Mittwoch, 18. März 2020

WEG: Zulässige Verwalterzustimmung bei eigenem Wohnungserwerb des Verwalters ?


Ein Miteigentümer verkaufte seine Miteigentumsanteile verbunden mit dem dazu gehörigen Sondereigentum an den Verwalter der Wohnungseigentumsanlage. Nach der Teilungserklärung bedurfte die Veräußerung der Zustimmung des Verwalters, die der Käufer in seiner Eigenschaft als Verwalter auch erteilte. Das Grundbuchamt erließ eine Zwischenverfügung, mit der es die Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Veräußerung anforderte, da der Verwalter nicht in eigenen Sachen zustimmen könne. Die dagegen gerichtete Beschwerde war erfolgreich.

Entgegen der Annahme des Grundbuchamtes sei § 181 BGB nicht anwendbar. Diese Norm lautet:

„Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.“

Zwar handele es sich bei der Verwalterzustimmung um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, auf die grundsätzlich § 181 BGB anwendbar sei. Allerdings würde sich die Zustimmungserklärung nicht, wie § 181 BGB es verlange, als ein Rechtsgeschäft darstellen, welches der Verwalter mit sich selbst vorgenommen habe. Bei einseitigen Rechtsgeschäften sei für ein Insichgeschäft nach § 181 BGB erforderlich, dass der Vertreter dieses sich selbst gegenüber als Erklärungsempfänger vornehme (BGH, Urteil vom 27.03.1985 - VIII ZR 5/84 -). Hier aber habe der Verwalter die Zustimmungserklärung gegenüber dem Verkäufer abgegeben. Auch wenn er in der Zustimmungserklärung den Erklärungsempfänger nicht benannt habe, ergäbe sich, dass er sie jedenfalls auch gegenüber dem anderen vertragsteil abgegeben habe.

Auch sei § 181 BGB nicht entsprechend im Hinblick auf einen möglichen Interessenkonflikt zwischen dem Verwalters als Käufer auf der einen Seite und als Interessenvertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft auf der anderen Seite heranzuziehen. Zwar sei bei § 181 BGB der Interessengegensatz Motiv für die gesetzliche Regelung, zur Tathandlung aber weder erforderlich noch ausreichend. Wenn  - wie hier -  die Erklärung gegenüber verschiedenen Dritten abgegeben werden könne, komme die Anwendung des § 181 BGB nicht in Betracht, wenn der dritte nicht nur formal, sondern auch der Sache nach Erklärungsempfänger ist (hier: der Verkäufer gem. § 182 BGB, denn er bedürfe zur wirksamen Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung nach § 12 Abs. 1 WEG).  

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.11.2019 - I-3 Wx 217/19 -


Tenor

Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Dinslaken - Rechtspflegerin - vom 18. Oktober 2019 wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Eintragungsantrag nicht aus den in der Zwischenverfügung angeführten Gründen zurückzuweisen.

