Streitig waren restliche Schadensersatzansprüche
des Klägers aus einem Verkehrsunfall. Dieser ereignete sich, als das
klägerische Fahrzeug in eine der schräg angeordneten Parkbuchten an einer
Straße einfuhr und dabei mir der geöffneten Fahrertür eines dort parkenden
Fahrzeuges kollidiert. Im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Amtsgericht gab die
Beklagte an, dass sie sich vor Öffnen der Tür nur vergewissert habe, ob sich
neben ihr ein anderes Fahrzeug befände, nicht aber, dass sich auch nicht hinten
gesehen habe um festzustellen, ob von dort ein Fahrzeug in die Parkbucht
einfährt.
Während das Amtsgericht eine
hälftige Haftung für beide Fahrzeughalter und –führer annahm, ging das
Landgericht auf die Berufung des Klägers von einer Haftungsverteilung von 25%
zu Lasten des Klägers und 75% der Beklagten aus.
Die Haftungsteilung folge aus § 17 Abs. 3
StVG, da sich der Verkehrsunfall für beide Unfallbeteiligte nicht als unabwendbar
darstelle. Auch soweit mit der klägerischen Berufung geltend gemacht worden
sei, für den Fahrer des klägerischen Fahrzeuges sei nicht erkennbar gewesen, ob
jemand auf dem Fahrersitz des anderweitigen Fahrzeuges säße, sei der Unabwendbarkeitsnachweis
vom Kläger nicht geführt. Zu den Anforderungen der Unabwendbarkeit würde
gehören, sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln erheblich über den Maßstab
der im Verkehr üblichen Sorgfalt iSv. § 276 BGB gehören (z.B. BGHZ 113,164,
165). Den dafür erforderlichen Beweis habe der Kläger nicht geführt. Der
Idealfahrer würde beim Einfahren in die Parktasche, bei dem er nicht ausschließen
könne, dass jemand aus dem seitlich daneben stehenden Fahrzeug jemand
aussteigt, nur so vorsichtig einfahren, dass er jederzeit, auch bei einem
plötzlichen Öffnen einer Tür, anhalten könne. Da hier die Fahrerin des
klägerischen Fahrzeuges (nach sachverständiger Feststellung) noch rund 1,6m bis
zum Stillstand nach der Kollision benötigt habe, hier auch nach den Aussagen
nicht sicher feststünde, ob sofort nach der Kollision ein Stillstand erfolgt
sei und das Fahrzeug nur danach weiter nach in die Parkbucht gefahren wurde,
oder von vornherein der Anhalteweg nach der Kollision noch rund 1,6m betrug,
könne dies nicht aufgeklärt werden und ginge dies zu Lasten des für die
Unabwendbarkeit darlegungs- und beweisbelasteten Klägers.
Fehlerhaft habe allerdings das
Amtsgericht bei der gebotenen Haftungsabwägung bei der Beklagten keinen Verstoß
gegen die beim Türöffnen gebotene Sorgfalt gesehen. Auch wenn § 14 Abs. 1 StVO
auf Parkplätze grundsätzlich keine unmittelbare Anwendung fände, da diese ein
Höchstmaß an Sorgfalt beim Aussteigen zum Schutz der fließenden Verkehrs
verlange, träfe den Aussteigenden auch auf Parkplätzen im Rahmen des
allgemeinen Rücksichtsnahmegebots nach § 1 Abs. 2 StVO die Pflicht, sich vor
dem Türöffnen zu vergewissern, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer durch das
Türöffnen geschädigt würde. Dabei könnten auch auf öffentlichen Parkplätzen die
strengen Sorgfaltsmaßstäbe des § 14 StVO, die im fließenden Verkehr gelten, sinngemäß
herangezogen werden, sofern sich in einem bestimmten Verkehrsverhalten die
besondere Gefährlichkeit gegenüber den übrigen Verkehrsteilnehmern niederschlage,
was für das Öffnen der Fahrzeugtür in der Parkbucht vom Landgericht angenommen
wurde.
Offen bleiben könne vorliegend, ob
wie bei § 14 StVO zu Lasten des Türöffnenden auf einem Parkplatz auch ein
Anscheinsbeweis für ein Verschulden desjenigen greife, der die Tür öffne. Die
Beklagte habe bei ihrer Anhörung nur dargelegt, sich vergewissert zu haben, ob
sich neben ihr ein Fahrzeug befände, nicht ab, ob ein Fahrzeug von hinten
einfährt. Dies sei sorgfaltswidrig, da der Türöffnende während des gesamten
Vorgangs des Türöffnens hinweg den rückwärtigen Verkehrsraum im Hinblick auf die
Möglichkeit des Einfahrens eines anderen Fahrzeuges beobachten müsse, was hier
insbesondere auch deshalb gelte, da die geöffnete Tür in den Bereich der
danebenliegenden Parkbucht hineingeragt habe und sich deshalb die
Gefährlichkeit eines Zusammenstoßes mit einem einfahrenden Fahrzeug erhöht
habe.
Der Sorgfaltsmaßstab für den
Einfahrenden sei auch nach § 1 Abs. 2 StVG mit demjenigen des Türöffnenden
gleichzusetzen. Allerdings habe der Sachverständige nicht feststellen können,
mit welcher Geschwindigkeit das klägerische Fahrzeug eingefahren worden sei
noch Feststellungen zum vorkollisionären Verhalten des Beklagtenfahrzeuges
treffen könne. Damit könne nicht ausgeschlossen werden, dass das klägerische
Fahrzeug angemessen langsam in die Parklücke einfuhr und die Tür erst geöffnet
worden sei, als die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs eine Kollision durch
Abbremsen oder Warnzeichen nicht mehr hätte vermeiden können. Die Beklagte
hätte mithin den Nachweis einer (mit-) ursächlichen Pflichtverletzung der
Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges nicht geführt.
Daraus folgert das Landgericht
eine Haftungsabwägung mit 25% zu 75% zu Lasten der Beklagten. Dem besonderen
Verstoß der Beklagten gegen Sorgfaltspflichten beim Öffnen der Tür stünde die
Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges gegenüber.
LG Saarbrücken, Urteil vom 02.11.2018 - 13 S 70/18 -