Samstag, 28. November 2020

Zur Abgrenzung von Verschleiß zu Sachmangel beim Gebrauchtwagenkauf

 

Der Kläger kaufte von der gewerblich als Gebrauchswagenhändlerin tätigen Beklagten einen neun Jahre alten Peugeot 307 CC mit einer Laufleistung von 84.820km, der bereits mehrere Vorbesitzer hatte. Im Kaufvertrag wurde „TÜV/AU neu“ vereinbart. Der Kaufvertrag wurde am 11.01.2014 abgeschlossen; die beanstandungsfreie Hauptuntersuchung erfolgte am 14.01.2014. Am 17.01.2014 erfolgte die Übergabe des Fahrzeuges an den Kläger. Der Kläger machte in der Folgezeit mehrere Mängel geltend, u.a. eine starke Geräuschentwicklung am Auspuff. Im Dezember erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag mit der Begründung, das Fahrzeug sei von Anfang an – insbesondere am Auspuff – mangelbehaftet gewesen. Die Beklagte berief sich auf einen typischen Verschleiß; Schweißarbeiten, die sie in Ansehung der Rügen des Klägers am Auspuff vorgenommen habe, seien wegen des Verschleißes, nicht aber wegen Mängeln bei Übergabe erfolgt.

Die Wandlungsklage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.

Entgegen der Annahme des Klägers ging auch der BGH nicht davon aus, dass ein Mangel an der Auspuffanlage vorlag. Der Kaufgegenstand sei mangelfrei, wenn er die vereinbarte Beschaffenheit aufweise. Sei eine Beschaffenheit nicht vereinbart, sei die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eigne und eine Beschaffenheit aufweise, die bei Sachen der gleichen Art üblich sei und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten dürfe (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

Die Vereinbarung „TÜV(AU neu“ stelle sich bei interessengerechter Auslegung als stillschweigende Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB dahingehend dar, dass sich das Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe in einem für die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO geeigneten, verkehrssicheren Zustand befindet. Dies sei hier mangels anderweitiger Feststellungen der Fall.

Das Fahrzeug habe sich auch für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung oder für die gewöhnliche Verwendung geeignet. In beiden Alternativen käme es darauf an, ob der (ältere) Gebrauchtwagen zur Verwendung als Fahrzeug im Straßenverkehr nicht oder nur eingeschränkt geeignet sei. Dabei habe das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass ein normaler Verschleiß an der Auspuffanlage eines Gebrauchtwagens keinen Sachmangel darstelle, da bei der Beurteilung zu berücksichtigen sei, dass Verschleißteile eines Kraftfahrzeuges in Abhängigkeit von Alter, Laufleistung, Anzahl der Vorbesitzer, Art der Vorbenutzung und Qualität des Fahrzeuges einer kontinuierlichen Abnutzung, so auch durch Rosterscheinungen, unterliege. Währen bei sicherheitsrelevanten Teilen (wie Bremsanlage) eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit mit der Folge der fehlenden Eignung zur Verwendung im Straßenverkehr und damit ein Sachmangel vorläge,  sei bei einem Verschleiß im Übrigen nicht von einem Sachmangel auszugehen. Dies selbst dann, wenn sich daraus in absehbarer Zeit ein Erneuerungsbedarf ergäbe. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass bei einem zehn Jahre alten Gebrauchswagen mit vielen Vorbesitzern und einer Laufleistung von über 80.000km (nicht sicherheitsrelevante) Durchrostungen an der Auspuffanlage einen „normalen Verschleiß“ darstellen würden, sei nicht zu beanstanden.

Auch aus der Vermutung des§ 476 BGB a.F. (heute: § 477 BGB) ließe sich nichts anderes ableiten. Zwar greife die Vermutung zugunsten des Käufers bereits dann, wenn diesem der Nachweis gelinge, dass sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand gezeigt habe, der die Haftung des Verkäufers wegen Abweichung von einer Beschaffenheit begründe, unterstellt die Ursache des Zustandes lägen in einem dem Verkäufer zurechenbaren Umstand.  Die Vermutungswirkung führe dazu, dass ein in den ersten sechs Monaten zutage getretener mangelhafter Zustand als bei Gefahrübergang bestehend angenommen würde. Allerdings sei hier ein mangelhafter Zustand in den ersten sechs Monaten nicht aufgetreten. Die beanstandete Geräuschentwicklung mag zwar mehr oder minder starke Durchrostungen aufgewiesen haben, doch sei dies ein normaler verschleiß und damit kein mangelhafter Zustand.