Gründe

I.
Der Beteiligte zu 2 ist als Eigentümer des vorgenannten Grundbesitzes, bei dem es sich um Wohnungseigentum handelt, im Grundbuch eingetragen. Nach dem eingetragenen Inhalt des Wohnungseigentums bedarf die Veräußerung der Zustimmung des Verwalters. Verwalter ist derzeit der Beteiligte zu 1.
Mit notariellem Übertragungsvertrag vom 18. März 2019 übertrug der Beteiligte zu 2 seinen Grundbesitz dem Beteiligten zu 1. Unter dem 9. Juli 2019 beantragten die Beteiligten unter Vorlage einer Zustimmungserklärung des Beteiligten zu 1 u.a. Eigentumsumschreibung.
Mit Zwischenverfügung vom 18. Oktober 2019 wies das Grundbuchamt darauf hin, der selbst erwerbende Verwalter sei entsprechend § 181 BGB daran gehindert, die Zustimmung nach § 12 WEG zu erklären. § 181 BGB komme hier zur Anwendung, weil sich der erwerbende Verwalter, der einerseits die Schutzinteressen der Gemeinschaft, andererseits eigene Interessen wahrnehme, in einem Interessenkonflikt befinde. Es sei daher eine Zustimmungserklärung der Wohnungseigentümerversammlung vorzulegen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Sie machen geltend, § 181 BGB finde auf den vorliegenden Fall keine Anwendung. Bei der Verwalterzustimmung handele es sich nicht um ein Rechtsgeschäft i.S.d. § 181 BGB. Bei einseitigen Rechtsgeschäften sei ein In-Sich-Geschäft grundsätzlich nur dann gegeben, wenn der Vertreter dieses sich selbst gegenüber als Erklärungsempfänger vornehme, nicht aber, wenn der Verwalter - wie hier - eine Zustimmungserklärung gegenüber dem eingetragenen Eigentümer als Veräußerer abgebe.
Mit weiterem Beschluss vom 18. Oktober 2019 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundbuchakten Bezug genommen.
II.
1.
Die gemäß §§ 18 Abs. 1, 71 Abs. 1, 72, 73 GBO zulässige Beschwerde ist nach der vom Amtsgericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 75 GBO.
2.
Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Auflassungserklärung ist nicht gem. § 181 BGB schwebend unwirksam, weil diese Vorschrift auf den vorliegenden Fall weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung findet.
Zwar ist § 181 BGB grundsätzlich auf einseitige empfangsbedürftige Rechtsgeschäfte wie die hier vorliegende Verwalterzustimmung anwendbar (vgl. Schäfer, in: BeckOK BGB, Stand: 1. August 2019, § 181 Rn. 5). Die Zustimmungserklärung stellt jedoch kein Rechtsgeschäft dar, das der Verwalter i.S.d. § 181 BGB „mit sich“ vorgenommen hat. Denn bei einseitigen Rechtsgeschäften ist ein Insichgeschäft grundsätzlich nur dann gegeben, wenn der Vertreter dieses sich selbst gegenüber als Erklärungsempfänger vornimmt (BGHZ 94, 132; Palandt-Heinrichs, BGB, 76. Auflage, § 181 Rn. 8). Das ist hier jedoch nicht der Fall, weil der Beteiligte zu 1 die Zustimmungserklärung gegenüber dem Beteiligten zu 2 als Veräußerer abgegeben hat. In seiner Zustimmungserklärung hat er einen Erklärungsempfänger nicht benannt. Daraus folgt, dass die Erklärung jedenfalls auch gegenüber dem anderen Teil des Vertrages abgegeben wurde, wie § 182 Abs. 1 BGB dies vorsieht (vgl. Senat NJW 1985, 390; KG NJW-RR 2004, 1161; Fröhler, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 1. Oktober 2019, § 181 Rn. 50 und 253).
Eine entsprechende Heranziehung des § 181 BGB ist auch nicht im Hinblick auf einen möglichen Interessenkonflikt des Beteiligten zu 1 als Erwerber einerseits sowie als Interessensvertreter der Wohnungseigentümer andererseits geboten. § 181 BGB ist im Interesse der Rechtssicherheit als formale Ordnungsvorschrift aufzufassen, bei der der Interessengegensatz zwar das gesetzgeberische Motiv, aber zur Tatbestandserfüllung grundsätzlich weder erforderlich noch ausreichend ist (Senat a.a.O.). Handelt es sich - wie hier - um eine Erklärung, die wahlweise gegenüber verschiedenen privaten Adressaten abgegeben werden kann, kommt eine Anwendung des § 181 BGB nicht in Betracht, wenn der Dritte nicht nur formal, sondern auch der Sache nach Erklärungsempfänger ist (BGH a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist der Beteiligte zu 2 gem. § 182 Abs. 1 BGB auch der Sache nach Erklärungsempfänger, denn er bedarf zur wirksamen Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung nach § 12 Abs. 1 WEG (vgl. KG a.a.O.; a.A. Hogenschurz, in: BeckOK WEG, Stand: 1. August 2019, § 12 Rn. 35 m.w.Nw.; Bärmann, in: Wohnungseigentumsgesetz, 12. Auflage, § 12 Rn. 27).
Eine Kostenentscheidung durch den Senat ist nicht veranlasst, §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG.

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