 15.02.2018 zu arbeiten, da der AG eine Kündigung avisiert habe, wenn es in der Einarbeitungsphase krankheitsbedingt nicht arbeite. Am 23.02.2018 kündigte der AG das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 09.03.2019 innerhalb der Probezeit.

Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin war erfolgreich.

Grundsätzlich hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit im Krankheitsfall durch den AG für die Dauer von sechs Wochen, § 3 EFZG. Die Voraussetzung, dass eine Wartezeit von vier Wochen nach Arbeitsbeginn erfüllt sein müsse (§ 3 Abs. 3 EFZG) war zum Zeitpunkt des Kündigungstermins gegeben. Der Entgeltfortzahlungsanspruch endet grundsätzlich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 8 Abs. 2 EFZG); dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn der AG das Arbeitsverhältnis wegen der Erkrankung kündigt (§ 8 Abs. 1 S. 1 EFZG).

Eine Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit läge vor, so das LAG, wenn diese wesentliche Bedingung derselben sei, wobei es auf die objektive Ursache, nicht auf das Motiv ankäme. Entscheidend sei, ob die Arbeitsunfähigkeit wesentlicher Anstoß für die Kündigung ist. Darlegungs- und beweisbelastet dafür sei der Arbeitnehmer, bei dem Fall des Forderungsübergangs hier die Krankenkasse. Allerdings käme dem Gekündigten (und damit auch der Krankenkasse) der Anscheinsbeweis zu Gute, wenn die Kündigung in zeitlich engem Zusammenhang mit dem zeitlichen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erfolge (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.03.2006 - 5 AZR 2/01 -); ausreichend sei, wenn zwar die Arbeitsunfähigkeit nicht alleiniger Grund, aber Anlass für den Ausspruch der Kündigung ist. Dieser Anscheinsbeweis wäre vom AG zu erschüttern.  Diese Voraussetzungen sah das LAG als gegeben an.

Der Anscheinsbeweis sei gegeben, da ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Anzeige der Arbeitsunfähigkeit und dem Ausspruch der Kündigung bestanden habe. Bekräftigt würde der Anscheinsbeweis auch dadurch, dass die vierwöchige Wartefrist des § 3 Abs. 3 EFZG am 09.03.2018 geendet habe, mithin der AG ab dem 10.03.2018 zur Entgeltfortzahlung verpflichtet gewesen wäre.

Der Anscheinsbeweis sei vom AG nicht entkräftet worden. Er habe zwar darauf verwiesen, dass das Mitglied der Klägerin nicht an einer „Initialschulung“ nicht habe teilnehmen können, die Voraussetzung für die vorgesehene Tätigkeit sei und für ihn die Ursache der Nichtteilnahme irrelevant gewesen sei. Da es aber auf das objektive Motiv der Kündigung nicht ankäme verbliebe es dabei, dass die Arbeitsunfähigkeit und die Nichtteilnahme Anlass für die Kündigung gewesen seien. Damit aber würde der über das Vertragsende hinausgehende Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 8 Abs. 1 S. 1 EFZG greifen mit der Folge, dass der AG für den sechswöchigen Zeitraum ab Ablauf der Wartefrist von vier Wochen gem. § 3 Abs. 3 EFZG (hier also für die Zeit vom 10.03. bis 18.04.2018) das Entgelt trotz am 09.03.2018 beendeten Arbeitsverhältnisses weiter zahlen müsse.

LAG Nürnberg, Urteil vom 04.07.2019 - 5 Sa 115/19 -