In der Sache stritten die
Parteien um die Zahlung von Hausgeld. Die Klägerin wurde durch die
WEG-Verwalterin vertreten. Als Adresse der Beklagten wurde deren Ferienwohnung
in M (Ausland), in der sie sich zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage aufhalten
wollte, benannt. Die Klage wurde der Verwalterin als in der Klage benannte Zustellungsvertreterin
gem. § 45 Abs. 1 WEG zugestellt Nach Ablauf der Notfrist erging
Versäumnisurteil gegen die Beklagte, die sich nicht zu den Gerichtsakten
gemeldet hatte und mithin auch keine Verteidigungsbereitschaft bekundete. Das Versäumnisurteil wurde der Verwalterin als
Zustellungsvertreterin zugestellt. Nach Ablauf der Einspruchsfrist erhob die Beklagte
Einspruch gegen das Versäumnisurteil und beantragte Wiedereinsetzung wegen
Versäumung der Frist, wobei sie sich auf die Unzulässigkeit der Zustellung an
die Verwalterin berief und erklärte, Schriftstücke nicht erhalten zu haben. Mit
Urteil vom 13.09.2019 verwarf das Amtsgericht den Einspruch als unzulässig.
Die Berufung der Beklagten war
erfolgreich. Das LG Bamberg hat mit seinem Urteil das Versäumnisurteil als auch
das nachfolgende Urteil als Scheinurteile aufgehoben und die Sache an das
Amtsgericht zurückverwiesen.
Nach Auffassung des Landgerichts
erging das Urteil außerhalb eines rechtshängigen Verfahrens und stelle sich
daher als Scheinurteil dar, welches mit der Berufung angreifbar sei (BGHZ 10,
346, 349). Eine Rechtshängigkeit sei mangels wirksamer Zustellung der Klage
nicht begründet worden. Die Auffassung des Amtsgerichts, eine wirksame
Zustellung sei nach § 45 Abs. 1 WEG begründet worden, sei fehlerhaft. Die Norm
lautet:
Der Verwalter ist Zustellungsvertreter der
Wohnungseigentümer, wenn diese Beklagte oder gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1
beizuladen sind, es sei denn, dass er als Gegner der Wohnungseigentümer an dem
Verfahren beteiligt ist oder aufgrund des Streitgegenstandes die Gefahr
besteht, der Verwalter werde die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht
unterrichten.
Sie erfasse nicht solche
Konstellationen, in denen an einen einzelnen Wohnungseigentümer als Beklagten
zuzustellen sei. Die Rechtsprechung habe sich allerdings dazu noch nicht
positioniert, weshalb das Landgericht auch die Revision gegen seine
Entscheidung zuließ (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 ZPO).
Zwar ergäbe sich die Auffassung
der Berufungskammer nicht bereits aus dem Wortlaut der Norm, die den Begriff
Wohnungseigentümer im Plural verwende, obwohl grammatikalisch eine
Singularformulierung gleichwertig möglich und präziser wäre, da die Norm sowohl
auf den einzelnen Wohnungseigentümer als auch auf eine Mehrheit abgestellt
würde.
Als entscheidend sah das Landgericht
das der allgemeinen Systematik des Zivilprozessrechts zu entnehmende Prinzip
der persönlichen Zustellung und die Folge aus Telos und Genese der Norm an.
Das Prinzip der persönlichen
Zustellung diene der Absicherung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art.
103 GG. Der Ausnahmecharakter des § 45 Abs. 1 WEG sei es gesetzlichen
Besonderheiten des Wohnungseigentumsrechts heraus begründet, wonach der
Wohnungseigentümer zur Durchsetzung seiner Rechte auf die Klageerhebung gegen
die übrigen Wohnungseigentümer verwiesen würde und sich damit meist einer
Vielzahl von Beklagten gegenüber sehe, wodurch das Bedürfnis auf Erleichterung
der Zustellung entstünde. Dieses prozessuale Bedürfnis entfalle aber bei einer
Klage gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer, weshalb systematisch für die
Anwendung der Ausnahmenorm kein Raum bliebe.
Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs.
16/887, S. 36; BGH, Urteil vom 22.11.2011 - VI ZR 26/11 -) würde mit §45 Abs. 1
WEG das Ziel verfolgt, den mit einer Vielzahl von Zustellungen verbundenen
Aufwand für das Gericht und auch die zu Lasten der Wohnungseigentümergemeinschaft
entstehenden Kosten gering zu halten. Ausdrücklich würde die Konstellation der Klage
eines einzelnen oder einzelner Wohnungseigentümer gegen die übrigen
Wohnungseigentümer benannt, nicht den Fall der Klage der übrigen
Wohnungseigentümer gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer.
Das Argument, die Zustellung an
den Zustellungsvertreter solle auch Zustellungen in den Fällen erleichtern, in
denen der Wohnungseigentümer (wie hier) im Ausland wohne und deshalb schwerer zu
erreichen sei. Dieses Erschwernis sei kein Charakteristikum des
Wohnungseigentumsrechts (wie es lediglich in § 45 Abs. 1 WEG aufgefangen
würde), sondern eine dem allgemeinen Zivilprozessrecht innewohnendes Problem. Der
Umstand der erschwerten Erreichbarkeit eines im Ausland wohnenden Wohnungseigentümers
würde sich dahingehend fortsetzen, dass der Verwalter seiner Pflicht als
Zustellungsvertreter, das zuzustellende Dokument an den Beklagten zu
übermitteln, auch nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen könnte. Damit würde
die Zustellungsbefugnis an den verwalter über § 45 Abs. 1 WEG letztlich auf eine
Umgehung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 GG hinauslaufen und
sich verbieten.
Letztlich sei auch eine Heilung
des Zustellungsmangels nach § 189 ZPO nicht erfolgt. Weder sei ein Zugang der
Klageschrift noch des Versäumnisurteils bei der Beklagten ersichtlich und auch
von der (beweisbelasteten) Klägerin nicht nachgewiesen worden. Die Akteneinsicht
des Prozessbevollmächtigten der Beklagten habe den Zustellungsmangel nicht heilen
können.
LG Bamberg, Urteil vom 13.03.2020 - 41 S 32/19 WEG -