Die Beschwerdeführerin (BF)
betreibt ein Ladengeschäft. Vor diesem wurde ein Stand aufgestellt, an dem Eis
verkauft wird. An diesem sollen zwei Sonnenschirme so platziert sein, dass
dadurch die Sicht auf das Schaufenster des Ladengeschäfts von der Straße (einer
Fußgängerzone) aus teilweise behindert ist. Das Verwaltungsgericht hatte einen
Antrag auf einstweilige Anordnung, mit dem die BF die Beseitigung der Schirme
geltend machte, als unzulässig abgewiesen. Ihre Beschwerde wurde vom OVG
Lüneburg zurückgewiesen.
Zutreffend habe das VG einen
Anspruch der BF auf ein Einschreiten der Antragsgegner nach § 22 NStrG
verneint. § 22 NStG lautet:
„Wird eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt oder kommt
der Erlaubnisnehmer seinen Verpflichtungen nicht nach, so kann die für die Erteilung
der Erlaubnis zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung
der Benutzung oder zur Erfüllung der Auflagen anordnen. Sind solche Anordnungen
nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand möglich oder nicht
erfolgversprechend, so kann sie den rechtswidrigen Zustand auf Kosten des
Pflichtigen beseitigen oder beseitigen lassen.“
Danach kann bei Nutzung der
Straße ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einer Erlaubnis die
zuständige Behörde (hier die Antragsgegnerin) die erforderlichen Maßnahmen zur
Beendigung der Benutzung bzw. Erfüllung der Auflagen anordnen.
Das OVG schließt sich aus, dass
tatsächlich die Art der Nutzung in Form der Anbringung der Sonnenschirme mit
zwei Seitenplanen nicht der erteilten Sondernutzungserlaubnis der
Antragsgegnerin entspräche. Darauf kam es allerdings nach Auffassung des OVG
nicht an. Die Entscheidung über das Ob eines Einschreitens und des Wie stünde
im Ermessen der Behörde. Eine Pflicht zum Einschreiten setze eine
Ermessensreduzierung auf Null voraus und weiterhin, wenn das Einschreiten wie
hier von einem Dritten begehrt würde, dessen Anspruch auf ein behördliches
Einschreiten. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.
Zwar könne die BF eine
angemessene Anbindung an die Straße verlangen und, als Nutzerin eines
gewerblich genutzten Grundstücks, auch einen „Kontakt nach außen“. Der „Kontakt
nach außen“ bedeute aber nicht eine optimale Nutzungsmöglichkeit oder die
Beibehaltung eines Lagevorteils. Daher könne nicht verlangt werden, dass die Schaufensterfront
uneingeschränkt betrachtet werden könne. Nachteile in Bezug auf die
Sichtbarkeit müssten in Kauf genommen werden, wenn nicht der „Kontakt nach
außen“ vollkommen unterbunden würde. Die BF könne auch im Bereich der
Fußgängerzone nicht fordern, dass die Straße im Bereich ihres Grundstücks frei
von Nutzungen bleibe, die die Sicht auf die Schaufensterfront ihres im
Erdgeschoß befindlichen Schuhgeschäfts beeinträchtigen könnten. Hier sei die
Sicht nur teilweise behindert. Die Seitenplanen der Sonnenschirme würden sich
für Fußgänger, die sich aus nördlicher Richtung nähern, würden nicht
sichtbehindernd auswirken. Damit sei nicht zu erkennen, dass der „Kontakt nach
außen“ unzumutbar beeinträchtigt sei. Auch liege keine Verletzung des in Art.
14 Abs. 1 GG geschützten Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
vor, da dieses keinen Anspruch auf diejenigen Nutzungsmöglichkeiten gewähre,
die dem Gewerbetreibenden den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil
verspreche (BVerfG, Beschluss vom 15.07.1981 - 1 BvL 77/78 -).
Die BF könne sich auch nicht auf
die nachbarschützenden Granzabstandsvorschriften berufen. Unabhängig davon,
dass hier nach Ansicht des OVG der Grenzabstand eingehalten sein, könne dies
von der BF auch hier nicht geltend gemacht werden. Zu berücksichtigen sei, dass
für ein Einschreiten der Behörde grundsätzlich straßenbezogene Belange zu
berücksichtigen seien, zu denen die Grenzabstandsbestimmungen der
Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) nicht gehören würden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen,
Beschluss vom 02.08.2006 - 11 A 2642/04 - zur nordrhein-westfälischen
Bauordnung).
OVG Lüneburg, Beschluss vom 04.05.2020 - 7 ME 37/20 -