Der Kläger kaufte am 17.09.1996 von
der beklagten Stadt ein in einer
ehemaligen Kleingartenanlage, die von der Stadt in 1959 in ein Siedlungsgebiet
umgewandelt wurde, zum Preis von DM 101.790,00 ein 552qm großes Grundstück, wobei zwischen den Parteien
Streit bestand, ob dies einen Preisnachlass von 20% oder 29% vom Wert
darstellt. Im Gegenzug zu dem Preisnachlass erhielt die Beklagte ein
Wiederkaufsrecht von 30 Jahren, beginnend mit dem Eigentumserwerb, u.a. für den
Fall, dass der Kläger das Grundstück Dritten ganz oder teilweise verkauft oder zur
eigentumsähnlichen Nutzung überlässt. Die Wahrung des Eigentums an dem
Grundstück erfolgte am 06.05.1999 im Grundbuch. Nachdem der Kläger die Beklagte
2013 darüber informierte, dass er das Grundstück verkaufen wolle, bot ihm diese
an, gegen Zahlung von € 47.078,78 auf das Wiederkaufsrecht, welches nach ihrer
Ansicht am 16.03.2017 ende, zu verzichten. Der Kläger zahlte den Betrag unter
Vorbehalt der Klärung der Wirksamkeit des Wiederkaufsrechts und verkaufte mit
Vertrag vom 01.02.2016 das Grundstück zu € 335.000,00.
Die Klage auf Rückzahlung der € 47.078,78
war erfolgreich. Das OLG wies die Berufung der Beklagten zurück. Auf die
Revision der Beklagten änderte das Landgericht das Urteil unter Abweisung der
Klage ab.
Nach Auffassung des BGH stünde dem Kläger kein Anspruch gem.
§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt auf Rückzahlung des unter Vorbehalt gezahlten
Ablösebetrages zu.
Zutreffend sei allerdings die
Auffassung des OLG, dass die Regelung zum Wiederkaufsrecht im Hinblick auf die
Dauer von 30 Jahren nichtig sei, § 134 BGB. Sie stelle sich sowohl nach § 6
Abs. 3 S. 4 BauGB-MaßnahmenG idF. Vom 22.04.1993 (jetzt: § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB)
als auch nach § 9 Abs. 1 AGBG (iVm. Art. 229 § 5 S. 1 EBGB) als eine unangemessene
Vertragsbestimmung dar (dabei ließ es dahingestellt ob, Klauseln eines
privatrechtlichen städtebaulichen Vertrages nach dem Ablauf der Frist zur
Umsetzung der EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in
Verbraucherverträgen zum 31.12.1994 alleine an den Vorgaben des § 11 Abs. 2 S.
1 BauGB oder auch an §§ 307ff BGB zu messen seien, da der Vertrag vorher
geschlossen wurde). Nach § 6 Abs. 2 BauGB-MaßnahmenG 1993 müssten in Ansehung
des Ziels der Bauleitplanung, die Nutzung entsprechend den Festsetzungen des
Bebauungsplanes oder die Deckung des Wohnbedarfs, die in dem städtebaulichen Vertrag
vereinbarten Leistungen insgesamt angemessen sein. Das bedeute, dass bei
wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs die Gegenleistung nicht außer
Verhältnis zu der Bedeutung und dem Wert der von der Behörde erbrachten / zu
erbringenden Leistung stünde und auch ansonsten die Übernahme von Pflichten zu
keiner unzumutbaren Belastung für den Vertragspartner der Behörde führen würfe.
Dieser Prüfungsmaßstab gelte auch im Rahmen von § 9 AGBG. Danach sei die an
sich zulässige Bindungswirkung im Hinblick auf deren Dauer von 30 Jahren
unwirksam. Dies würde auch bei einem von der Beklagten behaupteten Nachlass von
29% gelten. Es handele sich um eine Beschränkung im Rahmen einer Subventionierung
durch die öffentliche Hand, bei der die den Käufer auferlegten Bedingungen
nicht zu einer unzumutbaren Belastung führen dürften. Es bedürfe also einer
zeitlichen Begrenzung zur Ausübung des Wiederkaufsrechts im Verhältnis zu Höhe
des Nachlasses. Besondere Umstände, die hier diese Bindungsdauer rechtfertigen
könnten lägen nicht vor. Weder habe die Subventionierung über dem üblichen
Rahmen (bei Einheimischenmodellen idR. 30%) gelegen, noch seien andere diese
Dauer rechtfertigende Umstände erkennbar.
