Freitag, 11. August 2017

Verkehrssicherungspflicht: Zur Haftung des Aufstellers bei Sturz über ein mobiles Halteverbotsschild

Die HSB GmbH, die Sanierungsarbeiten in einem Haus durchführte, beantragte bei der Stadt die Genehmigung zur Aufstellung eines Halteverbotsschildes vor dem Anwesen, die auch bis zum 14.11.2014 erteilt wurde mit den Auflagen, die Beschilderung „jeweils nach Beendigung der Arbeiten unverzüglich zu entfernen“ und die Beschilderungsarbeiten von der beklagten durchführen zu lassen. Bis zum 26.11.2014 wurden die Schilder nicht entfernt und der Kläger stürzte gegen 22.00 Uhr über den Plastiksockel des einen Schildes, wobei er sich vier Rippen brach. Der Kläger begehrte Schmerzensgeld, welches ihm vom Landgericht unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens zu 50% zugesprochen wurde. Die dagegen von der Beklagten eingelegte Berufung wurde vom OLG zurückgewiesen.

Zunächst musste sich das OLG mit dem Einwand der fehlenden Passivlegitimation der beklagten auseinandersetzen, die geltend machte, es käme hier allenfalls ein Anspruch nach § 839 BGB iVm. Art. 34 GG in Betracht, da es sich bei dem Aufstellen der Schilder um eine hoheitliche Maßnahme gehandelt habe. Dies verneint das OLG. Die Straßenverkehrsbehörde würde in den Fällen, in denen die Beschilderung für den Fall eines Umzugs oder einer privaten Baumaßnahme beantragt würde, regelmäßig die Aufstellung nicht als zwingend anordnen, sondern nur nach der weiteren Entscheidungsfreiheit des Antragsstellers diesem genehmigen. Damit würde es sich nicht um eine behördliche Anordnung handeln, die dem hoheitlichen Handeln (und damit dem Bereich des § 939 BGB) zuzuordnen wäre. Sie diente vorliegend nach Auffassung des OLG der erleichterten  Park- und Haltemöglichkeit der an der Sanierungsmaßnahme beteiligten Handwerker. Damit wäre die Beklagte nicht als Beamter in haftungsrechtlicher Hinsicht (§ 839 BGB) anzusehen.

Die Beklagte habe die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Sie hätte die mobilen Verkehrsschilder unverzüglich nach Ablauf der Genehmigungsdauer entfernen müssen. Von diesen mobilen Verkehrsschildern würde ein erhöhtes Gefahrenpotential ausgehen. Sie seien gegen Wind anfällig und würden Vandalismus herausfordern. Ihr Sockel könne sich  - wie hier -  als Stolperfalle erweisen. Diese erhöhten Gefahren seien nur hinzunehmen, solange die Aufstellung des Schildes verkehrsbedingt erforderlich und genehmigt sei. Nach Ablauf dieser Zeit sei es ein zu beseitigendes Hindernis. Auch wenn die Auflage der Entfernung vorrangig dem Zweck diene, ein Anwohnerparken zu ermöglichen, habe sie auch den Zweck, die von der Beschilderung ausgehenden Gefahren zu beseitigen. Daher münde die Genehmigungsdauer in eine zu beachtende Verkehrssicherungspflicht, gegen die die Beklagte wegen Unterlassens der ihr obliegenden Entfernung schuldhaft verstoßen habe. Selbst bei großzügiger Interpretation der Unverzüglichkeit sei diese hier nach mehr als zehn Tagen nicht mehr gegeben.


OLG Karlsruhe, Urteil vom 01.02.2017 - 7 U 97/16 -


Aus den Gründen:

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 04.05.2016 - 3 O 328/15 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen. Die Streithelferin behält ihre Kosten auf sich.
3. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, sofern nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte nach einem Sturz über ein von der Beklagten aufgestelltes mobiles Halteverbotsschild am 26.11.2014 auf Schmerzensgeld und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
Am 04.11.2014 beantragte die in K. ansässige HSB GmbH zur Durchführung von Sanierungsarbeiten an der Heizungs- und Wasserversorgung die Aufstellung einer Halteverbotsbeschilderung vor dem Anwesen F. Straße 40 in B. (Bl. 51 der beigezogenen Strafakte 5 Cs 307 Js 315/15 des Amtsgerichts B.). Die Stadt B. erteilte daraufhin am 06.11.2014 die „Genehmigung“ zur Aufstellung einer entsprechenden Halteverbotsbeschilderung nach Zeichen 283 StVO (Anlage K 1). Die Gültigkeit der Genehmigung wurde - antragsgemäß - auf den Zeitraum vom 10.11. bis zum 14.11.2014 begrenzt. Nach dem weiteren Inhalt des Bescheids sind die erforderlichen Beschilderungen mindestens 96 Stunden im Voraus durchzuführen und „jeweils nach Beendigung der Arbeiten unverzüglich zu entfernen“. Das Schreiben enthält ferner - wiederum entsprechend dem Genehmigungsantrag - die Auflage, die Beschilderungsarbeiten von der Beklagten durchführen zu lassen.
