Mit zunehmendem Sicherungsbedürfnis des Vermieters vor Schädigungen
seines Eigentums und des Mieters vor möglichen Einbrüchen weitet sich der
Einsatz von Videoüberwachungen sowohl im Bereich gewerblich genutzter Immobilien
wie auch in der Wohnnutzung dienenden Immobilien aus. Auch wenn häufig Mieter
die Überwachungen als zusätzlichen Schutz auch der eigenen Sphäre begrüßen, sehen
sich andere Mieter (insbesondere bei Wohnraum) in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht
beeinträchtigt.
Vorliegend waren Videokameras im
Innenbereich des Hauseingangs und im ersten Innenhof des Mietobjekts
installiert. Betroffen von der Überwachung waren auch der Außenbereich der
Wohnung der klagenden Mieterin als auch Teile des Zugangs zu ihrer Wohnung. Die
Mieterin machte einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen der von ihr in der
Überwachung gesehenen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts geltend. Im Laufe des Verfahrens des auch auf Unterlassung
Anbringung der Videokameras gerichteten Antrags wurden diese von dem Vermieter
entfernt und insoweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Klage auf Geldentschädigung wurde vom Amtsgericht abgewiesen. Mit seinem
Hinweisbeschluss (§ 522 ZPO) teilte das Landgericht der klagenden Mieterin, die
Berufung gegen die amtsgerichtliche Entscheidung eingelegt hatte, mit, dass
beabsichtigt sei, die Berufung zurückzuweisen.
Der Anspruch auf
Geldentschädigung beruhe auf § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2
Abs. 1 GG. Nach der Rechtsprechung des BGH begründe eine schuldhafte Verletzung
des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Geldentschädigung des Betroffenen,
wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handele und die Beeinträchtigung
nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden könne.
Für die schwere des Eingriffs sei
auf die gesamten Umstände des Einzelfalls abzustellen. Dabei sei auf die
Bedeutung und Tragweite des Eingriffs abzustellen, mithin auf das Ausmaß der
Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen-
oder Rufschädigung des Verletzten und auf die Nachhaltigkeit und Fortdauer
dieser Verletzung, ferner auf Anlass und Beweggrund des Handelnden und den Grad
seines Verschuldens (BGH, Urteil vom 17.12.2013 - VI ZR 211/12; BGH, Urteil vom
15.09.2015 - VI ZR 175/14 -). Zu berücksichtigen sei auch ein erwirkter Unterlassungstitel;
die daraus mögliche Vollstreckung könne den Entschädigungsanspruch beeinflussen
und sogar ausschließen. Dies deshalb, da die Geldentschädigung im Falle der
Verletzung des Persönlichkeitsrechts ihre sachliche Rechtfertigung darin finde,
dass ohne diese häufig die Verletzungshandlung ohne Sanktion bliebe und damit „der
Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde“.
Dass hier ein schwerer Eingriff
in das Persönlichkeitsrecht der Mieterin
durch die Kameras vorläge, sei zutreffend
vom Amtsgericht angenommen worden. Allerdings beträfe dieser rechtswidrige
Eingriff nicht den Kern desselben, auch wenn mit dem Zugang zur Wohnung ein
verfassungsrechtlich besonders geschützter privater Rückzugsbereich der
Mieterin betroffen sei. Ziel der Überwachung sei nicht eine gezielte, generelle
Überwachung der (auch eventuell ahnungslosen) Mieter gewesen und eine
Verbreitung oder Veröffentlichung habe weder stattgefunden noch sei dies zu
befürchten gewesen.
Der erwirkte Unterlassungstitel
belege, dass die mit dem rechtswidrigen Eingriff erfolgte
Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht sanktionslos geblieben sei, wie das
Entfernen der Kameras belege. Die Heimlichkeit der Installation und Überwachung
der Kameras und der Zeitraum bis zu ihrer Entfernung würden hier die
Geldentschädigung nicht rechtfertigen können.
LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 02.10.2019 - 65 S 1/19 -