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Sonntag, 16. Juli 2023

Erfüllungseinwand trotz Zahlung unter Vorbehalt der Rückforderung ?

Problemkreise: Zahlung des Haftpflichtversicherers für beklagten Schädiger an Gläubiger  „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz dem Grunde und der Höhe nach sowie mit dem Vorbehalt der Verrechnung bzw. Rückforderung“; erfolgte die Zahlung mit Erfüllungswirkung ? Negative Feststellungsklage zum Rückforderungsvorbehalt: Begründetheit der Klage gegen den Versicherungsnehmer und Zulässigkeit der Klage gegen den Versicherungsnehmer (sogen. doppelrelevante Tatsache).

Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenversicherung, machte Regressansprüche gegen den Beklagten Schuldner aufgrund eines Schadens ihres Versicherten gemäß § 116 SGB X geltend. Im Berufungsverfahren war nur noch der vom Landgericht abgewiesene Klageantrag zu 2.  Streitgegenständlich, mit dem die Klägerin festgestellt wissen wollte, dass ein Rückforderungsanspruch des Beklagten im Hinblick auf eine von dessen Haftpflichtversicherung geleistete Zahlung auf den geltend gemachten Schaden nicht bestünde. Hintergrund war, dass der Haftpflichtversicherer im Rahmen der erfolgten Zahlung erklärte, dass die Zahlung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz dem Grunde und der Höhe nach sowie mit dem Vorbehalt der Verrechnung bzw. Rückforderung“ erfolge. Das Landgericht wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin hin änderte das Oberlandesgericht (OLG) dahingehend ab, dass die Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen würde, dass der Klageantrag zu 2. Unzulässig sei.

1. Zunächst musste sich das OLG damit auseinandersetzen, dass die Zahlung wie auch der Rückforderungsvorbehalt nicht vom Beklagten erfolgten, sondern von dessen Haftpflichtversicherer.

Zwar bestünde zwischen dem Beklagten und der Klägerin ein Rechtsverhältnis, da der Beklagte Schuldner der Schadensersatzforderung des Versicherten der Klägerin sei und diese Forderung im Hinblick auf die von der Klägerin erbrachten Leistungen auf die Klägerin gem. § 116 SGB X übergegangen sei. Sollet der Beklagte die Forderung zurückverlangen, würde auch bei der Klägerin ein Vermögensschaden in dieser Höhe eintreten.

Allerdings fehle es der Klägerin hier an einem Feststellungsinteresse gegenüber dem Beklagten, welches bei der negativen Feststellungsklage (wie hier) erfordere, dass sich der Beklagte der entsprechenden (Rück-) Forderung berühmen würde (diese also für sich beanspruche).  Fehle es daran sei die negative Feststellungsklage unzulässig. Vorliegend aber habe die Klägerin selbst nicht geltend gemacht, dass der Beklagte sich der Forderung berühmen würde, vielmehr vorgetragen, dass sie befürchte, dessen Haftpflichtversicherung könne die Zahlung zurückfordern.

2. Nur dann, wenn die Zahlung keine Erfüllung bewirke, käme ein rechtlich anerkanntes Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO an der begehrten Feststellung der Nichtberechtigung zur Rückforderung in Betracht, da damit klargestellt würde, ob der von ihr geltend gemachte Anspruch durch Erfüllung erloschen sei.

Der erklärte Vorbehalt würde hier der Erfüllungswirkung nicht entgegenstehen. Zu unterscheiden sei:

Wolle der Schuldner lediglich dem Verständnis seiner Leistung als Anerkenntnis (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB) entgegentreten und die Wirkung des § 814 BGB (keine Rückforderung bei Zahlung in Kenntnis der Nichtschuld) ausschließen und sich mithin die Möglichkeit der Rückforderung nach § 812 BGB offenhalten, so würde dies der Erfüllung nicht entgegenstehen (BGH, Urteil vom 24.11.2006 - LwZR 6/06 -); der Gläubiger habe nur einen Anspruch auf Erfüllung, nicht auf ein Anerkenntnis des Bestehens der Forderung. 

Leiste der Schuldner in der Weise unter Vorbehalt, dass den Leistungsempfänger in einem späteren Rückforderungsrechtsstreit auch die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs treffen solle, läge keine Erfüllung vor. Dies ist vor allem anzunehmen, wenn der Schuldner während eines Rechtsstreits zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zahle und den Prozess gleichwohl fortsetzt, ferner dann, wenn er vorgerichtlich leistet, dies aber nur zur Abwendung eines empfindlichen Übels oder unter der Voraussetzung leiste, dass die Forderung zu Recht bestünde (BGH aaO).  In diesen Fällen bestünde ein rechtliches Interesse an der negativen Feststellungsklage (OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.08.2003 - 3 U 109/03 -).

