Freitag, 22. Januar 2021

Fälschung: Beschaffenheitsvereinbarung zu einem Bild

 

Lisa Winter - garantiert echt

Der Kläger ersteigerte auf einer Auktion ein Ölgemälde für € 412,00, welches auf einer Internet-Auktion Auktion auf Ebay der Beklagten von diesem mit „Ölgemälde, monogr. Leonie VON LITTROW (1860-1914)“ benannt wurde und von dem er in Ansehung der Bezeichnung von dessen Echtheit ausgegangen sei. Das Bild erwies sich als Fälschung. Er verlangte nunmehr vom Beklagten Schadensersatz in Höhe von € 19.599,00 mit der Begründung, das echte Bild habe einen Wert von € 10.000,00. Die Klage wurde abgewiesen. Das OLG gab den Hinweis, es beabsichtige die Berufung zurückzuweisen.

Mit dem Landgericht (LG) verneint das OLG einen Sachmangel.

Die Echtheit des Kunstwerkes könne Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung sein. Dabei müsse der Verkäufer in bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der Echtheit übernehmen.

Die Beschreibung mit „Ölgemälde, monogr. Leonie VON LITTROW (1860-1914)“ würde keine Beschaffenheitsvereinbarung begründen. Das OLG verweist darauf, dass schon fraglich sei, ob eine Expertise, die ein Bild einem bestimmten Maler zuordnet, eine Beschaffenheitsvereinbarung darstellen würde (OLG Hamm, Urteil vom 14.03.1995 – 7 U 163/94 -), ebenso wie bei einer Beschreibung in einem Auktionskatalog (BGH, Urteil vom 13.02.1980 – VIII ZR 26/79 -; OLG Köln, Urteil vom 17.03.2012 – 9 U 141/11 -). Vorliegend sei das Gemälde weder als Original bezeichnet worden noch eine Expertise vorgelegt worden, sondern lediglich auf ein Monogramm verwiesen worden, welches auf eine Urheberschaft der Leonie von Littrow hinweise und das Gemälde selbst das Monogramm „LL“ aufweise. Darin könne aber keine Eigenschaftsbeschreibung gesehen werden dahingehend, dass es sich um ein Original der Malerin handele. Es liege keine Beschaffenheitsvereinbarung darin.

Selbst würde man dies aber anders sehen, wäre die Klage nicht begründet. Ausgehend von der Behauptung des Klägers habe es sich nicht um eine Fälschung gehandelt, sondern es gäbe keine entsprechende venezianische Ansicht mit entsprechender Stilistik und Farbauftrag von der Künstlerin. Damit läge ein Fall der anfänglichen Unmöglichkeit vor. In diesem Fall sei der Schadensersatzanspruch ausgeschlossen, wenn der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsabschluss nicht gekannt habe und diese Unkenntnis nicht zu vertreten habe. Die Beklagte habe hier unstreitig die fehlende Urheberschaft der benannten Künstlerin nicht gekannt und eine fahrlässige Unkenntnis scheide hier aus, da die Beklagte vor der Auktion Kunsthistoriker befragt habe.

OLG München, Hinweisbeschluss vom 29.10.2020 - 24 U 4970/20 -

Aus den Gründen:

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 03.08.2020, Az. 22 O 203/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um einen Schadensersatzanspruch des Klägers, der bei einer Internet-Auktion der Beklagten auf Ebay für 412,00 € ein Bild ersteigert hat, das er für eine Fälschung hält. Der Kläger begehrt Ersatz eines Schadens in Höhe von 19.588,00 €, den er damit begründet, dass das Bild, wäre es echt, einen Wert von 20.000,00 € hätte.