BGH, Urteil vom 09.09.2020 - VIII ZR 150/18 -

Aus den Gründen:

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 26. April 2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit dem von der Klägerin erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug.

Die Beklagte ist gewerbliche Gebrauchtwagenhändlerin; die Klägerin ist Verbraucherin. Mit schriftlichem Vertrag vom 11. Januar 2014 kaufte die Klägerin zu privaten Zwecken von der Beklagten einen bei Vertragsschluss über neun Jahre alten, gebrauchten Peugeot 307 CC mit einer Laufleistung von 84.820 km zu einem Preis von 5.650 €. In dem Vertragstext findet sich unter der Rubrik "Sonstige Vereinbarungen" die Aussage "TÜV/AU neu". Die Hauptuntersuchung des Fahrzeugs erfolgte am 14. Januar 2014; Beanstandungen ergaben sich dabei nicht. Drei Tage später, am 17. Januar 2014, fand die Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerin statt. Der Kaufpreis wurde auf Vermittlung der Beklagten bei einer Bank durch Aufnahme eines Darlehens finanziert.

In der Folgezeit machte die Klägerin gegenüber der Beklagten mehrere Mängel des Fahrzeugs geltend, auch beanstandete sie eine starke Geräuschentwicklung am Auspuff. Unter anderem hierüber führten die Parteien zwischen Juli 2014 und Dezember 2014 umfangreichen Schriftverkehr. Am 4. Juli 2014 und am 21. August 2014 führte die Beklagte (kostenlos) Schweißarbeiten am Auspuff (Mittelschalldämpfer und Endschalldämpfer) durch.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Dezember 2014 erklärte die Klägerin, verbunden mit der Behauptung, das Fahrzeug sei von Anfang an - insbesondere am Auspuff - mangelbehaftet gewesen, den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die von der Beklagten im Sommer 2014 vorgenommenen Nachbesserungsversuche in Form von Schweißarbeiten hätten den Mangel an der Schalldämpferanlage nicht beseitigt. Die Beklagte stellt bei Übergabe des Fahrzeugs vorhandene Mängel in Abrede; die Schweißarbeiten seien wegen normalen Verschleißes und Abnutzung des Auspuffs, nicht jedoch zur Nachbesserung eines bei Gefahrübergang vorhandenen Mangels vorgenommen worden.

Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Kraftfahrzeugs, hilfsweise auf Erstattung bislang geleisteter Nettokreditraten und Zinsen in Anspruch. Ferner begehrt sie Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten, Ersatz für bereits aufgewandte Finanzierungskosten, Freistellung von weiteren Darlehensverpflichtungen, Ersatz für eine verauslagte Stellplatzmiete sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Das Landgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Klägerin ein Anspruch auf Rückabwicklung nach § 437 Nr. 2, § 323, § 434 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2, § 346 Abs. 1 BGB nicht zustehe mit der Folge, dass auch die weiteren Klageanträge nicht durchgreifen könnten. Der Anspruch scheitere daran, dass ein Sachmangel des verkauften Fahrzeugs bei Gefahrübergang nicht feststellbar sei.

Im Hinblick auf die im Kaufvertrag vereinbarte Beschaffenheit "TÜV/AU neu" liege ein Sachmangel nicht vor. Zwar sei eine solche Vereinbarung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 15. April 2014 - VIII ZR 80/14) dahin zu würdigen, dass eine Plakette nach Durchführung der Hauptuntersuchung tatsächlich erteilt worden sei und sich das Fahrzeug auch in einem die Erteilung der Plakette rechtfertigenden verkehrssicheren Zustand befunden habe. Wie der Senat im Termin erörtert habe, habe eine dem entgegenstehende Korrosion an sicherheitsrelevanten Teilen hier indes nicht in Rede gestanden; dem habe die Klägerin auch nicht widersprochen.

Die Klägerin könne den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf die von ihr beanstandeten Korrosionserscheinungen am Auspuff stützen. Zwar sei nach den Ausführungen des in erster Instanz gerichtlich beauftragten Sachverständigen davon auszugehen, dass am Fahrzeugauspuff im Oktober 2016 erhebliche Korrosionsspuren zu verzeichnen gewesen seien, die in ihren Ursprüngen älter gewesen sein müssten als die festgestellten (unfachmännischen) Schweißarbeiten, die Mitarbeiter der Beklagten im Sommer 2014 durchgeführt hätten. Auch habe der Sachverständige ausgeführt, dass bei diesen Schweißarbeiten eigentlich die ganze Schalldämpferanlage hätte ausgetauscht werden müssen.

