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Montag, 1. Juli 2019

Verkehrssicherungspflicht und Stolperfalle Baumscheibe/-gitter


Die Klägerin stürzte im Bereich eines im Innenhof einer Wohnanlage befindlichen Baumgitters, welches sich deutlich von der umliegenden Pflasterung abhob. On der Mitte des Gitters war jedoch kein Baum; diese war, was nicht erkennbar war, nicht mit Erde ausgefüllt und wies zwischen Gitter und Erde eine Differenz von 10cm auf, weshalb die Klägerin stürzte.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Das OLG sah eine Haftung dem Grunde nach von 50% als gegeben an.  

Richtig habe allerdings das Landgericht die allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen für die Begründung einer Verkehrssicherungspflicht und die im öffentlichen Straßenverkehr zu erwartenden Sicherungserwartungen von Fußgängern dargelegt. Allerdings würden diese Sicherungserwartungen grundsätzlich nur für Unebenheiten auf den eigentlichen Laufflächen von Gehwegen mit einheitlicher und durchgehender Pflasterung (OLG Hamm, Urteil vom 15.12.1999 - 11 U 101/00 -).  Die zum Schutz oder zur Bewässerung eines Baumes eine vom Gehwegbelag sich optische deutlich unterscheidbare Baumscheibe eingebracht, diene diese erkennbar nicht als Gehfläche für Fußgänger, auch wenn im Hinblick darauf zwei entgegenkommende Fußgänger nicht aneinander vorbei kommen würden. Damit würde ein Fußgänger, der doch über eine entsprechende Baumscheibe geht und wegen des Niveauunterschieds zwischen Pflasterung und Baumscheibe zu Fall kommt, regelmäßig auf eigene Gefahr handeln (Saarl. OLG, Urteil vom 14.01.2016 - 4 U 49/15 -).

Vorliegend unterscheide sich der Vorgang aber dadurch, dass die Klägerin nicht im Bereich Gehweg / Baumgitter wegen eines dortigen Niveauunterschieds gefallen, sondern wegen eines von ihr nicht mehr zu erwartenden Nieveauunterschieds zwischen dem Metallgitter und dem unverfüllten Erdloch in dessen Mitte, welches sich nach der Entfernung des Baums ausweislich von Lichtbildern den Eindruck einer einheitlich begehbaren Fläche gemacht habe. Die Warnfunktion durch einen Bau, der erkennbar mache, dass der Fußgänger rund um den Baum herum nicht mit einer durchweg sicheren Verkehrsfläche rechnen könne, sei entfallen. Allerdings läge, da der Unterscheid zwischen Gehwegbelag und Baumscheibe deutlich sei, eine Mithaftung der Geschädigten in Höhe von 50% vor, § 254 BGB.

Es erscheint allerdings nicht nachvollziehbar, weshalb bei einem Sturz bei Betreten der Baumscheibe durch einen Niveauunterschied zum Pflaster, auch wenn ein Baum dort nicht stehen  sollte, eine Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen nicht bestehen soll, sie aber nach einem gleichwohl erfolgten Betreten der Baumscheibe wegen einer (evtl. nicht erkennbaren)  Vertiefung in der Mitte (Erdloch) wieder aufleben soll und nur noch ein Mitverschulden bestehen soll, welches hier   gerade aus dem Bereich stammt, der im Falle eines Sturzes bei Betreten der Scheibe sogar einen Haftungsausschluss des Verkehrssicherungspflichtigen (in Ansehung der Sichtbarkeit der Scheibe als für eine Begehung durch Fußgänger nicht geeignet) begründe.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.02.2019 - 7 U 128/18 -