Das Landgericht Memmingen hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch nach § 437 Nr. 3 BGB bestehe nicht, weil durch die Bezeichnung als „Ölgemälde, monogr. Leonie VON LITTROW (1860-1914)“ die Echtheit des Bildes bzw. die Urheberschaft der Leonie von Littrow nicht vereinbart worden sei. Selbst wenn dies aber so wäre, bestünde kein Schadensersatzanspruch, da dann anfängliche Unmöglichkeit vorläge. Die Beklagte habe das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht gekannt und seine Unkenntnis nicht zu vertreten. Das erstmalige Bestreiten einer sorgfältigen Prüfung der Herkunft des Bildes in der mündlichen Verhandlung sei verspätet und würde zu einer Verzögerung führen, weshalb der Kläger damit gemäß § 296 Abs. 1 ZPO nicht mehr gehört werden könne.

Der Kläger verfolgt mit der Berufung seinen Schadensersatzanspruch weiter.

II.

Der Senat ist einstimmig der Auffassung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

1. Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler einen Sachmangel des verkauften Ölgemäldes verneint.

Die Beschreibung des Bildes als „monogr. Leonie VON LITTROW“ begründet keine Beschaffenheitsvereinbarung i. S. v. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB.

a) Die Echtheit eines Kunstwerkes kann Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung sein. Das kommt in Betracht, wenn der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein für die Echtheit übernimmt (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.1995 - VIII ZR 126/94 -, NJW 1995, 1673). Schon im Fall einer Expertise, die ein Bild einem bestimmten Maler zuschreibt, ist eine Beschaffenheitsvereinbarung - jedenfalls bei einem Privatverkauf - fraglich (OLG Hamm, Urteil vom 14.03.1995 - 7 U 163/94 -, NJW 1995, 2640), ebenso bei einer Beschreibung im Auktionskatalog (BGH, Urteil vom 13. 02. 1980 - VIII ZR 26/79 -, NJW 1980, 1619; OLG Köln, Urteil vom 27. 03. 2012 − 9 U 141/11 -, NJW 2012, 2665; Palandt/Weidenkaff, BGB, 79. Aufl. 2020, § 434 Rn. 93).

b) Im vorliegenden Fall hat die Beklagte das Ölgemälde in dem Angebot bei Ebay (Anlage K1) weder als Original bezeichnet noch eine Expertise vorgelegt, sondern lediglich auf das Monogramm verwiesen, das auf eine Urheberschaft der Leonie von Littrow hinweist. Unstreitig weist das Gemälde das Monogramm „LL“ auf. Eine Eigenschaftsbeschreibung dahin, dass es sich um ein Original der österreichischen Malerin Leonie von Littrow handele, ist mit dem Hinweis nicht verbunden.

2. Selbst wenn man aber diese Frage im Sinn des Klägers bejahen würde, hätte er keinen Anspruch auf Schadensersatz.

a) Das Landgericht weist mit Recht daraufhin, dass ein Fall anfänglicher Unmöglichkeit vorläge, wenn man von einer Beschaffenheitsvereinbarung der Urheberschaft von Leonie von Littrow ausginge. Nach dem Klägervortrag handelt es sich nämlich nicht um eine Fälschung eines Originals von Leonie von Littrow, sondern es gibt keine derartige venezianische Ansicht mit entsprechender Stilistik und Farbauftrag von der Künstlerin (vgl. die Aussage des Dorotheums in Wien, zitiert nach der Mail des Klägers an den Kunstsachverständigen Kohlhammer vom 10.01.2020, Anlage K5).

b) Für den Fall einer anfänglichen Unmöglichkeit der mangelfreien Erfüllung des Kaufvertrages verweist § 437 Nr. 3 BGB auf § 311a BGB. Nach § 311 a Abs. 2 S. 2 BGB (der im Ersturteil einmal als § 311 Abs. 2 S. 2 BGB und einmal richtig zitiert wird) ist der Schadensersatzanspruch ausgeschlossen, wenn der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis nicht zu vertreten hat. Unstreitig ist, dass die Beklagte die - vom Kläger behauptete - fehlende Urheberschaft der Leonie von Littrow nicht kannte.
Das Landgericht hat jedoch auch eine Fahrlässigkeit hinsichtlich der Unkenntnis der Beklagten mit Recht verneint.

