Die Beklagte zu 1. betrieb einen
Lebensmittelmarkt, dessen Parkplatz den Kunden zur Verfügung gestellt wird aber
auch von Anwohnern (insbesondere nachts) genutzt wird. Der Beklagte zu 2. war von
der Beklagten zu 1. mit dem Winterdienst beauftragt. Die Klägerin will an einem
Dezembertag am Vormittag gegen 8.15 Uhr in der Nähe des Eingangs zum Markt ihr
Fahrzeug auf einer markierten Parkfläche abgestellt haben um einzukaufen. Es
habe allgemein Glätte geherrscht. In der Nähe ihres Parkplatzes sei eine Vertiefung
im Bodenbelag gewesen, in der sich gefrorenes Wasser befunden habe. Hier sei
sie beim Aussteigen aus dem Fahrzeug ausgerutscht und habe sich verletzt.
Die Klage wurde in allen
Instanzen abgewiesen. Der BGH bestätigte die Vorentscheidungen, nach der die
Beklagten die ihnen obliegende Streupflicht nicht verletzt hätten, da weder vorvertragliche
Schutzpflichten nach §§ 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 1, 280 BGB verletzt worden
seien noch eine Verkehrssicherungspflichtverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB
vorläge.
Grundvoraussetzung für eine
Verletzung der Verkehrssicherungspflicht wegen Verstoßes gegen die Räum- und
Streuverpflichtung sei entweder das Vorliegen einer allgemeinen Glätte oder das
Bestehen erkennbarer Anhaltspunkte für eine drohende Gefahr aufgrund einzelner
Glättestellen. Aber auch bei allgemeiner Glättebildung bestünde keine uneingeschränkte
Räum- und Streupflicht. Inhalt und Umfang der Räum- und Streupflicht seien von
den Umständen des Einzelfalls abhängig, weshalb sich eine gleichmäßig geltende
Regel für alle Parkflächen nicht aufstellen ließe. Es müssten nur wirkliche
Gefahren beseitigt werden, nicht aber müsste bloßen Unbequemlichkeiten
vorgebeugt werden. Entscheidend sei, was zur gefahrlosen Sicherung des
Verkehrs, dem die Einrichtung diene, erforderlich sei und dem Pflichtigen
zumutbar sei, unabhängig davon, ob es sich um einen öffentlichen oder privaten
Parkplatz handele.
Selbst bei Annahme der von der
Klägerin behaupteten allgemeinen Glättebildung habe hier eine Verpflichtung
nicht bestanden, die Sturzstelle, die sich im Bereich der markierten Stellfläche
befand, zu streuen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass dieser Bereich nur zum
Ein- und Aussteigen betreten werden müsse und man am Fahrzeug Halt fände.
Zwar müssten besondere Gefahren
berücksichtigt werden. So sei bei einem Gastwirt zu berücksichtigen, dass damit
gerechnet werden müsse, dass sich Besucher durch den Genuss alkoholischer
Getränke unverständig verhalten könnten und in ihrer Gehsicherheit
beeinträchtigt wären. Von daher sei hier
auch zu berücksichtigen, dass der Betreiber eines Lebensmittelmarktes durch
seinen Kundenparkplatz eine bequeme Parkmöglichkeit für potentielle Kunden
schaffen wolle, um diese so zum Besuch des Marktes zu veranlassen. Er habe
daher im Rahmen des Zumutbaren nicht nur den gefahrlosen Zugang zu den
Fahrzeugen auf dem Parkplatz zu ermöglichen, sondern auch das sichere Be- und
Entladen der Fahrzeuge. Dazu sei aber nicht das Räumen und Streuen der
markierten Stellflächen erforderlich. Den Kunden sei es zumutbar, ihr Fahrzeug
bei winterlichen Verhältnissen ihr Fahrzeug so abzustellen, dass bei Räumen und
Streuen der Fahrfläche ein sicheres und gefahrloses Verstauen von Einkäufen im
Heck des Fahrzeuges sichergestellt werden könne. Mehr als dies könne nicht
erwartet werden.
In Ansehung der bei zumutbarer
Eigenvorsorge des Kunden geringen vorhersehbaren Sturzgefahr im Bereich der
markierten Stellflächen habe von den Beklagten nicht erwartet werden können,
diesen Bereich bei Glättebildung ständig geräumt und gestreut zu halten. Nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts handele es sich um einen großen
Parkplatz mit ständigem Fahrzeugwechsel, wobei zwischen den Fahrzeugen ein
maschinelles Streuen nicht möglich sei. Eine kontinuierliche Kontrolle und gfl.
Händischer Bestreuung sei den Beklagten angesichts des damit verbundenen hohen
Aufwandes nicht zumutbar.
Da der Parkplatz (nachts) auch
von Anwohnern genutzt würde, könne auch nicht vor der Markteöffnung der
gesamte Parkplatz geräumt und gestreut werden. Es würde die Anforderung der
Verkehrssicherungspflicht auch überspannen, verlange man von dem Betreiber des
Marktes eine nächtliche Sperrung des Parkplatzes um ein Räumen und Streuen der
Fläche insgesamt zu ermöglichen.
Auch der von der Klägerin
benannte Umstand des Sturzes auf einer überfrorenen Bodenvertiefung, die sie
aufgrund schlechter Lichtverhältnisse und der Lage im Schatten anderer Fahrzeuge
nicht gesehen habe, stelle sich nicht als haftungsbegründend dar. Mit gewissen
Vertiefungen im Belag und damit der Glatteisbildung in diesen Bereichen sei
stets zu rechnen, insbesondere auch in den Morgenstunden im Dezember.
BGH, Urteil vom 02.07.2019 - VI ZR 184/18 -