Die Parteien sind Reiter und
waren Teilnehmer eines Reit- und Springturniers. Sie befanden sich mit ihren
Pferden zum Aufwärmen vor der Prüfung auf dem Abreiteplatz
(Vorbereitungsplatz). Dieser Platz ist umgrenzt und nach den Regeln des
Reitsports darf der äußere Weg nicht im Schritt beritten werden; dieser äußere
Weg ist dem Trab und Galopp vorbehalten. Pferde, die im Schritt bewegt werden,
müssen die inneren Bahnen (2. Und 3. Hufschlag) nutzen.
Die Klägerin ritt mit ihrem Pferd
auf dem 3. Hufschlag im Galopp. Als sie an dem Pferd des Beklagten, welches im
Schritt auf dem 1. Hufschlag (äußerer Weg) geritten wurde, vorbei wollte,
schlug das Pferd des Beklagten nach hinten aus und verletzte die Klägerin an
Bauch, rechter Hand sowie rechten Ober- und Unterarm. Das Landgericht gab der
Klage mit Grundurteil statt und schloss ein Mitverschulden der Klägerin aus.
Mit seiner Berufung begehrte der
Beklagte die Abänderung des Grundurteils dahingehend, dass er nur zu 50% hafte.
Dieser (eingeschränkten) Berufung des Beklagten gab das Oberlandesgericht
statt.
Zutreffend habe das Landgericht
eine Tierhalterhaftung des Beklagten nach § 833 S. 1 BGB bejaht. Allerdings sei
das Verhalten des Pferdes des Beklagten auch auf die schnelle Annäherung des
Pferdes der Klägerin im Galopp zurückzuführen, womit sich auch die vom Pferd
der Klägerin ausgehende Tiergefahr verwirklicht habe. Dies müsse, so das OLG,
zu einer Schadensteilung führen. Die Tiergefahr des eigenen Pferdes müsse sich
der Geschädigte entsprechend § 254 BGB (Mitverschulden) zurechnen lassen. Zwar behauptete die Klägerin, dass das Pferd
des Beklagten zum Austreten neige. Das aber würde eine Differenzierung der
wechselseitigen Tiergefahr nicht bedingen können. Insoweit sei zu
berücksichtigen, dass sich die Klägerin im Galopp von hinten näherte und
dadurch eine nicht unwesentliche Gefährdungsursache gesetzt habe. Sollte das
Pferd des Beklagten (wie von diesem behauptet, was allerdings ohne
Beweisaufnahme nicht geklärt werden könne) mit einer roten Schleife
gekennzeichnet gewesen sein, würde sich der Haftungsanteil der Klägerin noch
erhöhen. Bei der Abwägung sei auch nicht der Aufenthalt der jeweiligen Pferde
in einer falschen Bahn zu berücksichtigen, da sich beide Pferde in der falschen
Bahn befunden hätten. Diese von der Gepflogenheit abweichende Verhaltensweise
hätte die Klägerin berücksichtigen können und müssen und zu besonderer Vorsicht
und einem größeren, unfallvermeidendenden Sicherheitsabstand veranlassen
müssen. Damit wären die Verursachungsanteile beider Pferde jedenfalls als
gleichwertig anzusehen, weshalb der eingeschränkten Berufung stattzugeben sei.
Anmerkung: Hätte der Beklagte hier mehr als 50% Mithaftung
der Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemacht, wäre es nach der
Entscheidung des OLG darauf angekommen, ob das Pferd des Beklagten eine rote
Schleife trug. Darüber wäre Beweis zu erheben gewesen. Da die Berufung auf eine
Haftungsteilung abstellte, konnte dies auf sich beruhen.
OLG Koblenz, Urteil vom 07.01.2016 – 1 U 422/15 -