aa) Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung vom 30.03.2020 (S. 7 = Bl. 16 d. A.) vorgetragen, dass die Bearbeitung des Angebots für Ebay durch erfahrene und gut angeleitete Kunsthistoriker nach bestem Wissen und Gewissen erfolgt sei und das Bild über eine gute Provenienz, nämlich aus dem Nachlass des namhaften Wiener Kunsthändlers R. H., der einen Vermerk über die Urheberschaft hinterlassen habe, verfüge, und hierzu die Zeugin B. W. benannt. Diesen Vortrag hat der Inhaber der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2020 wiederholt und um einige Details ergänzt.

bb) Das erstmalige Bestreiten dieses Vortrags in der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2020 (Prot. S. 2 = Bl. 28 d. A.) hat das Landgericht zu Recht gemäß § 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückgewiesen.

Das Landgericht hat in der Ladungsverfügung vom 06.04.2020, zugestellt am 14.04.2020, unter Ziffer 2.1. dem Kläger eine Frist bis 27.04. 2020 zur Stellungnahme zum Schriftsatz vom 30.03.2020 gesetzt. Damit handelt es sich um eine Replikfrist gemäß §§ 276 Abs. 3, 277 ZPO, die auch gemeinsam mit der Bestimmung eines Verhandlungstermins gesetzt werden kann (vgl. Seiler in: Thomas/Putzo, ZPO, 40. Aufl. 2019, § 276 Rn. 11). Im innerhalb der Frist eingegangenen Schriftsatz vom 21.04.2020 wurde die Behauptung einer sorgfältigen Recherche durch die Beklagte zwar erwähnt, aber nicht bestritten.

Wie das Landgericht zutreffend darlegt, hätte das erstmalige Bestreiten die Erledigung des Rechtsstreits verzögert, da die von der beweispflichtigen Beklagten angebotene Zeugin  W hätte geladen werden müssen, wozu ein weiterer Verhandlungstermin erforderlich geworden wäre.

Eine Entschuldigung für die Verspätung des Vortrags hat der Kläger in 1. Instanz nicht vorgebracht.

cc) Da das Landgericht das Bestreiten durch den Kläger mit Recht zurückgewiesen hat, ist dieser damit nach § 531 Abs. 1 ZPO auch in der Berufungsinstanz ausgeschlossen.

Zwar entschuldigt der Kläger in der Berufungsbegründung die Verspätung damit, dass der Vortrag des Beklagten nur pauschal und unsubstantiiert gewesen sei. Dies trifft jedoch nicht zu. Die Beklagte hat einen wesentlichen Punkt der Prüfung, nämlich die Provenienz aus dem Nachlass des Wiener Kunsthändlers, detailliert geschildert. Eine weitere Substantiierung der Prüfung war schon deshalb nicht geboten, weil der Kläger den Vortrag nicht nur unbestritten gelassen hat, sondern ihn sogar in seinem Schriftsatz vom 21.04.2020 (Bl. 21 d. A.), wenn auch mit der Einschränkung „so wie der Beklagte vorträgt“, wiederholt und zudem bestätigt hat, dass die Beklagte Kunsthistoriker und Kunstkenner in ihrer Firma beschäftigt.

Die Verspätung kann auch nicht mit dem behaupteten Telefonat des Klägervertreters mit dem Erstrichter vom 08.06.2020 entschuldigt werden. Zu diesem Zeitpunkt war die dem Kläger gesetzte Replikfrist bereits lange abgelaufen. Zudem ist die behauptete Äußerung des Richters, „dass man die Sache einmal anverhandle und dann möglicherweise ein Gutachten einholen müsse“ so allgemein und wenig aussagekräftig, dass sie ein Vertrauen darauf, dass der Kläger auch noch nach Fristablauf den Vortrag des Beklagten bestreiten könne, nicht begründen konnte.

Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).


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