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Freitag, 13. Juli 2018

Baugeldverwendungspflicht: Zur Haftung des Geschäftsführers einer insolventen GmbH nach § 1 Abs. 3 S. 1 BauFordSiG


Die Bauherrin von zwei Windkraftanlagen beauftragte die Firmen m.W. GmbH & Co. KG und m.L. GmbH & Co. KG als Generalunternehmer (für je eine Windkraftanlage), diese wiederum beauftragte die E. GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte war, mit dem Bau der Kabeltrassen für diese Windkraftanlagen. Die E. GmbH beauftragte wiederum die Klägerin mit den notwendigen Bohrungen für den Bau der Kabeltrassen. Die E. GmbH erhielt von den Generalunternehmern zumindest € 134.153,21 und € 675.925,36. 2013 beendete die Klägerin ihre Arbeiten und berechnete für die Arbeiten an der einen Anlage Restwerklohn von € 33.581,93, für die andere von € 54.386,45. Eine Zahlung durch die E GmbH erfolgte nicht; über deren vermögen wurde 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet.


Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin von dem damaligen Geschäftsführer der E. GmbH, dem Beklagten, Schadensersatz mit der Behauptung, dieser habe gegen das Gesetz über die Sicherung von Bauforderungen (Bauforderungssicherungsgesetz – BauFordSiG) verstoßen. Das Landgericht gab der Klage statt, Die Berufung des Beklagten wurde zurückgewiesen. Die vom Beklagten eingelegte Revision wurde vom BGH ebenfalls zurückgewiesen.

Die E. GmbH sei als Nachunternehmer als Empfänger von Baugeld anzusehen und von daher gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 BauFordSiG verpflichtet gewesen, das Baugeld zur Sicherung der Klägerin zu verwenden, wie sich aus § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauFordSiG ergäbe. Entgegen der Rechtslage bis zum Inkraftreten der benannten Normen am 01.01.2009 sei allerdings der nur mit einem Teil der Baumaßnahme beauftragte (Nach-) Unternehmer nicht als Empfänger von Baugeld anzusehen gewesen. Dies sei mit Inkrafttreten des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauFordSiG geändert worden; danach sei Baugeld der Geldbetrag, den der Empfänger (hier: E. GmbH) von einem Dritten (hier den Generalunternehmern) für eine im Zusammenhang mit der Herstellung eines Baues oder Umbaues stehende Leistung erhalte, die der Empfänger einem Dritten versprochen habe, wenn an dieser Leistung andere Unternehmer auf Grund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrages beteiligt wären. Dabei käme es nicht darauf an, ob es sich bei den Leistungen des Dritten handele; soweit der Senat  in einem Beschluss vom 24.01.2013 - VII ZR 47/11 - von wesentlichen Bestandteilen gesprochen habe, habe sich dies nur auf sachen-rechtlich wesentliche Bestandteile nach §§ 93, 94 BGB in Ansehung des Tatbestandsmerkmals des § 1 BauFordSiG bezogen und habe keinen Bezug zu einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass nur Dritte geschützt werden sollen, die zu einem bestimmten Prozentsatz am der Gesamtvergütung beteiligt wären.

Die E. GmbH habe nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanz Baugeld in einer die Werklohnforderungen der Klägerin übersteigenden Höhe erhalten. Damit habe der Beklagte gem. § 1 Abs. 4 BauFordSiG darzulegen und zu beweisen, dass das Baugeld ordnungsgemäß verwandt worden sei (BGH, Urteil vom 20.12.2012 - VII ZR 187/11 -).  

Da der Beklagte nach den Feststellungen der Vorinstanz wusste, dass die E. GmbH die von den Generalunternehmern gezahlten Beträge nicht zur Bezahlung der Klägerin nutzte, habe er zumindest bedingt vorsätzlich gegen die Baugeldverwendungspflicht verstoßen. Ein Verbotsirrtum des Beklagten sei auch zu verneinen. Dies sei nach der sogen. Schuldtheorie zu beurteilen. Bei einem fahrlässigen Verbotsirrtum würde die Sanktion als Vorsatztat nicht ausgeschlossen. Ein entlastender Verbotsirrtum läge nur vor, wenn der Beklagte nach den Umständen des Falles, seiner Persönlichkeit sowie nach seinem Lebens- und Berufskreis zumutbaren Anspannung des Gewissens die Einsicht in die Unrechtmäßigkeit seines Handelns nicht zu gewinnen vermocht hätte. Bei auftauchenden Zweifeln hätte er sich Rat einholen müssen. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Der Beklagte sei Geschäftsführer eines mit großen Bauvorhaben betrauten Unternehmens gewesen und habe sich nach den für seinen Tätigkeitsbereich einschlägigen Regeln zu erkundigen. Bei Einholung eines Rechtsrats hätte er erfahren, dass für die von den Generalunternehmen gezahlten Vergütungen eine Baugeldverwendungspflicht für die Klägerin ernsthaft in Betracht käme.


Der Beklagte sei daher zur Zahlung der restlichen Werklohnforderung als Schadensersatz nach §§ 823 Abs. 2 BGB iVm. § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauFordSiG verpflichtet.


BGH, Urteil vom 17.05.2018 - VII ZR 92/16 -