Der erklärte Vorbehalt sei nach §§ 133, 157 BGB auszulegen. Im Zweifel sei davon auszugehen, dass ein erfüllungsgeeigneter Vorbehalt gewollt sei, da dieser den Gläubiger auch zur Annahme der Leistung zwinge (Erman BGB, 16. Aufl. § 362 Rn. 13 mwN.).

Das Schreiben der Haftpflichtversicherung des Beklagten führe zum Ergebnis, dass dieses der ersten Fallgruppe unterfalle. Mit der Formulierung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ würde klargestellt, dass die Zahlung kein Anerkenntnis, auf welches die beklagte auch keinen Anspruch habe, darstelle. Gleiches gelte für die Formulierung „dem Grunde und der Höhe nach“. Ersichtlich habe der Haftpflichtversicherer die Anerkenntniswirkung des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB sowie den Rückforderungsausschluss gem. § 814 BGB vermeiden wollen, was zulässig sei. Es könne aus der Formulierung nicht geschlossen werden, dass die Beweislast für den Bestand der Forderung der Klägerin aufgebürdet bleiben sollte. Ausgeschlossen würden im Falle einer Rückforderung nur die Einwendungen des Anerkenntnisses und das Wissen des fehlenden Rechtsgrundes, während die Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf den mangelnden Bestand der Forderung bei dem Schuldner verbliebe. Damit würde es vorliegend am Feststellungsinteresse der Klägerin ermangeln.

3. Weiterhin setzte sich das OLG damit auseinander, ob ein Feststellungsinteresse dann anzunehmen wäre, wenn man entgegen dem obigen Ergebnis eine Erfüllungswirkung verneinen und deshalb ein Feststellungsinteresse insoweit bejahen würde. Auch in diesem Fall würde ein Feststellungsinteresse der Beklagten hier nicht bestehen können, da der Beklagte für einen Rückforderungsanspruch nicht aktivlegitimiert wäre und deshalb ein Feststellungsurteil nicht geeignet sei, eine Rechtsunsicherheit und Gefahr der Rückforderung zu beseitigen.

Der Rückforderungsanspruch würde entgegen der von der Klägerin vertretenen Rechtsansicht nicht dem Beklagten, sondern dessen Haftpflichtversicherer zustehen, der die Zahlung aufgrund des Versicherungsverhältnisses mit dem Beklagten an die Klägerin erbracht habe. Es handele sich vorliegend nicht um die Leistung des Beklagten mittels der Haftpflichtversicherung als Dritter (wie in den Anweisungsfällen), sondern um die Zahlung der Haftpflichtversicherung an den Gläubiger des Versicherungsnehmers als Dritte gem. § 267 BGB. In dieser Konstellation stünde der Haftpflichtversicherung als leistende Dritte der Kondiktionsanspruch zu. Leiste der Haftpflichtversicherer die Entschädigung an den Gläubiger seines Versicherungsnehmers, um dessen Verpflichtung zu erfüllen, könne er seine Leistung auch bei dem Gläubiger kondizieren, wenn diesem in Wahrheit kein Anspruch zustünde (BGH, Urteil vom 28.11.1990 - XII ZR 130/89 -; BGH, Urteil vom 29.02.2000 - VI ZR 47/99 -).

Es sei davon auszugehen, dass - wie regelmäßig - der Beklagte als Versicherungsnehmer den Versicherungsfall seiner Haftpflichtversicherung gemeldet hab, damit diese etwaige berechtigte Ansprüche des Verletzten aufgrund Versicherungsvertrages für ihn erfüllt (Anm.: Nach den Versicherungsbedingungen obliegt regelmäßig dem Haftpflichtversicherer die  Erfüllung berechtigter bzw. die Abwehr nichtberechtigter Forderungen auf eigene Kosten). In der Schadensanzeige läge keine Anweisung, nicht einmal im weitesten Sinne eine Weisung, die dem Versicherungsnehmer auch nicht zustünde und an die auch der Versicherer nicht zu befolgen bräuchte. Der Versicherer prüfe neben dem Deckungsverhältnis (also Anspruch des Versicherungsnehmers aus einem Versicherungsvertrag gegen ihn) auch die Berechtigung des gegen den Versicherungsnehmer geltend gemachten Anspruch. Erst bei positiver Feststellung eines Anspruchs des Gläubigers erfolge Zahlung auf die Schuld des Versicherungsnehmers (BGH, Urteil vom 28.11.1990 - XII ZR 130/89 -).

Gläubiger eines Rückforderungsanspruchs, dessen Nichtbestehen die Klägerin festgestellt wissen will, wäre mithin die Haftpflichtversicherung und nicht der Beklagte. Damit sei die Klage gegen den Beklagten (auch) unbegründet.

