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Samstag, 12. August 2017

Fitnessstudio: Ärztliches Attest zum Nachweis einer Erkrankung nicht ausreichend

In vielen AGB von Fitnessstudios war früher die Klausel enthalten, dass bei Vorlage eines (aussagekräftigen) Attestes eine fristlose Kündigung wegen Krankheit möglich sei. Dagegen hatte sich ein Nutzer erfolgreich mit dem Argument gewehrt, dies würde seine Privatsphäre tangieren. Der BGH gab ihm Recht. Er sah die Klausel als unzulässig an, verwies aber darauf, dass der Nutzer spätestens im Prozess seine Erkrankung darlegen und im Bestreitensfall nachweisen müsse (Urteil vom 08.02.2012 - XII ZR 42/10 -).

Im vorliegenden Fall kündigte die Nutzerin (die Beklagte) ebenfalls wegen einer von ihm behaupteten, die Nutzung der Einrichtung des Fitnessstudios ausschließenden Erkrankung und legte die Kopie eines Attestes vor. Das Fitnessstudio erhob gleichwohl Zahlungsklage, der das Amtsgericht (mit Ausnahmen von Nebenforderungen) stattgab. Gegen das Urteil legte die Beklagte Berufung ein. Sie vertrat die Ansicht, dass das (in Kopie vorgelegte) Attest mit der Diagnose „rez. Lumbalgie“ ausreichend sei, den Nachweis der Unzumutbarkeit am Festhalten am Vertrag zu belegen. Weitergehende Auskünfte könne die Klägerin nicht fordern und im Übrigen stelle sich das Attest auch nicht als ergänzender Parteivortrag dar, sondern als Beweismittel.

Dem folgte das Landgericht nicht. Es erhob durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens Beweis und wies danach die Berufung als unbegründet zurück.  Die Beklagte habe den Beweis einer von ihr behaupteten, die Nutzung des Studios ausschließenden Erkrankung nicht erbracht.

Das Attest sei schon deshalb nicht als Beweismittel in Betracht gekommen, da es nur als Kopie und nicht als Original (Urkunde, § 420 ZPO) vorgelegt worden wäre und die Klägerin die Echtheit bestritten habe. Unabhängig davon könne mit Attesten als Privaturkunde iSv. § 416 ZPO auch lediglich die tatsächliche Abgabe der im Attest beurkundeten Erklärungen des behandelnden Arztes, nicht aber das Bestehen der beurkundeten Beschwerden bewiesen werden. Für das Bestehen könne allenfalls eine Vernutung bestehen. Auch aus der Entscheidung des BGH vom 08.02.2012 (s.o.) ließe sich entgegen der Annahme der Beklagten nicht herleiten, dass ein Attest zum Beweis genügen würde. Im Gegenteil ließe sich dieser Entscheidung entnehmen, dass bei Zweifeln über die Berechtigung der außerordentlichen Kündigung dies in einem gerichtlichen Verfahren zu klären wäre, was aber gerade bedeuten würde, dass die allgemeinen Beweisgrundsätze gelten und die Vorlage eines Attestes nicht als ausreichend angesehen werden könne.

Vorliegend habe zwar das von der Kammer eingeholte Gutachten eine Erkrankung an rez. Lumbalgien bei der Klägerin bestätigt, nicht jedoch, dass die Beklagte nicht mehr die Geräte im Fitnessstudio nutzen könne. Rezidivierende Lumbalgien würden zwar wohl vorliegen können, aber ohne klinischen Befund, da die Beklagte, ihren Angaben gegenüber dem medizinischen Sachverständigen zufolge, wieder ein Fitness-Training absolviere. Bei Phasen einer akuten Schmerzhaftigkeit wäre zwar eine Trainingsunterbrechung möglich, doch könne das Training ggf. mit gewissen Modifikationen durchgeführt werden. Nach den Angaben des Sachverständigen, denen sich die Kammer anschloss, ist damit ein Gerätetraining für die Beklagte möglich. Alleine mögliche Phasen der Einschränkung der Trainingsmöglichkeit würden keinen Gründen für eine Kündigung wegen Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag nach § 314 Abs. 1 BGB begründen.


LG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.07.2017 - 2-01 S 283/15 -