Direkt nach einer
Wohnungseigentümerversammlung vom 31.08.2016, an der sie nicht teilnahmen, forderten die Kläger die Verwalterin auf,
ihnen eine Kopie aus der Beschlusssammlung bis 05.09.2016 zu überlassen und
wiesen die Verwalterin drauf hin, dass diese, komme sie dem nicht nach, aus
wichtigen Grund wegen Pflichtverletzung abberufen werden könne. Auf einer von
den Klägern begehrten Eigentümerversammlung beschlossen die beklagten
Mitglieder der WEG eine Abmahnung der Kläger, in der sie darauf hinwiesen, dass
die Kläger es seit Jahren darauf anlegen würden, die jeweiligen Verwalter durch
permanente Aufforderung zum Rücktritt und Ankündigung der Abwahl zu zermürben,
womit sie es darauf anlegen würden, die Gemeinschaft in eine verwalterlosen Zustand
zu treiben. Der Vorverwalter habe deshalb bereits seinen Vertrag nicht verlängert
und eine Zerrüttung drohe nun auch mit der erst seit dem 01.01.2016 amtierenden
neuen Verwalterin.
Die Klage, Berufung und auch (zugelassene) Revision der
Kläger gegen diesen Abmahnbeschluss blieb erfolglos.
Die Klage sei zulässig. Auch wenn die Abmahnung durch die
Verwalterin selbst oder einzelne Wohnungseigentümer hätte ausgesprochen werden
können, ohne dass dies anfechtbar wäre (BGH, Urteil vom 19.01.2007 - V ZR 26/06
-), hätte die Eigentümer das Recht, die Abmahnung qua Beschluss auszusprechen
und sei dieser Beschluss wie jeder andere Beschluss anfechtbar, auch wenn bei
einer erfolgreichen Beschlussanfechtung die rechtliche Wirkung der Abmahnung
nicht beseitigt würde, wenn der Beschluss den Anforderungen an eine Abmahnung
entspräche.
Im Beschlussanfechtungsverfahren
würde der Abnahmebeschluss lediglich darauf überprüft, ob die formellen
Voraussetzungen der Beschlussfassung eingehalten worden seien, ob das
abgemahnte Verhalten einen Entziehungsbeschluss rechtfertigen könnte und ob die
Abmahnung hinreichend bestimmt sei. Die Prüfung der materiellen Richtigkeit der
Abmahnung (ob also ein entsprechendes Verhalten tatsächlich vorlag) würde aber
erst nach einem Entziehungsbeschluss in einem folgenden gerichtlichen
Entziehungsprozess geprüft werden (BGH, Urteil vom 08.07.2011 - V ZR 2/11
-). In diesem im Beschlussanfechtungsverfahren
zu prüfenden Umfang sei der Beschluss nicht zu beanstanden.
Allerdings könne die Entziehung
des Wohnungseigentums im Grundsatz nicht auf die Ausübung von Eigentümerrechten
durch den betroffenen Wohnungseigentümer gestützt werden. Der einzelne
Wohnungseigentümer habe, auch in Ansehung seines Anspruchs auf ordnungsgemäße
Verwaltung (§ 21 Abs. 3 bis 5 WEG) das Recht, sich mit Anträgen an die
Verwaltung zu richten, Anträge bei Wohnungseigentümerversammlungen zu stellen
und gefasste Beschlüsse durch Anfechtung oder Beschlussersetzungsklage
gerichtlich überprüfen zu lassen. Sein diesbezügliches Verhalten könne nicht
zur Entziehung des Wohnungseigentums führen, da er ansonsten seine Rechte nicht
unbefangen und effizient ausüben könne.
Die Geltendmachung von
Eigentümerrechten könne aber rechtsmissbräuchlich sein und, wenn dieses
Verhalten ein entsprechendes Gewicht habe, auch die Entziehung des
Wohnungseigentums nach § 18 WEG rechtfertigen. Die Rechte des
Wohnungseigentümers würden unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) stehen. So könnte eine
Beschlussanfechtungsklage, bei der der Eigentümer in Kenntnis des
Verfahrensmangels zugestimmt habe, wegen widersprüchlichen Verhaltens
rechtsmissbräuchlich oder mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig sein.
Rechtsmissbräuchlichkeit könne aber auch in Ansehung der Ziele vorliegen (so
für eine Vollstreckungsgegenklage, die prozessfremden Zielen diene, BGH, Urteil
vom 21.10.2016 - V ZR 1/08 -; bei Klagen eines Aktionärs gegen Beschlüsse, nur
um die Gesellschaft in eigennütziger Weise zu veranlassen, ihm Leistungen zu
gewähren). Entsprechendes gelte für die Wahrnehmung von Eigentümerrechten, wenn
diese zur Verfolgung von wohnungseigentumsfremder oder gar –feindlicher Ziele
eingesetzt würden. Hier seien aber strenge Anforderungen zu stellen, da es um
den Kernbereich der elementarer Mitgliedschaftsrechte ginge. Alleine die
fehlende oder unzureichende Begründung einer Beschlussanfechtungsklage reiche
nicht, ebenso wenig die der Umfang (wie zahlreiche Anfechtungsklagen). Auch auf
den Erfolg dieser Klagen käme es nicht an. Rechtsmissbrauch läge auch nicht bei
querulatorischen Anfechtungsklagen vor.
Vorliegend sei aber ein
Rechtsmissbrauch anzunehmen. Nah dem Beschluss sollen es die Kläger seit Jahren
darauf angelegt haben, die jeweiligen Verwalter durch Aufforderungen zum
Rücktritt und Ankündigungen einer Abwahl versucht haben zu zermürben und die
Gemeinschaft so in einen verwalterlosen Zustand zu treiben (die materielle
Richtigkeit wurde nicht geprüft, da dies einem Entziehungsprozess vorbehalten bleibt).
Damit stützen sich die Beklagten nicht auf ein Antrags-, Abstimmungs- oder
Klageverhalten der Kläger als solchem sondern darauf, dass diese ihre
Eigentümerrechte zur Destabilisierung der Wohnungseigentümergemeinschaft
missbrauchen würden.
Ein derartiger Missbrauch könne
die Entziehung des Wohnungseigentums
rechtfertigen, da es im diametralen Gegensatz zum Kernanliegen des WEG
läge, welches in der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verwaltung läge.
Dieses Ziel würde nach der Konzeption des WEG im Regelfall nur durch die
Bestellung eines Verwalters, insbesondere bei größeren
Wohnungseigentümergemeinschaften wie hier, erreicht. Würden die Verwalter
vergrault, würden die kontinuierliche Pflege, Instandhaltung und Instandsetzung
des gemeinschaftlichen Eigentums, die geordnete Aufbringung der zu dieser
Verwaltung benötigten Mittel, die Erfüllung gemeinschaftlicher Verpflichtungen
und das Zustandekommen der für die Verwaltung erforderlichen Beschlüsse nicht
mehr gesichert sein. Lege es ein Wohnungseigentümer darauf an, missbrauche er
seine Rechte zu wohnungseigentumsfeindlichen Zwecken und verletzte durch diese
Instrumentalisierung seiner Rechte die ihm gegenüber den übrigen Eigentümern
und der Gemeinschaft obliegenden Pflichten grob, was den übrigen Eigentümern
nicht zumutbar sei und die Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertige.
BGH, Urteil vom 05.04.2019 - V ZR 339/17 -