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Samstag, 11. Januar 2020

Nutzungsrisiko und Mangel der Miet-/Pachtsache bei fehlender behördlicher Genehmigung


Mit einem Pachtvertrag hatte der Pächter das Objekt „zur Betreibung von Paint-Ball-Spielen“ gepachtet. Nach einer behördlichen Nutzungsverfügung war der Betrieb einer Paint-Ball-Anlage auf dem Pachtgrundstück unzulässig. Im Pachtvertrag (§§ 1 und 7 Ziffer 2) wurde das Risiko der auch vollständigen Versagung einer Genehmigung zum Betrieb einer Paint-Ball-Anlage dem Pächter auferlegt. Der Kläger (Pächter) machte aus § 536a BGB, § 252 BGB Schadensersatzansprüche wegen entgangenen Gewinns geltend und beantragte Prozesskostenhilfe für die Klage. Das Landgericht wies den Antrag zurück, da es der Klage keine Erfolgsaussichten beimaß. Auf die Beschwerde gab das OLG dem Antrag statt.

Das OLG ging in seiner Entscheidung davon aus, dass aufgrund der behördlichen Nutztungsuntersagungsverfügung der Betrieb einer Paint-Ball-Anlage auf dem Pachtgrundstück unzulässig sei. Daher kam es darauf an, ob eine solche Anlage zum vertragsgemäßen Gebrauch gehörte. Dieser richte sich nach Vertragsinhalt und Vertragszweck. Dies würde in gewerblichen Miet-/Pachtverträgen regelmäßig im Vertrag näher dargelegt. Hier sei der Betrieb dieser Anlage ausdrücklich im Vertrag vorgesehen gewesen. Der Verpächter (Vermieter) schulde damit die Eignung des Miet-/Pachtobjekts zu einem entsprechenden Gebrauch.

Das Fehlen der behördlichen Genehmigung stelle sich als Mangel da, da die Nutzung im Hinblick auf die fehlende Genehmigung nicht mehr möglich sei. Es würde sich um durch die baulichen Gegebenheiten bedingte Nutzungseinschränkungen handeln, die, da Gebäudebezogen, grundsätzlich in den Verantwortungs- und Risikobereich des Vermieters fallen würden (BGH, Urteil vom 13.07.2011 - XII ZR 189/09 -).

Zwar hätten hier die Parteien in dem Vertrag das Risiko der Versagung der Genehmigung abweichend von der gesetzlichen Reglung dem Pächter/Mieter (Beklagten) auferlegt. Danach habe sich der Beklagte verpflichtet, alle notwendigen Genehmigungen zum Betrieb von Paint-Ball-Spielen vorzulegen und für sämtliche Genehmigungen und Auflagen zu sorgen. Es sei auch bestimmt worden, dass dem Verpächter/Vermieter für die Einhaltung der Voraussetzungen für den Betrieb keine Haftung übernehme. Derartige Klauseln seien allerdings unwirksam, wenn es sich bei ihnen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 BGB handele (also um Klauseln, die vom Verwender für mehrere Fälle genutzt würden oder werden sollen).  Nicht nur würden die Klauseln sowohl Gewährleistungsrechte ausschließen, sondern auch das Recht zur (fristlosen) Kündigung wegen des im Fahlen der Genehmigung liegenden Mangels der Miet-/Pachtsache gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB, auch wenn (wie hier) das Risiko in die Sphäre des Vermieters/Verpächters fällt, es sei denn, es läge Arglist des Vermieters/Verpächters vor. Im Rahmen einer AGB-Prüfung würde ein derart weitreichender Haftungsausschluss den Pächter/Mieter entgegen Trau und Glauben unangemessen benachteiligen und sei daher unwirksam.

Die Unwirksamkeit würde dazu führen, dass der Mieter/Pächter wegen des im Fehlen der Genehmigung liegenden Mangels der Miet-/Pachtsache Schadensersatz verlangen können (wozu auch der entgangene Gewinn nach § 252 BGB gehöre); er müsse nicht kündigen, sondern könne am Vertrag festhalten und für die Laufzeit Schadensersatz begehren (BGH, Urteil vom 18.01.1995 - XII ZR 30/93 -); lediglich im Hinblick auf den entgangenen Gewinn würde dieser Anspruch nur bis zu dem Zeitpunkt geltend gemacht werden können, zu dem der Vermieter ordentlich hätte kündigen können.

Dies würde allerdings dann nicht gelten, wenn es sich um individualvertragliche Vereinbarungen handeln würde (OLG Frankfurt, Urteil vom 22.07.2016 - 2 U 144/15 -). Ob es sich um einen formularmäßigen Haftungsausschluss oder eine Individualvereinbarung handelt sei zwischen den Parteien streitig. Da die Möglichkeit besteht, dass es sich um Formularklauseln handelt, sei Prozesskostenhilfe zu gewähren (das Landgericht wird dies im streitigen Verfahren, ggf. nach Beweisaufnahme) zu klären haben.

OLG Brandenburg, Beschluss vom 04.04.2019 - 3 W 95/18 -