Der Kläger machte gegen die
Beklagte Schadensersatzansprüche nach § 833 BGB (Tierhalterhaftung) wegen eines
angeblich durch ein Pferd verursachten Schadens geltend. U.a. wurde von der
Beklagten ihre bestritten, dass sie Tierhalter sei. Das Landgericht hat die
Klage wegen fehlenden Nachweises der Tierhalterstellung der Beklagten (fehlende
Passivlegitimation) abgewiesen.
Entscheidend für die Bestimmung
der Tierhaltereigenschaft seien das Eigeninteresse am Tier und die
Entscheidungsgewalt über das Tier. Dabei seien die Anhaltspunkte Obdach und
Unterhalt, Tragen der Unterhaltskosten, Versicherungsprämien und das
Verlustrisiko Indizien für das Eigeninteresse, da davon auszugehen sei, dass
diese Lasten regelmäßig derjenige trage, der auch die Nutzungsvorteile daraus
ziehe. Die Kriterien des unmittelbaren bzw. mittelbaren Besitzes sowie das
Eigentum seien Anhaltspunkte für die Bestimmung der Herrschaft über die
Existenz und Verwendung des Tieres.
Die Indizien „Obdach und
Unterhalt“ und „Kostentragung für den Unterhalt“ sprächen hier gegen die
Haltereigenschaft der Beklagten, da unstreitig sei, dass das Pferd im Zeitpunkt
des Vorfalls auf Kosten eines Tierschutzvereins untergebracht worden sei. Die
Indizien „Verlustrisiko“ und „Nutzung im Haushalts- oder Wirtschaftsbetrieb“
seien vom Kläger nicht dargetan worden.
Die konkreten Umstände (das Pferd habe sich nicht in den Räumlichkeiten der
Beklagten befunden sondern in denen einer dritten Person) sprächen auch
dagegen.
Der Umstand, dass die Beklagte
das Pferd trainiert habe, ließe nicht auf das Eigeninteresse der Beklagten
schließen. So würde auch ein Pferd, welches von einem Trainer trainiert würde,
weiterhin zu Zwecken des Eigentümers und nicht etwa des Trainers dienen, was
auch für die pflegerische Leistungen der Beklagten gelten würde.
Für ein Eigeninteresse könne
daher lediglich sprechen, dass die Beklagte das Pferd bei der ehemals weiteren
Beklagten (einer Versicherung), gegen die die Klage wegen fehlender
Passivlegitimation nach § 115 Abs. 1 S. 1 VVG zurückgenommen wurde, haftpflichtversichert habe. Zwar habe die
Rechtsprechung verschiedentlich alleine aus dem Bestehen einer
Haftpflichtversicherung auf die Haltereigenschaft geschlossen. Dem würde die
Kammer aber nicht folgen. Der Abschluss einer Haftpflichtversicherung habe als
Indiz nur einen begrenzten Wert, da die betroffene Person glaube, die
Halterhaftung fürchten zu müssen (vgl. Hager in Staudinger, BGB, Neubearbeitung
2018, § 833 Rn. 79). Auch der Umstand, dass die Haftpflichtversicherung
Ansprüche eines Dritten reguliert habe, ließe keinen Rückschluss zu, da sich
die Beklagte zum Einen das Verhalten des Versicherers nicht zurechnen lassen
müsse, zum Anderen nicht dargetan sei, dass die Haftpflichtversicherung
aufgrund der mit der Beklagten bestehenden Versicherung geleistet habe.
Auch das Indiz der „Entscheidungsgewalt“
sei vom Kläger nicht dargetan worden. Die Behauptung sei von der Beklagten
substantiiert bestritten worden und der Kläger habe keinen Beweis für seine
Behauptung angeboten. Für seine Behauptung des unmittelbaren bzw. mittelbaren
Besitzes der Beklagten habe es keinen belastbaren Vortrag des Klägers gegeben.
Soweit er behauptet habe, die Beklagte sei als Halterin aufgetreten, und dafür
Beweis angeboten habe, handele es sich lediglich um die Behauptung eines
Rechtsbegriffs, der dem Beweis nicht zugänglich sei. Vielmehr hätte es ihm
oblkegen, die oben genannten Indizien darzulegen und unter Beweis zu stellen.
Im Übrigen ließe sich ein solches Auftreten hier aus dem Umstand erklären, dass
die Beklagte die stellvertretende Vorsitzende des Tierschutzvereins war, der
für die Unterhaltskosten des Pferdes aufkam und für den die Beklagte als Organ
nach außen auftrat.
Damit bliebe einzig als Indiz der
Abschluss der Tierhaftpflichtversicherung. Dies alleine sei aber nicht ausreichend
um eine Überzeugung des Gerichts gem. § 286 ZPO (voller Beweis) zu erbringen.
Für eine Haftung aus § 834 BGB
(Tierhüterhaftung) sei nicht dargetan worden, dass ein Vertrag zwischen der Beklagten
und dem Tierhalter bestünde. (Anmerkung:) Tierhüter nach § 834 BGB mit der
daraus erwachsenden Haftungsfolge ist nur derjenige, der es vertraglich
übernommen hat, die Aufsicht über das Pferd zu übernehmen.
LG Marburg, Urteil vom 29.10.2018 - 1 O 80/18 -