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Donnerstag, 16. Februar 2017

Tierhalterhaftung und galoppieren auf dem Abreiteplatz

Die Parteien sind Reiter und waren Teilnehmer eines Reit- und Springturniers. Sie befanden sich mit ihren Pferden zum Aufwärmen vor der Prüfung auf dem Abreiteplatz (Vorbereitungsplatz). Dieser Platz ist umgrenzt und nach den Regeln des Reitsports darf der äußere Weg nicht im Schritt beritten werden; dieser äußere Weg ist dem Trab und Galopp vorbehalten. Pferde, die im Schritt bewegt werden, müssen die inneren Bahnen (2. Und 3. Hufschlag) nutzen.

Die Klägerin ritt mit ihrem Pferd auf dem 3. Hufschlag im Galopp. Als sie an dem Pferd des Beklagten, welches im Schritt auf dem 1. Hufschlag (äußerer Weg) geritten wurde, vorbei wollte, schlug das Pferd des Beklagten nach hinten aus und verletzte die Klägerin an Bauch, rechter Hand sowie rechten Ober- und Unterarm. Das Landgericht gab der Klage mit Grundurteil statt und schloss ein Mitverschulden der Klägerin aus.

Mit seiner Berufung begehrte der Beklagte die Abänderung des Grundurteils dahingehend, dass er nur zu 50% hafte. Dieser (eingeschränkten) Berufung des Beklagten gab das Oberlandesgericht statt.

Zutreffend habe das Landgericht eine Tierhalterhaftung des Beklagten nach § 833 S. 1 BGB bejaht. Allerdings sei das Verhalten des Pferdes des Beklagten auch auf die schnelle Annäherung des Pferdes der Klägerin im Galopp zurückzuführen, womit sich auch die vom Pferd der Klägerin ausgehende Tiergefahr verwirklicht habe. Dies müsse, so das OLG, zu einer Schadensteilung führen. Die Tiergefahr des eigenen Pferdes müsse sich der Geschädigte entsprechend § 254 BGB (Mitverschulden) zurechnen lassen.  Zwar behauptete die Klägerin, dass das Pferd des Beklagten zum Austreten neige. Das aber würde eine Differenzierung der wechselseitigen Tiergefahr nicht bedingen können. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin im Galopp von hinten näherte und dadurch eine nicht unwesentliche Gefährdungsursache gesetzt habe. Sollte das Pferd des Beklagten (wie von diesem behauptet, was allerdings ohne Beweisaufnahme nicht geklärt werden könne) mit einer roten Schleife gekennzeichnet gewesen sein, würde sich der Haftungsanteil der Klägerin noch erhöhen. Bei der Abwägung sei auch nicht der Aufenthalt der jeweiligen Pferde in einer falschen Bahn zu berücksichtigen, da sich beide Pferde in der falschen Bahn befunden hätten. Diese von der Gepflogenheit abweichende Verhaltensweise hätte die Klägerin berücksichtigen können und müssen und zu besonderer Vorsicht und einem größeren, unfallvermeidendenden Sicherheitsabstand veranlassen müssen. Damit wären die Verursachungsanteile beider Pferde jedenfalls als gleichwertig anzusehen, weshalb der eingeschränkten  Berufung stattzugeben sei.

Anmerkung: Hätte der Beklagte hier mehr als 50% Mithaftung der Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemacht, wäre es nach der Entscheidung des OLG darauf angekommen, ob das Pferd des Beklagten eine rote Schleife trug. Darüber wäre Beweis zu erheben gewesen. Da die Berufung auf eine Haftungsteilung abstellte, konnte dies auf sich beruhen.


OLG Koblenz, Urteil vom 07.01.2016 – 1 U 422/15 -