Der BGH hat nunmehr erstmals in einer Sachentscheidung zu der
Problematik eine Entscheidung darüber getroffen, welche Rechtsstellung der
werdende Wohnungseigentümer hat, der nach Wahrung des oder der ersten Erwerber
von Wohnungseigentum nach der durch die Eigentumswahrung erfolgten Begründung
der Wohnungseigentümergemeinschaft in dieser hat.
Die T. GmbH hatte mit notarieller
Urkunde vom 26.01.2013 das Grundstück in Wohn- und Teileigentum aufgeteilt.
Schon bis zur Wahrung im Grundbuch am 30.09.2015 begann die T. GmbH mit dem
Verkauf von wohnungs- und Teileigentumseinheiten und am 31.03.2016 wurde die
erste Käuferin aufgrund Auflassungserklärung vom 155.01.2015 im Grundbuch als
Miteigentümerin eingetragen. Mit notariellen Vertrag vom 30.06.2016 verkaufte
die T. GmbH zwei schon errichtete und vier noch zu errichtende Wohnungen an
eine andere Erwerberin (nachfolgend: Erwerberin). Am 02.08.2016 wurde zu deren
Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch gewahrt und die Übergabe
erfolgte mit Zahlung des Kaufpreises am 22.08.2016. Zu den
Wohnungseigentümerversammlungen vom 19.01., 09.05. und 13.07.2017 wurde die Erwerberin
geladen, wobei deren Geschäftsführer auf einer der Versammlungen auch zum Mitglied
des Verwaltungsbeirates berufen wurde. Auch an der Versammlung vom 06.11.2017 wollte
der Geschäftsführer der Erwerberin für diese teilnehmen, wurde aber vom Verwalter
mit der Begründung ausgeschlossen, die Erwerberin sei noch nicht im Grundbuch
als Eigentümerin gewahrt. Gegen die Beschlussfassung bei dieser Versammlung
(mit dem der Verwaltungsbeirat ermächtigt wurde, mit dem Verwalter einen Aufhebungsvertrag
zu schließen, für den 9.308,468/10.000stel stimmten) erhoben die Klägerinnen (zu
denen nicht die Erwerberin gehörte) unter Berufung auf den Ausschluss der
Erwerberin in Person deren Geschäftsführers Klage.
Der BGH gab der Klage statt.
Kernfrage war, ob der Ausschluss
der Erwerberin an der Teilnahme zulässig war und – bejahendenfalls – ob die die
Ungültigkeit des Beschlusses begründen kann.
Derjenige, der von dem teilenden
Eigentümer Wohnungs-/Teileigentum erwerbe, erlange mit der Eintragung der
Auflassungsvormerkung und Übergabe der Wohnung / des Teileigentums eine besondere
Rechtsstellung als werdender Wohnungseigentümer. Bis zur Eintragung als
Eigentümer bestünde eine Übergangsphase, in der er in vorgelagerter Anwendung
des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) wie ein Wohnungseigentümer zu behandeln sei
und daher auch an Eigentümerversammlungen teilnehmen und dort abstimmen könne. Diese
Rechtsstellung würde er nicht mit Eintragung des ersten Käufers als Eigentümers
im Grundbuch verlieren, auch wenn sich mit dieser Eintragung die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft in
eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtssinne wandle. Diese setze sich in
der Übergangszeit bis zur Wahrung des letzten werdenden Wohnungseigentümers als
Eigentümer im Grundbuch aus den Volleigentümern und den werdenden Eigentümern
zusammen.
Die Rechtsstellung als werdender Wohnungseigentümer
erlange ein Ersterwerber unabhängig davon, ob er vor oder nach der der
Eintragung des ersten Käufers als Eigentümer den Kaufvertrag geschlossen habe. Das
Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft würde nämlich nicht die
Regelungslücke schließen, die Voraussetzung für die vorgelagerte entsprechende
Anwendung der Vorschriften des WEG auf die werdende
Wohnungseigentümergemeinschaft sei. Unabhängig davon, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft
nach dem Gesetz nicht schon mit der Teilung (§ 8 WEG) durch den Eigentümer begründet
würde, da sie eine Personenmehrzahl von mindestens zwei Personen erfordere,
läge die entscheidende Lücke darin, dass die Regelung des WEG dem „Demokratisierungsinteresse“
der Erwerber mit gesicherter Rechtsposition nicht Rechnung trage. Anders als
die bereits als Eigentümer gewahrten Käufer könnten die nicht eingetragenen
Käufer, wie es geboten wäre, aus eigenem Recht an der Bewirtschaftung und
Verwaltung der Wohnanlage mitwirken. Diese Lücke würde erst mit der Wahrung des
letzten werdenden Eigentümers als Eigentümer schließen. Hierbei käme es auch
nicht darauf an, ob ein solcher Ersterwerber (also jenem, der vom ursprünglich
teilenden Eigentümer erwirbt) während der eigentlichen Vermarktungsphase oder
erst längere Zeit danach, evtl. nach Begründung der
Wohnungseigentümergemeinschaft, erwerbe.
Damit sei die Erwerberin zu
Unrecht von der Versammlung ausgeschlossen worden. Eine Ungültigkeitserklärung würde
zwar gleichwohl ausscheiden, wenn sich
der Ausschluss nicht auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hätte. Anders sei
dies nur bei schwerwiegenden Verstößen, die dazu führen würden, dass das
Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Mitgliedes in gravierender Weise
unterlaufen würde. Da vorliegend der Geschäftsführer der Erwerberin an mehreren
Wohnungseigentümerversammlungen teilgenommen habe und auch zum Mitglied des
Verwaltungsbeirats gewählt worden sei und auch zur fraglichen
Eigentümerversammlung erschienenen sei, bei unveränderter Sachlage ausgeschlossen
würde. Dies stelle einen gravierenden Eingriff in den Kernbereich elementarer
Mitgliedschaftsrechte dar, bei denen es nicht darauf ankäme, ob der Beschluss
auch bei seiner Teilnahme gefasst worden wäre. Von daher sei unerheblich, dass
der Beschluss mit einer großen Mehrheit gefasst wurde. Aus dem gleichen Grund
käme es nicht darauf an, ob die Beschlussmängelklage von ihm oder auch von ihm
erhoben wurde.
BGH, Urteil vom 14.02.2020 - V ZR 159/19 -