Dies alles trage indes den geltend gemachten Anspruch nicht. Normale Verschleißerscheinungen - wie etwa eine altersbedingt übliche Korrosion am Auspuff - begründeten bei Gebrauchtfahrzeugen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht ohne Weiteres einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB. Dies gelte erst recht für einen - von diesem Zustand aus - nach Gefahrübergang fortschreitenden Verschleiß. Soweit bei einem zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorliegenden atypischen, vorzeitigen Verschleiß etwas anderes gelten könne, sei ein solcher Fall von der Klägerin nicht substantiiert vorgetragen worden.

Bei einem etwa zehn Jahre alten Kleinwagen mit einer Laufleistung von mehr als 80.000 km seien (auch erhebliche) Durchrostungsschäden an der Auspuffanlage keineswegs außergewöhnlich, zumal das Fahrzeug hier zwei Vorbesitzer gehabt habe, über deren Behandlung des Fahrzeugs (etwa als sogenannte Laternenparker) nichts bekannt sei.

Die Beklagte habe einen Sachmangel auch nicht etwa anerkannt. Allein aus dem Umstand, dass sie mit geringem Aufwand einige kleinere Schweißarbeiten am Auspuff durchgeführt habe, sei auf ein rechtlich bindendes Anerkenntnis nicht zu schließen.

Auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines möglicherweise im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bereits im Ansatz (latent) vorhandenen Mangels im Sinne des § 434 Abs. 1, Satz 2 Nr. 2 BGB sei der Anspruch auf Rückabwicklung nicht begründet. Nach neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung sei § 477 BGB - beziehungsweise der hier auf den Streitfall nach Art. 229 § 39 EGBGB noch anwendbare wortgleiche § 476 BGB aF - richtlinienkonform dahin auszulegen, dass einem Käufer die in Halbsatz 1 dieser Vorschrift geregelte Vermutungswirkung schon dann zugute komme, wenn ihm der Nachweis gelinge, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine Mangelerscheinung) gezeigt habe, der - unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand - dessen Haftung wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 BGB) begründen würde.

So verhalte es sich indes im Streitfall nicht. Der üblicherweise fortschreitende Verschleiß eines Auspuffs durch normale Korrosion, der in der Natur der Sache liege, sei nicht haftungsbegründend und könne daher nicht als ein dem Verkäufer zuzurechnender Mangel angesehen werden. Angesichts dessen, dass drei Tage vor Gefahrübergang anlässlich der vom TÜV vorgenommenen Hauptuntersuchung - unstreitig - eine beanstandungswürdige Durchrostung des Auspuffs nicht gegeben gewesen sei, habe bei Übergabe des Fahrzeugs ein atypischer Verschleiß nicht vorgelegen, so dass sich die Beklagte wegen der Art des bei Gefahrübergang allenfalls vorliegenden Mangels "typischer Verschleiß" gemäß § 476 Halbs. 2 BGB aF darauf berufen könne, dass die Vermutungsregel des § 476 Halbs. 1 BGB aF nicht eingreife. Sähe man dies anders, würde § 477 BGB (§ 476 BGB aF) faktisch eine umfassende sechsmonatige Haltbarkeitsgarantie begründen, was mit der beiderseitigen Interessenlage beim Gebrauchtwagenkauf schwerlich vereinbar wäre.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags aus § 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2, §§ 323, 346 Abs. 1 BGB nicht zu, da das ihr verkaufte Fahrzeug den im Revisionsverfahren allein noch geltend gemachten Sachmangel an der Auspuffanlage nicht aufweist.

1. Gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Ist eine Beschaffenheit nicht vereinbart, ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB), sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der im Kaufvertrag der Parteien vom 11. Januar 2014 unter dem Punkt "Sonstige Vereinbarungen" zu findende Hinweis "TÜV/AU neu" bei interessengerechter Auslegung als stillschweigende Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB des Inhalts zu verstehen ist, dass sich das Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe in einem für die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO geeigneten, verkehrssicheren Zustand befindet (vgl. Senatsurteil vom 15. April 2015 - VIII ZR 80/14, NJW 2015, 1669 Rn. 19). Dies ist nach den rechtsfehlerfreien und unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall. Ein Rücktrittsrecht der Klägerin ergibt sich daher nicht aus einer Abweichung von einer vereinbarten Beschaffenheit. Dies stellt auch die Revision nicht in Frage.

b) Ein Sachmangel des streitgegenständlichen Fahrzeugs ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) oder für die gewöhnliche Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB) geeignet hätte. Nach beiden Alternativen kommt es insoweit darauf an, ob der von der Klägerin erworbene (ältere) Gebrauchtwagen zur Verwendung als Fahrzeug im Straßenverkehr nicht oder nur eingeschränkt geeignet war.

aa) Das Berufungsgericht hat zunächst darauf abgestellt, dass "normaler" - also nicht atypischer oder ungewöhnlicher - Verschleiß an der Auspuffanlage eines Gebrauchtfahrzeugs nicht als Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGB anzusehen ist. Diese Beurteilung ist frei von Rechtsfehlern. Verschleißteile eines Kraftfahrzeugs unterliegen - in Abhängigkeit von Alter, Laufleistung, Anzahl der Vorbesitzer, Art der Vorbenutzung sowie Qualität des Fahrzeugs - einer kontinuierlichen Abnutzung, beispielsweise in Form von Rosterscheinungen. Bei sicherheitsrelevanten Teilen - wie etwa der Bremsanlage - wird es allerdings im Fall der Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit regelmäßig an der Eignung des Fahrzeugs zur Verwendung im Straßenverkehr fehlen und somit ein Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGB vorliegen; denn der Käufer eines als fahrbereit veräußerten Gebrauchtfahrzeugs kann erwarten, dass Verschleißteile in einem solchen Fall ersetzt oder repariert worden sind.

Soweit jedoch - wie hier nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts - die Verkehrssicherheit nicht betroffen ist, ist ein "normaler", das heißt ein insbesondere nach Alter, Laufleistung und Qualitätsstufe nicht ungewöhnlicher Verschleiß nicht als Sachmangel einzustufen (vgl. Senatsurteile vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434 Leitsatz 1 und Rn. 19; vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 19; vom 10. März 2009 - VIII ZR 34/08, NJW 2009, 1588 Rn. 13; MünchKommBGB/S. Lorenz, 8. Aufl., § 477 Rn. 18; juris PK-BGB/Ball, Stand 1. Februar 2020, § 477 Rn. 50; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl., Rn. 3021, 3380). Dies gilt auch dann, wenn sich daraus in absehbarer Zeit - insbesondere bei der durch Gebrauch und Zeitablauf zu erwartenden weiteren Abnutzung - ein Erneuerungsbedarf ergibt.

bb) Die weitere tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts, bei dem hier in Rede stehenden Kaufobjekt - einem fast zehn Jahre alten gebrauchten Kleinwagen mit mehreren Vorbesitzern und einer Laufleistung von über 80.000 km - seien auch erhebliche - nicht sicherheitsrelevante - Durchrostungen an der Auspuffanlage als "normaler" Verschleiß und somit nicht als Sachmangel anzusehen, ist aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden.

cc) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich nichts anderes daraus, dass die Klägerin innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang (Januar 2014) eine Geräuschverursachung der Auspufffanlage gerügt und der Sachverständige aufgrund einer im Oktober 2016 erfolgten Untersuchung eine erhebliche Geräuschentwicklung des Auspuffs bestätigt hat und zu der Einschätzung gelangt ist, dass von einem länger zurückliegenden Korrosionseintritt auszugehen und deshalb ein Austausch der Auspuffanlage erforderlich gewesen sei.

Insbesondere kann die Klägerin aus der Vermutung des § 476 BGB (in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung, die aufgrund des im Streitfall im Januar 2014 geschlossenen Kaufvertrags gemäß Art. 229 § 39 EGBGB auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt anwendbar ist [im Folgenden: § 476 BGB aF]), für sich nichts herleiten.

