Der Kläger hat am Tag vor Ablauf
der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des
Schleswig-Holsteinischen OLG unter Beifügung des von ihm ausgefüllten und
unterschriebenen Formulars Prozesskostenhilfe für das
Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und ein sich anschließendes
Revisionsverfahren beantragt. Belege
waren diesem per Telefax bei dem BGH eingegangenen Schriftsatz nicht beigefügt worden.
Der BGH hat den Antrag zurückgewiesen.
Zur Begründung wurde darauf
verwiesen, der Antrag ließe keine Prüfung nach § 114 Satz 1 ZPO zu, ob er nach
seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage sei, die Kosten des
Prozesses zu tragen. Es würde an der Vorlage der Belege ermangeln, die § 117
Abs. 2 S. 1 ZPO zwingend vorsieht.
Da dieser Beschluss erst am
10.11.2016 erging, der Antrag am 16.06.2016 per Telefax gestellt wurde, die
Frist für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde am 20.05.2016 ablief,
war die Frist versäumt. Wäre der Antrag positiv verbeschieden worden, wäre ihm
wegen der Nichtwahrung der Frist Wiedereinsetzung zu gewähren gewesen, ebenso,
wenn aus sachlichen der Antrag zurückgewiesen worden wäre. Vorliegend aber
führte der BGH im Rahmen der Zurückweisung des Antrages aus, der Kläger habe in
Ansehung des unzureichenden Antrages nicht darauf vertrauen dürfen, dass seinem
Antrag entsprochen würde, zumal bereits das OLG betreffend dem dort gestellten
Antrag ebenfalls darauf hingewiesen habe, dass er (trotz einer Auflage durch
das OLG) seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Ermangelung
der Vorlage von Belegen nicht glaubhaft
gemacht habe.
Der BGH wies ferner darauf hin,
dass er den Kläger auch darauf nicht hätte aufmerksam machen können. Denn sein
Antrag sei am 16.06.2016 (einem Freitag) eingegangen, und die Frist für die
Nichtzulassungsbeschwerde lief bereits am 20.06.2016 ab. Damit wäre eine Prüfung
der Vollständigkeit der Prozesskostenhilfeunterlagen nicht vor Ablauf der Frist
für das Rechtsmittel im normalen Geschäftsgang möglich gewesen.
Danach sei ein Hinweis nicht mehr
opportun gewesen, da die Frist für das Rechtsmittel bereits abgelaufen sei und
eine Wiedereinsetzung nicht möglich sei. Eine Partei, die aus eigenen Mitteln
das Verfahren nicht finanzieren könne, müsse ihr vollständiges Gesuch auf Prozesskostenhilfe
einschließlich der erforderlichen Unterlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist
einreichen. Ein mögliches Verschulden des Anwalts an der Unterlassung sei dem
Antragsteller nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.
Anmerkung: Rechtsmittelfristen (Berufung, Revision bzw.
Nichtzulassungsbeschwerde) sind sogenannte Notfristen. Werden sie nicht eingehalten,
ist glaubhaft zu machen, dass ein Verschulden an der Versäumung der Frist nicht
vorliegt (z.B. rechtzeitige Absendung der Rechtsmittelschrift mit der Post, der
aber durch nicht zu erwartende Verzögerungen bei der Postzustellung erst
verspätet beim Rechtsmittelgericht eintrifft). Ebenfalls wird Wiedereinsetzung gewährt, wenn
statt des Rechtsmittels innerhalb dieser Frist ein Prozesskostenhilfeantrag
gestellt wird. Aber dieser muss vollständig sein. Ist er unvollständig, so der
BGH, kann der Rechtssuchende nicht darauf vertrauen, dass er darauf hingewiesen
wird und nachbessern kann. Dies jedenfalls dann nicht, wenn in einem „normalen
Geschäftsgang“ (was der BGH darunter versteht, lässt er offen) nicht mehr geprüft
werden konnte und ein Hinweis erteilt werden konnte. Eine Fristerstreckung
kommt hier in Ansehung der Notfrist nicht in Betracht.
BGH, Beschluss vom 10.11.2016 – V ZA 12/16 -
Aus den Gründen:
Tenor
- Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Gründe
- I.
- Das Landgericht hat die auf Herausgabe diverser Gegenstände gerichtete Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen.
- Das Berufungsurteil ist dem Kläger am 20. Mai 2016 zugestellt worden. Mit am 16. Juni 2016 per Telefax ohne Anlagen bei dem Bundesgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde und ein sich anschließendes Revisionsverfahren beantragt. Dem im Original am 17. Juni 2016 bei Gericht eingegangenen Prozesskostenhilfeantrag war eine ausgefüllte und unterschriebene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ohne jegliche Belege beigefügt.
- II.
- Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen.
- 1. Die Angaben des Klägers ermöglichen keine Prüfung, ob er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 114 Satz 1 ZPO). Der Kläger hat zwar eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf einem unterschriebenen Vordruck übermittelt. Jedoch fehlt es an der Vorlage von Belegen für die darin enthaltenen Angaben. Die Beifügung der „entsprechenden Belege“ ist dem Antragsteller in § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO ausdrücklich zur Pflicht gemacht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - IX ZA 8/03, FamRZ 2004, 99, 100). Der Vordruck enthält auch auf Seite 1 oben den Hinweis, dass Belege in Kopie durchnummeriert beizufügen sind. Außerdem ist bei den abgefragten Angaben jeweils eine Rubrik „Beleg Nummer“ vorhanden, die entsprechend auszufüllen ist.
- Wegen des Fehlens der Belege durfte der Kläger bei Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht darauf vertrauen, dass seinem Prozesskostenhilfeantrag entsprochen würde. Dies gilt vorliegend umso mehr, als schon das Landgericht in seinem den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss darauf hingewiesen hat, dass der Kläger (trotz einer Auflagenverfügung) seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mangels Vorlage von Belegen nicht glaubhaft gemacht habe.
- 2. Ein Hinweis auf das Fehlen von Belegen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers konnte nicht innerhalb der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgen, weil der Antrag mit dem Vordruck erst am 17. Juni 2016, einem Freitag, eingegangen ist und eine Prüfung der Vollständigkeit des Prozesskostenhilfeantrages im normalen Geschäftsgang nicht vor Ablauf der Rechtsmittelfrist am 20. Juni 2016 erfolgen konnte.
- Eines Hinweises zum jetzigen Zeitpunkt bedarf es nicht, weil dem Kläger damit nicht gedient wäre. Die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ist verstrichen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO) kommt nicht in Betracht. Eine Partei, die nicht in der Lage ist, die Prozesskosten zu tragen, muss ihr vollständiges Gesuch um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Rechtsmittelverfahren unter Verwendung der vorgeschriebenen Vordrucke und Beifügung aller erforderlichen Unterlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist einreichen. Ist dies nicht geschehen, war die Partei nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde einzuhalten (Senat, Beschluss vom 18. April 2013 - V ZA 35/12, juris Rn. 4; Beschluss vom 2. Februar 2012 - V ZA 3/12, Grundeigentum 2012, 495; Beschluss vom 7. Oktober 2004 - V ZA 8/04, FamRZ 2004, 1961, 1962 mwN). Ein etwaiges Verschulden seiner Anwälte wäre dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2001 - XI ZR 161/01, BGHZ 148, 66, 70).
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