Auf dieser Grundlage stellte die Beklagte, die gewerbsmäßig Beschilderungsarbeiten durchführt, auf dem Gehsteig vor dem Anwesen F. Straße 40 in B. zwei mobile Verkehrsschilder auf. Sie entfernte diese jedenfalls bis zum 26.11.2014 nicht. An diesem Tag stürzte die Klägerin gegen 22.00 Uhr über den Plastiksockel eines der Schilder und brach sich dabei vier Rippen.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des weiteren Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Schmerzensgeld von 1.740 € nebst Zinsen zu bezahlen und festgestellt, dass die Klägerin unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldens zum Ersatz des weiteren immateriellen Schadens aus dem Sturz am 26.11.2014 verpflichtet ist.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin die vollständige Abweisung der Klage anstrebt. Sie macht insbesondere geltend, sie habe bei der Aufstellung der Schilder als Verwaltungshelferin, mithin als Amtsträgerin im Sinne von § 839 BGB gehandelt, so dass ihre persönliche Haftung ausgeschlossen sei. Sie habe auch keine im Interesse der Klägerin bestehende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Der Zweck der zeitlichen Befristung der Genehmigung sei nicht auf den Schutz vor den Gefahren des ordnungsgemäß aufgestellten Halteverbotsschilds gerichtet, sondern darauf, die Parkmöglichkeiten der Anwohner nicht länger als notwendig einzuschränken. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 11.01.2017 (II 87) verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
1. Zu Recht hat das Landgericht eine Überleitung der Haftung auf die öffentliche Hand gemäß § 839 BGB i.V. mit Art. 34 Satz 1 GG verneint. Die Beklagte hat bei der Aufstellung der Halteverbotsschilder nicht als Verwaltungshelferin der Straßenverkehrsbehörde gehandelt.
a) Die eigene deliktsrechtliche Haftung der Beklagten wäre gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG ausgeschlossen, wenn die Mitarbeiter der Beklagten bei der Aufstellung des mobilen Halteverbotsschilds in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hätten. In seinem Anwendungsbereich verdrängt § 839 BGB als vorrangige Spezialregelung konkurrierende Ansprüche aus §§ 823 ff BGB. Im Rahmen der Haftung nach § 839 BGB tritt gemäß Art. 34 Satz 1 GG - im Wege der befreienden Haftungsübernahme - der Staat beziehungsweise die jeweilige Anstellungskörperschaft als Anspruchsgegner des Geschädigten an die Stelle dessen, der in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hat; in diesem Falle scheidet eine persönliche Haftung des Amtsträgers gegenüber dem Geschädigten aus (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 - III ZR 68/14, juris Rn. 8).
Ob sich das Handeln einer Person als Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes darstellt, bestimmt sich danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn der Betreffende tätig wird, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion, das heißt auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient, abzustellen. Hiernach können auch Mitarbeiter eines privaten Unternehmens Amtsträger im haftungsrechtlichen Sinne sein. Dies kommt neben den Fällen der Beleihung eines Privatunternehmens mit hoheitlichen Aufgaben auch dann in Betracht, wenn Private als Verwaltungshelfer bei der Erledigung hoheitlicher Aufgaben tätig werden. Dafür ist erforderlich, dass ein innerer Zusammenhang und eine engere Beziehung zwischen der Betätigung des Privaten und der hoheitlichen Aufgabe besteht, wobei die öffentliche Hand in so weitgehendem Maße auf die Durchführung der Arbeiten Einfluss nimmt, dass der Private gleichsam als bloßes „Werkzeug“ oder „Erfüllungsgehilfe“ des Hoheitsträgers handelt und dieser die Tätigkeit des Privaten deshalb wie eine eigene gegen sich gelten lassen muss. Je stärker der hoheitliche Charakter der Aufgabe in den Vordergrund tritt, je enger die Verbindung zwischen der übertragenen Tätigkeit und der von der öffentlichen Hand zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe und je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Privaten ist, desto näher liegt es, ihn als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen. Jedenfalls im Bereich der Eingriffsverwaltung kann sich die öffentliche Hand der Amtshaftung für fehlerhaftes Verhalten ihrer Bediensteten grundsätzlich nicht dadurch entziehen, dass sie die Durchführung einer Maßnahme durch privatrechtlichen Vertrag auf einen privaten Unternehmer überträgt (BGH, Urteile vom 18. Februar 2014 - VI ZR 383/12 - juris Rn. 5; vom 9. Oktober 2014 - III ZR 68/14, juris Rn. 17 m.w.N.).
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist danach insbesondere die Tätigkeit eines privaten Unternehmers als hoheitlich angesehen worden, der im Auftrag der Behörde ein verbotswidrig geparktes Fahrzeug abschleppt (BGH, Urteile vom 21. Januar 1993 - III ZR 189/91, juris Rn. 12; vom 18. Februar 2014 - VI ZR 383/12 - juris Rn. 6).
Ob sich danach die Errichtung eines mobilen Verkehrsschilds durch ein Bauunternehmen als hoheitliche Maßnahme eines Verwaltungshelfers darstellt, wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Teilweise wird - meist ohne weitere Begründung - eine eigene deliktische Haftung des Aufstellers angenommen, wenn das Schild etwa bei Wind umstürzt oder von Dritten umgeworfen wird (LG Berlin, Urteil vom 23. Oktober 2003 - 57 S 4/03, juris; OLG Hamburg, Urteil vom 3. März 1999 - 14 U 44/98, juris; AG Kaiserslautern, Urteil vom 29. April 2005 - 3 C 2325/04, juris; AG Hamburg, Urteil vom 6. Mai 2009 - 7c C 16/08, juris; AG Bremen, Urteil vom 20. Oktober 2011 - 9 C 0232/11, juris; AG Wiesbaden, Urteil vom 4. April 2014 - 93 C 6143/10, juris), teilweise wird aber auch ein Amtshaftungsanspruch gegen die öffentliche Hand bejaht (OLG Hamm, Urteil vom 29. Juli 2015 - I-11 U 32/14, juris; vgl. auch LG Berlin, Urteil vom 21. Dezember 1998 - 13 O 357/98, NVwZ-RR 1999, 362). Das Oberlandesgericht Hamm hat in seiner Entscheidung vom 29. Juli 2015 darauf abgestellt, dass die Stadt als Straßenbaubehörde verkehrsrechtliche Anordnungen im Sinne des § 45 Abs. 2 StVO für von ihr veranlasste Bauarbeiten erlassen hat, mit welcher die durch die Bauarbeiten notwendigen Verkehrsbeschränkungen und Umleitungen geregelt wurden. Diese Anordnungen waren von dem beauftragen Unternehmer strikt entsprechend dieser Vorgaben umzusetzen, ohne dass ihm hierbei ein eigener Ermessens- oder Entscheidungsspielraum zukommen konnte (aaO, juris Rn. 16 f).
b) Nach dem Dafürhalten des Senats wird der private Bau- oder Umzugsunternehmer nicht als Verwaltungshelfer und damit nicht als Beamter im haftungsrechtlichen Sinn tätig, wenn er aufgrund einer Genehmigung der Straßenverkehrsbehörde mobile Halteverbotsschilder zu dem hauptsächlichen Zweck aufstellt, die Bau- oder Umzugsarbeiten durch ortsnahe Park- oder Haltemöglichkeiten zu erleichtern.
Der Bau- oder Umzugsunternehmer handelt in derartigen Fällen bei der Einholung der Genehmigung und dem Aufstellen der Halteverbotsbeschilderung regelmäßig überwiegend im eigenen Interesse. Die Einrichtung des Halteverbots dient dazu, das ungestörte Beladen der Umzugswagen beziehungsweise die erleichterte Anlieferung von Baumaterialien sowie die erleichterte Zu- und Abfahrt der Baufahrzeuge zu ermöglichen. Funktional kommt dies einer Sondernutzungserlaubnis für den Bau- oder Umzugsunternehmer gleich (vgl. OVG Münster, Urteil vom 13. September 2016 - 5 A 470/14, juris Rn. 33; VG Ansbach, Urteil vom 28. Februar 2002 - AN 5 K 01.01725, juris Rn. 17; VG Münster, Urteil vom 21. August 2007 - 1 K 341/05, juris Rn. 23; VG Düsseldorf, Urteil vom 20. August 2013 - 14 K 7033/12, juris Rn. 57). Auch wenn die Einrichtung der Halteverbotszone daneben regelmäßig den Zweck hat, Gefährdungen für den Straßenverkehr im Sinne der Aufrechterhaltung seiner „Sicherheit und Leichtigkeit“ auszuschließen - etwa durch Parken auf der Straße („in zweiter Reihe“) - so dient sie doch in der Mehrzahl der alltäglichen Fälle ganz überwiegend dem privaten Interesse an der erleichterten Durchführung des Umzugs oder der privaten Baumaßnahme (vgl. BayVGH, Urteil vom 14. Juni 2016 - 10 B 14.2455, juris Rn. 28; OVG Münster, a.a.O., Rn. 29; vgl. aber BGH, Urteil vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02, juris Rn. 19 f, wonach Halteverbote im Rahmen von Baustellen nicht das Vermögen eines Bauunternehmers schützen).
Wenn die Straßenverkehrsbehörde die Aufstellung einer Halteverbotsbeschilderung in derartigen Fällen lediglich genehmigt, aber nicht anordnet, belässt sie dem Unternehmer einen gewissen Entscheidungsspielraum, wenn nicht bei der Anordnung (zur ausschließlichen Anordnungsbefugnis der Behörde für Verkehrszeichen und der Ablehnung eines diesbezüglichen Entscheidungsspielraums des Unternehmers vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 S 3263/08, juris Rn. 15 f; VG Gießen, Urteil vom 2. September 2004 - 10 E 2589/04, juris Rn. 25 f; VG Köln, Urteil vom 5. Februar 2009 - 20 K 3610/07, juris Rn. 25), so doch bei der Bekanntgabe der Verkehrszeichen (vgl. zu Erfordernis der Bekanntgabe etwa BVerwG, Urteil vom 6. April 2016 - 3 C 10/15, juris Rn. 22; VGH Mannheim, a.a.O., Rn. 17). Dies entspricht einem praktischen Bedürfnis in derartigen Fällen. Wie lange die in Aussicht genommenen Bauarbeiten oder der Umzug dauern, lässt sich häufig nicht auf den Tag genau vorhersehen. Die Maßnahmen können früher abgeschlossen sein als geplant oder etwa kurzfristig verschoben werden. In derartigen Fällen erscheint es sachgerecht, dem Unternehmer die Entscheidung zu überlassen, die Beschilderung entweder gar nicht aufzustellen oder vor Ablauf des genehmigten Zeitraums wieder abzubauen, ohne hierfür eine Entschließung der Behörde einholen zu müssen.
Damit unterscheidet sich die hier zu beurteilende Konstellation in maßgeblichen Punkten von der behördlichen Anordnung einer Straßenbeschilderung im Zuge öffentlicher Bauarbeiten, wie sie der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 29. Juli 2015 - I-11 U 32/14, juris) zugrunde lag. Für die Qualifikation des Unternehmers als Verwaltungshelfer in solchen Fällen - die Einordnung als Beliehener scheidet mangels Rechtsgrundlage für die Delegation des Verwaltungsakts von vornherein aus, vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 S 3263/08, juris Rn. 17; allgemein zur Abgrenzung von Beliehenem und Verwaltungshelfer BGH, Urteil vom 14. Oktober 2004 - III ZR 169/04, juris Rn. 14) - spricht auch nicht, dass der Unternehmer dann in den Genuss der Rückgriffsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (Art. 34 Satz 2 GG) gelangen würde. Denn diese Beschränkung gilt nicht für als Verwaltungshelfer herangezogene selbständige private Unternehmer (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2004 - III ZR 169/04, juris Rn. 15).
c) Danach ist die Beklagte im Streitfall nicht als Beamte im haftungsrechtlichen Sinn anzusehen. Die Aufstellung der Halteverbotsschilder wurde von der Stadt Baden-Baden nicht angeordnet, sondern lediglich genehmigt (Bescheid vom 06.11.2014, Anlage K 1). Sie diente, soweit dargelegt und ersichtlich, hauptsächlich der erleichterten Park- und Haltemöglichkeit der mit privaten Gebäudesanierungsarbeiten befassten Handwerker. Unter diesen Umständen hat die von der HSB GmbH mit den Beschilderungsarbeiten beauftragte Beklagte nicht im Sinne von § 839 BGB als Amtsträger gehandelt. Dies entspricht auch der Betrachtungsweise der als Streithelferin auf Beklagtenseite beigetretenen Stadt Baden-Baden, die die Beklagte wegen des privaten Charakters der Baumaßnahme nicht als ihren Verwaltungshelfer ansieht (II 81).
2. Zu Recht hat das Landgericht ferner angenommen, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, weil sie das mobile Verkehrsschild nicht unverzüglich nach Ablauf der Genehmigungsdauer entfernt hat. Wie die oben zitierte Rechtsprechung zeigt, geht von mobilen Verkehrsschildern ein erhöhtes Gefahrenpotenzial aus. Sie sind anfällig gegen Wind und fordern Vandalismus heraus. Ihr Sockel kann sich, wie der Streitfall belegt, als Stolperfalle erweisen. Diese Gefahren sind nur hinzunehmen, solange die Aufstellung eines mobilen Schildes verkehrsbedingt erforderlich und genehmigt ist. Nach Ablauf dieser Zeit stellt sich das mobile Verkehrsschild als beseitigungspflichtiges Hindernis dar. Die Auflage, die Beschilderung nach Beendigung der Arbeiten unverzüglich zu entfernen (Bescheid vom 06.11.2014, Anlage K 1), mag vorrangig den Parkplatzinteressen der Anwohner dienen, sie hat aber auch den Zweck, die von mobilen Verkehrsschildern ausgehenden Gefahren auf das erforderliche und zumutbare Maß zu beschränken (vgl. LG Berlin, Urteil vom 23. Oktober 2003 - 57 S 4/03, juris Rn. 14; AG Kaiserslautern, Urteil vom 29. April 2005 - 3 C 2325/04, juris Rn. 14). Die Pflicht, das Halteverbotsschild nach Ablauf der Genehmigungsdauer zu entfernen, mündet daher in eine entsprechende Verkehrssicherungspflicht, die auch den Sicherheitsinteressen der Verkehrsteilnehmer zu dienen bestimmt ist.
Gegen diese Pflicht hat die Beklagte schuldhaft verstoßen, indem sie das Schild nicht unverzüglich nach Ende der Arbeiten, jedenfalls aber nach Ende des Genehmigungszeitraums entfernt hat. Zwischen dem Ende des Genehmigungszeitraums und dem Unfall der Klägerin liegen mehr als zehn Tage. Bei dieser Zeitspanne ist die angemessene Reaktionszeit selbst bei großzügiger Interpretation des Unverzüglichkeitsbegriffs überschritten. Dass die HSB GmbH die Schilder, wie die Beklagte behauptet, nach Ablauf der Arbeiten nicht „abgerufen“ hat, entlastet die Beklagte nicht. Sie musste sich von sich aus Kenntnis von dem Inhalt des Bewilligungsbescheids verschaffen, zumal sie danach verpflichtet war, an der Verbotsbeschilderung Hinweise auf den Zeitraum der Gültigkeit anzubringen. Sie war daher gehalten, eine gewisse Zeit nach Ablauf der Genehmigung von sich aus nachzufragen, ob die Schilder noch benötigt werden und gegebenenfalls auf ihre Beseitigung hinzuwirken. Dies hat sie nach ihrem eigenen Vorbringen versäumt.
3. Zu Recht hat das Landgericht der Klägerin wegen der von ihr erlittenen Rippenverletzungen ein Schmerzensgeld von 1.740 € zuerkannt. Auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Das Mitverschulden der Klägerin ist mit 50% angemessen berücksichtigt. Dagegen bringt die Berufung nichts Durchgreifendes vor.
4. Auch der Feststellungsantrag ist entgegen der Ansicht der Berufung begründet. Wie die Klägerin bei ihrer mündlichen Anhörung vor dem Landgericht angegeben hat, sind die Rippen nicht gerade zusammengewachsen, ihre Körperhaltung ist seither leicht verschoben (I 73). Unter diesen Umständen sind orthopädische Folgeschäden nicht auszuschließen (vgl. zu den geringen Anforderungen an die Feststellung der Ersatzpflicht für Folgeschäden bei Körperverletzungen BGH, Beschluss vom 9. Januar 2007 - VI ZR 133/06, juris Rn. 5 f).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 101 Abs. 1 ZPO. Die Vollstreckungsanordnung findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat lässt die Revision zu, weil die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen sich die Errichtung eines mobilen Verkehrsschilds durch ein Bauunternehmen als hoheitliche Maßnahme eines Verwaltungshelfers darstellt, ist - wie oben im Einzelnen dargelegt - höchstrichterlich nicht geklärt und wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet.

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