(1) Allerdings greift die Vermutung des § 476 Halbs. 1 BGB aF (heute § 477 Halbs. 1 BGB) nach der neueren Rechtsprechung des Senats zugunsten des Käufers bereits dann ein, wenn diesem der Nachweis gelingt, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine Mangelerscheinung) gezeigt hat, der - unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand - dessen Haftung wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde. Der Käufer ist durch die genannte Vorschrift des Vortrags und des Nachweises enthoben, auf welche Ursache der zu Tage getretene mangelhafte Zustand zurückzuführen ist, sowie dass diese Ursache in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt (Senatsurteile vom 12. Oktober 2016 - VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 36; vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 315/18, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, unter II 3 c bb (1)). Die Vermutungswirkung des § 476 Halbs. 1 BGB aF kommt dem Käufer grundsätzlich auch dahin zugute, dass der binnen sechs Monaten nach Übergabe zu Tage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz (latent) schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat (Senatsurteil vom 12. Oktober 2016 - VIII ZR 103/15, aaO Rn. 46).

(2) Im Streitfall ist jedoch ein mangelhafter Zustand (Mangelerscheinung), an den die Vermutung des § 476 BGB anknüpfen könnte, innerhalb der Sechsmonatsfrist nicht aufgetreten. Die von der Klägerin innerhalb der ersten sechs Monate nach der Übergabe des Fahrzeugs beanstandete starke Geräuschentwicklung an der Auspuffanlage mag zwar darauf schließen lassen, dass an der Auspuffanlage zu diesem Zeitpunkt mehr oder minder starke Durchrostungen vorhanden waren. Das Berufungsgericht ist aber ohnehin von erheblichen Durchrostungen ausgegangen, hat diese jedoch - wie ausgeführt - rechtsfehlerfrei als "normalen" Verschleiß unter Berücksichtigung von Kaufgegenstand, Alter, Laufleistung und bisherigen Vorbesitzern angesehen.

(3) Ohne Erfolg macht die Revision demgegenüber geltend, aus dem - rund 22 Monate nach Gefahrübergang sowie nach einer weiteren Laufleistung von gut 7.000 km und nach längerer Standzeit des Fahrzeugs - eingeholten Gutachten des Sachverständigen ergebe sich, dass an der Auspuffanlage nicht nur eine verschleißbedingte Abnutzung vorgelegen habe, sondern sich ein mangelhafter Zustand gezeigt habe, an den die Vermutung des § 476 BGB anzuknüpfen sei.

Konkret trägt die Revision lediglich vor, der Gutachter habe festgestellt, dass der Auspuff des Fahrzeugs "erhebliche Geräusche verursache, mangelhaft geschweißt, korrodiert und zwingend auszutauschen sei". Damit setzt die Revision aber lediglich - ohne einen Rechtsfehler aufzuzeigen oder eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge zu erheben - ihre eigene Würdigung an die Stelle der Würdigung des Berufungsgerichts. Dieses hat dem Gutachten entnommen, dass die vom Sachverständigen im Oktober 2016 am Auspuff festgestellten Korrosionserscheinungen in ihren Ursprüngen älter gewesen seien als die von der Beklagten im Sommer 2014 (unfachmännisch) durchgeführten Schweißarbeiten, bei denen eigentlich bereits ein Austausch der Auspuffanlage angezeigt gewesen wäre. Damit war zwar davon auszugehen, dass zu dem genannten Zeitpunkt erhebliche Korrosionserscheinungen an der Auspuffanlage vorhanden waren; derartige erhebliche Korrosionserscheinungen hat das Berufungsgericht aber unter Berücksichtigung von Alter und Laufleistung des Fahrzeugs sowie sonstiger Umstände rechtsfehlerfrei als "normale" Korrosion und somit gerade nicht als mangelhaften Zustand angesehen. Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit, die Anlass für eine abweichende Beurteilung hätten sein können, sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht geltend gemacht. Auf eine mangelhafte Ausführung der von der Beklagten im Sommer 2014 kostenlos vorgenommenen Schweißarbeiten können die streitgegenständlichen kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche ohnehin nicht gestützt werden.

2. Soweit die Revision meint, bei den in den Monaten Juli/August 2014 kostenlos vorgenommenen Schweißarbeiten am Auspuff habe es sich nicht um ein kulanzweises Entgegenkommen der Beklagten, sondern um ein rechtsverbindliches Anerkenntnis eines Sachmangels gehandelt, setzt sie - revisionsrechtlich unbehelflich - lediglich ihre Würdigung des Geschehens an die Stelle der vertretbaren tatrichterlichen Wertung des Berufungsgerichts, die Schweißarbeiten stellten, mangels weiterer Anhaltspunkte, ein haftungsbegründendes Anerkenntnis nicht dar.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen