Grundsätzlich haftet der Tierhalter
einem Dritten für jeden diesem durch die (von ihm nachzuweisende) tierische
Unberechenbarkeit des Tieres, unabhängig von einem Verschulden, § 833 S. 1 BGB.
Etwas anderes gilt nur, wenn es sich um ein Haustier (Rind, Pferd, Schaf, Hund
u.a.) handelt und dieses von ihm für seinen Beruf, zum Erwerb oder für seinen
Unterhalt gehalten wird. In diesem Fall kann sich der Tierhalter nach § 833 S.
2 BGB exkulpieren, also nachweisen, dass er bei der Aufsicht über das Tier die im
Verkehr erforderliche Sorgfalt obwalten ließ, § 833 S. 2 BGB.
Der BGH musste sich mit der Frage
auseinandersetzen, ob - wie von OLG
angenommen - eine Erwerbtierhaltung iSv.
§ 833 S. 2 BGB vorlag. Die Pferde des Beklagten waren von einer Koppel
ausgebrochen, und es kam zu einem Verkehrsunfall auf der Staatstraße 217 in
Bayern. Er hatte geltend gemacht, Pferde zu züchten und damit Erwerbstierhalter
zu sein; die Koppel sei ordnungsgemäß gesichert gewesen.
Der BGH führte zur
Erwerbstierhaltung aus, dass diese nur angenommen werden könne, wenn die
Erwerbstätigkeit auf Gewinnerzielung gerichtet sei. Eine entsprechende Absicht,
die in objektiven Umständen keinen Niederschlag fände, sei nicht ausreichend. Es müsse zumindest die realistische
Möglichkeit bestehen, dass der Tierhalter, eventuell nach einer gewissen Anlaufzeit,
Gewinn erzielt. Nicht erforderlich sei allerdings, dass er seinen
Lebensunterhalt aus einem wesentlichen Anteil der Tierhaltung erwirtschaftet
und diese Grundlage seines Erwerbs bilde; eine entsprechende Einschränkung
fände sich weder im Wortlaut noch in den Gesetzesmaterialien.
Vorliegend habe das OLG nicht
geprüft, ob der Zuchtbetrieb in objektiver Hinsicht darauf angelegt war,
Gewinne zu erzielen. Es gäbe keine Feststellungen dazu, dass zumindest im
Ansatz realistische Chancen bestehen würden, in Zukunft durch den Verkauf von
Fohlen Erlöse zu erzielen, die die Anschaffungskosten und den laufenden Unterhalt
des Wallachs, des Hengstes und der zwei Stuten übersteigen würden.
Zur Frage der Sicherung der
Pferde habe das OLG übersehen, dass es sich um eine zweite Tatsacheninstanz
handelt, die nicht auf eine Kontrolle
von Verfahrensfehlern und damit auf einen Umfang wie beim Revisionsverfahren
beschränkt sei. Die Aufgabe des Berufungsgerichts als (eingeschränkte) 2.
Tatsacheninstanz sei die Gewinnung einer fehlerfreien und überzeugenden und
damit fehlerfreien Entscheidung. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit
entscheidungserheblicher Feststellungen könnten sich auch aus einer
unterschiedlichen Wertung ergeben. Besteht eine gewisse – nicht notwendig
überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür, dass im Falle einer Beweiserhebung die
erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben würden, wäre das Berufungsgericht
zur erneuten Beweisaufnahme veranlasst. Soweit das OLG auf das erstinstanzliche
Gutachten zur Sicherung der Pferde abstellte und damit die Position des
Landgerichts übernahm, der Beklagte sei seiner Sicherungspflicht ausreichend
nachgekommen, da der Beklagte lediglich „seine eigenen, von den Beurteilungen
des Sachverständigen abweichenden Einschätzungen“ angegeben habe, habe es sich
nicht ausreichend mit diesen auseinandergesetzt.
Dabei wies der BGH darauf hin,
dass der Pferdehalter für eine ausreichende sichere Einzäunung Sorge zu tragen
habe. Dies diene dazu, ein Entweichen der Tiere (so auf Straßen) zu verhindern.
Es seien hohe Anforderungen zu stellen, doch müsse nicht jeder abstrakten
Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden. Sicherungen von absoluter
Wirksamkeit wären kaum möglich. Deshalb müssten nur die allgemein üblichen und
im Verkehr als erforderlich angesehenen Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden.
Der BGH hob das angefochtene
Urteil auf und Verwies den Rechtsstreit zu anderweitigen Entscheidung an das
OLG zurück.
BGH, Urteil vom 14.02.2017 – VI ZR 434/15