Die Nichtigkeit der zeitlichen
Komponente führe aber nicht auch zur Nichtigkeit des vereinbarten Wiederkaufs
als solchem. Die Lücke sei durch §§ 157, 133 BGB zu schließen. Das Verbot der
geltungserhaltendem Reduktion von Klauseln nach §§ 9ff AGBG (heute: §§ 307ff
BGB) gelte nichts ausnahmslos. Bei
Fehlen gesetzlicher Regelungen, die an die Stelle der unwirksamen Klausel
treten (vgl. § 306 Abs. 2 BGB) würde die ersatzlose Streichung der Klausel zu
einem Ergebnis, dass den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise
Rechnung trage, sondern das gesamte Vertragsgefüge einseitig zugunsten des
Vertragspartners des Verwenders verschiebe, so dass diesem ein Festhalten an
dem Vertrag nicht mehr zumutbar wäre, käme keine ergänzende Vertragsauslegung
in Betracht (BGH, Urteil vom 16.04.2010 - V ZR 175/90 - zu § 306 Abs. 3 BGB;
BGH, Urteil vom 06.07.2016 - IV ZR 44/15 -). Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie
93/13/EWG würde die nach dem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der
Rechte und Pflichten der Vertragspartner unter Berücksichtigung ihrer
beiderseitigen Interessen durch eine materielle Ausgewogenheit ersetzt und so
ihre Gleichheit wiederhergestellt (BGH, Urteil vom 06.04.2013 - VIII ZR 80/12
-).
Die Beklagte habe dem Kläger das
Grundstück zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis verlauft, was ihr in
Ansehung des Gebots der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel nur gestattet
sei, wenn dies der Erfüllung legitimer öffentlicher Aufgaben diene und die
zweckentsprechende Mittelverwendung sichergestellt sei (§ 90 GO NRW). Das
zeitlich befristete Wiederkaufsrecht würde mithin erst die Grundlage für den
Verkauf begründen können. Die ersatzlose Streichung der Klausel würde dazu
führen, dass der Vertrag insgesamt keinen Bestand mehr haben könnte, käme es
nicht zu einer ergänzenden Vertragsauslegung gem. § 6 Abs. 3 AGBG (jetzt: § 306
Abs. 3 BGB) (dazu EuGH, Urteil vom 07.08.2018 C-96/16 und C-94/17; BGH vom 16.04.2016 - VIII
ZR 79/15 -). Durch die Nichtigkeit der Klausel insgesamt und damit dem
fehlenden Bestand für den Vertrag würde
der Kläger entgegen der Zielsetzung des Unionsgesetzgebers eines bestmöglichen
Verbraucherschutzes schlechter gestellt als durch eine ergänzende Vertragsauslegung.
Die ergänzende Vertragsauslegung
habe nach dem objektivierten hypothetischen Parteiwillen so zu erfolgen, dass
ein Gleichgewicht der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien wiederhergestellt und die materielle Ausgewogenheit gewahrt
würde. Ausgehend von einem vom Kläger behaupteten Preisnachlass von 20% würde
dies bei einer Dauer des Wiederkaufsrechts von 20 Jahren der Fall sein. Eine
solche Frist diene dem von der Gemeinde verfolgten Zweck der Verhinderung einer
Grundstücksspekulation und stelle zugleich eine adäquate Gegenleistung des
Käufers für den verbilligten Erwerb dar.
Da die Weiterveräußerung rund 17
Jahre nach der grundbuchlichen Wahrung bzw. 19,5 Jahre nach Abschluss des
Kaufvertrages erfolgte, könne der Kläger den Ablösebetrag nicht
zurückverlangen.
BGH, Urteil vom 15.02.2019 - V ZR 77/18 -