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Freitag, 3. März 2017

Prozessrecht: Prozesskostenhilfeantrag im Rechtsmittelverfahren ohne Belege gestellt – und Konseuquenz der Abweisung ohne Hinweis

Der Kläger hat am Tag vor Ablauf der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Schleswig-Holsteinischen OLG unter Beifügung des von ihm ausgefüllten und unterschriebenen Formulars Prozesskostenhilfe für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und ein sich anschließendes Revisionsverfahren beantragt.  Belege waren diesem per Telefax bei dem BGH eingegangenen Schriftsatz nicht beigefügt worden. Der BGH hat den Antrag zurückgewiesen.

Zur Begründung wurde darauf verwiesen, der Antrag ließe keine Prüfung nach § 114 Satz 1 ZPO zu, ob er nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage sei, die Kosten des Prozesses zu tragen. Es würde an der Vorlage der Belege ermangeln, die § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO zwingend vorsieht.

Da dieser Beschluss erst am 10.11.2016 erging, der Antrag am 16.06.2016 per Telefax gestellt wurde, die Frist für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde am 20.05.2016 ablief, war die Frist versäumt. Wäre der Antrag positiv verbeschieden worden, wäre ihm wegen der Nichtwahrung der Frist Wiedereinsetzung zu gewähren gewesen, ebenso, wenn aus sachlichen der Antrag zurückgewiesen worden wäre. Vorliegend aber führte der BGH im Rahmen der Zurückweisung des Antrages aus, der Kläger habe in Ansehung des unzureichenden Antrages nicht darauf vertrauen dürfen, dass seinem Antrag entsprochen würde, zumal bereits das OLG betreffend dem dort gestellten Antrag ebenfalls darauf hingewiesen habe, dass er (trotz einer Auflage durch das OLG) seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Ermangelung der Vorlage von Belegen  nicht glaubhaft gemacht habe.

Der BGH wies ferner darauf hin, dass er den Kläger auch darauf nicht hätte aufmerksam machen können. Denn sein Antrag sei am 16.06.2016 (einem Freitag) eingegangen, und die Frist für die Nichtzulassungsbeschwerde lief bereits am 20.06.2016 ab. Damit wäre eine Prüfung der Vollständigkeit der Prozesskostenhilfeunterlagen nicht vor Ablauf der Frist für das Rechtsmittel im normalen Geschäftsgang möglich gewesen.

Danach sei ein Hinweis nicht mehr opportun gewesen, da die Frist für das Rechtsmittel bereits abgelaufen sei und eine Wiedereinsetzung nicht möglich sei. Eine Partei, die aus eigenen Mitteln das Verfahren nicht finanzieren könne, müsse ihr vollständiges Gesuch auf Prozesskostenhilfe einschließlich der erforderlichen Unterlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist einreichen. Ein mögliches Verschulden des Anwalts an der Unterlassung sei dem Antragsteller nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.

Anmerkung: Rechtsmittelfristen (Berufung, Revision bzw. Nichtzulassungsbeschwerde) sind sogenannte Notfristen. Werden sie nicht eingehalten, ist glaubhaft zu machen, dass ein Verschulden an der Versäumung der Frist nicht vorliegt (z.B. rechtzeitige Absendung der Rechtsmittelschrift mit der Post, der aber durch nicht zu erwartende Verzögerungen bei der Postzustellung erst verspätet beim Rechtsmittelgericht eintrifft).  Ebenfalls wird Wiedereinsetzung gewährt, wenn statt des Rechtsmittels innerhalb dieser Frist ein Prozesskostenhilfeantrag gestellt wird. Aber dieser muss vollständig sein. Ist er unvollständig, so der BGH, kann der Rechtssuchende nicht darauf vertrauen, dass er darauf hingewiesen wird und nachbessern kann. Dies jedenfalls dann nicht, wenn in einem „normalen Geschäftsgang“ (was der BGH darunter versteht, lässt er offen) nicht mehr geprüft werden konnte und ein Hinweis erteilt werden konnte. Eine Fristerstreckung kommt hier in Ansehung der Notfrist nicht in Betracht.


BGH, Beschluss vom 10.11.2016 – V ZA 12/16 -