4. Bei der Frage der Anspruchsinhaberschaft handele es sich um eine sog. doppelrelevante Tatsache, dessen Fehlen sowohl die Zulässigkeit in Form des Feststellungsinteresses als auch die Begründetheit der Feststellungsklage betreffe. Die doppelrelevante Tatsache müsse schlüssig vorgetragen werden, mithin das Vorbringen in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sein, die gewünschte Rechtsfolge herbeizuführen. Der Vortrag der Klägerin, der Beklagte sei aufgrund der Zahlung seines Haftpflichtversicherers Inhaber eines etwaigen Rückforderungsanspruchs und deshalb ein Feststellungsinteresse am Nichtbestehen eines Rückforderungsanspruch bestünde, sei aber unschlüssig. Die doppelrelevante Tatsache sei aber nicht nur zur Begründetheit sondern auch zur Zulässigkeit relevant.

Das Feststellungsinteresse fehle, da das angestrebte Urteil nicht geeignet sei, die Gefahr einer Rückforderung und die Unsicherheit der Rechtsposition der Klägerin zu beseitigen, da der Beklagte nicht Inhaber eines etwaigen Rückforderungsanspruchs sei (s.o. 2.). Mit einem Urteil könne nur festgestellt werden, dass nicht der Beklagte zur Rückforderung berechtigt sei, was aber keine Auswirkungen auf das Verhältnis der Klägerin zu der Haftpflichtversicherung habe, da die Rechtskraft des Urteils nur zwischen den Parteien des Rechtsstreits (inter pares) wirke. Da damit mit der begehrten Feststellung die Rechtsunsicherheit nicht beseitigt werden könne, fehle es an dem Feststellungsinteresse und damit zur Zulässigkeit der Feststellungsklage.

OLG Frankfurt, Urteil vom 24.02.2023 - 4 U 155/22 -

Donnerstag, 21. März 2019

WEG: Keine nachträgliche Änderung der Gläubigerbezeichnung durch Änderung der Rechtslage


Für die (damaligen) Mitglieder eine Wohnungseigentümergemeinschaft wurde mit notariellem Protokoll ein Schuldanerkenntnis protokolliert und eine Sicherungshypothek im Grundbuch gewahrt. Nach Anerkennung der (Teil-) Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft beantragte diese eine Berichtigung der Gläubigerbezeichnung auf sich. Der Antrag wurde zurückgewiesen; die dagegen eingelegte Beschwerde wies das Kammergericht (KG) zurück.

Die Eintragung, so das KG, erfolge auf Antrag, § 13 Abs. 1 S. 1 GBO, wenn das Recht von dem betroffen sei, der die Eintragung bewilligt, § 19 GBO. Einer Bewilligung zur Berichtigung bedürfe es dann nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen sei. Dieser Nachweis sei nicht erbracht worden.

Zwar habe der BGH die (Teil-) Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft mit seinem Beschluss vom 02.06.2005 - V ZB 32/05 -  anerkannt und der Gesetzgeber dies auch nachvollzogen (§§ 10, Abs. 6 – 8, 27  Abs. 3 WEG), doch würde dies an der rechtlichen Zuordnung eines für die Wohnungseigentümer eingetragenen Verfügungsverbotes im Grundbuch nichts ändern. Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft sei nichtumfassend, sondern auf Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt, bei denen diese im Rahmender Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsleben teilnehme (BGH, Urteil vom 18.03.2016 - 5 ZR 75/15 -), weshalb keine Identität der Wohnungseigentümergemeinschaft mit der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft angenommen werden könne. Vielmehr bleibe das Sonder- und Gemeinschaftseigentum in den Händen der Miteigentümer und es würde sich mithin um unterschiedliche Zuordnungsobjekte von Rechten und Pflichtenhandeln. Dies verbiete eine Umdeutung dahingehend, dass die Sicherungshypothek nunmehr nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft zustünde.

Zwar könnten offenbare Unrichtigkeiten auch von Amts wegen berichtigt werden. Auch wenn hier die Urkundsnotarin eine Berichtigung vornahm, müsse dies geprüft werden. Die Unrichtigkeit müsse offenkundig sein (§ 44a Abs. 2 BeurkG, der sich an § 319 Abs. 1 ZPO anlehne). Dies sei hier nicht der Fall. Vielmehr läge die Annahme nahe, dass es sich bei der ursprünglichen Bezeichnung der Gläubiger um die  namentlich aufgeführten Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft handele. Dies habe dem damaligen Rechtsverständnis entsprochen, wonach Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft mangels deren Rechtsfähigkeit nur solche der Wohnungseigentümer waren. Damit könne die Nachtragsurkunde der Notarin nicht richtig sein, da ansonsten die Gläubiger des Schuldanerkenntnisses nicht gewahrt blieben.

KG, Beschluss vom 12.03.2019 - 1 W 56/19 -