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Sonntag, 20. Januar 2019

Betriebsgefahr bei Anstoß mit sich öffnender Fahrertür in Parkbucht


Streitig waren restliche Schadensersatzansprüche des Klägers aus einem Verkehrsunfall. Dieser ereignete sich, als das klägerische Fahrzeug in eine der schräg angeordneten Parkbuchten an einer Straße einfuhr und dabei mir der geöffneten Fahrertür eines dort parkenden Fahrzeuges kollidiert. Im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Amtsgericht gab die Beklagte an, dass sie sich vor Öffnen der Tür nur vergewissert habe, ob sich neben ihr ein anderes Fahrzeug befände, nicht aber, dass sich auch nicht hinten gesehen habe um festzustellen, ob von dort ein Fahrzeug in die Parkbucht einfährt.

Während das Amtsgericht eine hälftige Haftung für beide Fahrzeughalter und –führer annahm, ging das Landgericht auf die Berufung des Klägers von einer Haftungsverteilung von 25% zu Lasten des Klägers und 75% der Beklagten aus.

 Die Haftungsteilung folge aus § 17 Abs. 3 StVG, da sich der Verkehrsunfall für beide Unfallbeteiligte nicht als unabwendbar darstelle. Auch soweit mit der klägerischen Berufung geltend gemacht worden sei, für den Fahrer des klägerischen Fahrzeuges sei nicht erkennbar gewesen, ob jemand auf dem Fahrersitz des anderweitigen Fahrzeuges säße, sei der Unabwendbarkeitsnachweis vom Kläger nicht geführt. Zu den Anforderungen der Unabwendbarkeit würde gehören, sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln erheblich über den Maßstab der im Verkehr üblichen Sorgfalt iSv. § 276 BGB gehören (z.B. BGHZ 113,164, 165). Den dafür erforderlichen Beweis habe der Kläger nicht geführt. Der Idealfahrer würde beim Einfahren in die Parktasche, bei dem er nicht ausschließen könne, dass jemand aus dem seitlich daneben stehenden Fahrzeug jemand aussteigt, nur so vorsichtig einfahren, dass er jederzeit, auch bei einem plötzlichen Öffnen einer Tür, anhalten könne. Da hier die Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges (nach sachverständiger Feststellung) noch rund 1,6m bis zum Stillstand nach der Kollision benötigt habe, hier auch nach den Aussagen nicht sicher feststünde, ob sofort nach der Kollision ein Stillstand erfolgt sei und das Fahrzeug nur danach weiter nach in die Parkbucht gefahren wurde, oder von vornherein der Anhalteweg nach der Kollision noch rund 1,6m betrug, könne dies nicht aufgeklärt werden und ginge dies zu Lasten des für die Unabwendbarkeit darlegungs- und beweisbelasteten Klägers.

Fehlerhaft habe allerdings das Amtsgericht bei der gebotenen Haftungsabwägung bei der Beklagten keinen Verstoß gegen die beim Türöffnen gebotene Sorgfalt gesehen. Auch wenn § 14 Abs. 1 StVO auf Parkplätze grundsätzlich keine unmittelbare Anwendung fände, da diese ein Höchstmaß an Sorgfalt beim Aussteigen zum Schutz der fließenden Verkehrs verlange, träfe den Aussteigenden auch auf Parkplätzen im Rahmen des allgemeinen Rücksichtsnahmegebots nach § 1 Abs. 2 StVO die Pflicht, sich vor dem Türöffnen zu vergewissern, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer durch das Türöffnen geschädigt würde. Dabei könnten auch auf öffentlichen Parkplätzen die strengen Sorgfaltsmaßstäbe des § 14 StVO, die im fließenden Verkehr gelten, sinngemäß herangezogen werden, sofern sich in einem bestimmten Verkehrsverhalten die besondere Gefährlichkeit gegenüber den übrigen Verkehrsteilnehmern niederschlage, was für das Öffnen der Fahrzeugtür in der Parkbucht vom Landgericht angenommen wurde.

Offen bleiben könne vorliegend, ob wie bei § 14 StVO zu Lasten des Türöffnenden auf einem Parkplatz auch ein Anscheinsbeweis für ein Verschulden desjenigen greife, der die Tür öffne. Die Beklagte habe bei ihrer Anhörung nur dargelegt, sich vergewissert zu haben, ob sich neben ihr ein Fahrzeug befände, nicht ab, ob ein Fahrzeug von hinten einfährt. Dies sei sorgfaltswidrig, da der Türöffnende während des gesamten Vorgangs des Türöffnens hinweg den rückwärtigen Verkehrsraum im Hinblick auf die Möglichkeit des Einfahrens eines anderen Fahrzeuges beobachten müsse, was hier insbesondere auch deshalb gelte, da die geöffnete Tür in den Bereich der danebenliegenden Parkbucht hineingeragt habe und sich deshalb die Gefährlichkeit eines Zusammenstoßes mit einem einfahrenden Fahrzeug erhöht habe.

Der Sorgfaltsmaßstab für den Einfahrenden sei auch nach § 1 Abs. 2 StVG mit demjenigen des Türöffnenden gleichzusetzen. Allerdings habe der Sachverständige nicht feststellen können, mit welcher Geschwindigkeit das klägerische Fahrzeug eingefahren worden sei noch Feststellungen zum vorkollisionären Verhalten des Beklagtenfahrzeuges treffen könne. Damit könne nicht ausgeschlossen werden, dass das klägerische Fahrzeug angemessen langsam in die Parklücke einfuhr und die Tür erst geöffnet worden sei, als die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs eine Kollision durch Abbremsen oder Warnzeichen nicht mehr hätte vermeiden können. Die Beklagte hätte mithin den Nachweis einer (mit-) ursächlichen Pflichtverletzung der Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges nicht geführt.

Daraus folgert das Landgericht eine Haftungsabwägung mit 25% zu 75% zu Lasten der Beklagten. Dem besonderen Verstoß der Beklagten gegen Sorgfaltspflichten beim Öffnen der Tür stünde die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges gegenüber.

LG Saarbrücken, Urteil vom 02.11.2018 - 13 S 70/18 -