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Sonntag, 3. März 2019

Mieterhöhungsbegehren mittels Sachverständigengutachten – ohne Besichtigung der Wohnung


Mieterhöhungen müssen begründet werden, wobei auf Mietspiegel (§§ 558c und 558d BGB), Auskunft einer Mietdatenbank iSv. § 558e BGB, Benennung von Entgelten dreier vergleichbarer Wohnungen oder ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen abgestellt werden kann, § 558 Abs. 2 BGB. Häufig bleibt dem Vermieter keine andere Möglichkeit, als ein Gutachten einzuholen, da Mietspiegel und Mietdatenbank (im gesetzlichen Sinne) nicht bestehen und ihm Vergleichswohnungen nicht bekannt sind. Vorliegend war streitig, ob das von der klagenden Vermieterin eingeholte Gutachten den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Amts- und Landgericht verneinten dies; die vom Landgericht zugelassene Revision führte zur Aufhebung des klageabweisenden Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht.

Der Sachverständige hatte die streitbefangene Wohnung nicht besichtigt. Darin sahen die Vorinstanzen einen Formmangel des Gutachtens. Dem folgte der BGH nicht.

Die Formulierung in § 558 Abs. 2 Nr. 3 BGB, „ein mit Gründen versehenes Gutachten“, bedeute, dass dem Mieter im Interesse einer außergerichtlichen Einigung die Tatsachen mitgeteilt werden müssten, die er zur Prüfung des Begehrens benötige; es diene nicht dazu, bereits den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu erbringen oder dem Mieter ein Prozessrisiko abzunehmen. Damit reiche es aus, wenn das Gutachten Tatsachen enthalte, aus denen die geforderte Mieterhöhung hergeleitet würde und die der Mieter ansatzweise selbst prüfen könne. Das aber erfordere nicht notwendig, dass der Sachverständige vorher die Wohnung (oder eine typengleiche Wohnung) selbst besichtige. Entscheidend für die Überprüfbarkeit durch den Mieter sei, welche Angaben im Gutachten zu der konkreten (oder vergleichbaren) Wohnung enthalten sind, unabhängig davon, auf welchen Weg der Sachverständige diese Erkenntnisse gewonnen hat. Die Quelle der Sachkunde mag zwar für die Beurteilung der Qualität bedeutsam sein, sei jedoch nicht formal bedeutsam. Auch aus vom Bundesjustizministerium herausgegebenen Hinweisen für derartige Gutachten (nach § 2 Abs. 2 MHG), wonach der Sachverständige grundsätzlich die Wohnung vorher besichtigen soll, ergäbe sich nichts anderes. Damit würde keine formalisierte Verfahrensvoraussetzung geschaffen, die im Falle der Nichtbeachtung zur Unwirksamkeit führe; der Hinweis solle lediglich Maßnahmen darstellen, die geeignet seien, unnötige Prozesse zu vermeiden und eine außergerichtliche Einigungsbereitschaft des Mieters zu fördern. (Anmerkung: Wenn der Vermieter veranlasst ist, für eine Mieterhöhung (nicht eventuell eine Vielzahl von Mieterhöhungen in einem Hochhaus o.ä.) ein Gutachten einzuholen, wird schon der Vermieter selten bereit sein, sich in Ansehung der von ihm zu tragenden Kosten des Gutachtens auf die regelmäßig im Verhältnis zu den Kosten geringe Erhöhung des Mietzinses auf einen geringeren Mietzins als vom sachverständigen unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze einzulassen).

Auch etwaige Mängel des Gutachtens würden nicht zur formellen Unwirksamkeit des Gutachtens und damit zur Unzulässigkeit der  von der Vermieterin erhobenen Zustimmungsklage führen.

So habe der Sachverständige vorliegend im Gutachten keine Angabe zum Vorhandensein oder Fehlen  von Balkonen und zur Geschosshöhe gemacht. Dies begründete er damit, dass es sich dabei nicht um mietrelevante Ausstattungsmerkmale handele. Sofern diese Merkmale doch für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete relevant seien, läge allenfalls ein inhaltlicher Fehler des Gutachtens vor, der aber die formelle Wirksamkeit desselben und damit die Zulässigkeit der Klage berühre.

BGH, Urteil vom 11.07.2018 - VIII ZR 190/17 -

Sonntag, 13. Januar 2019

Mieterhöhung: Unzulässigkeit von Vereinbarungen von nicht vorhandenen Wohnwertmerkmalen (hier: Einbauküche)


Die Beklagten (Mieter) hatten eine Einbauküche in der angemieteten Wohnung ausgebaut und mit Zustimmung der Kläger (Vermieter) 2004 durch eine auf eigene Kosten angeschaffte neue Einbauküche ersetzt; der Sohn der Kläger verkaufte im Anschluss die ausgebaute Küche. Im Rahmen eines Mieterhöhungsbegehrens in 2015 wurde das Begehren unter Bezugnahme auf den Mietspiegel (Berlin) u.a. damit begründet, die Wohnung verfüge über eine moderne (mitvermietete) Küchenausstattung.

Der auf Zustimmung gerichteten Klage gab das Amtsgericht teilweise statt; in Bezug auf die Einbauküche hat es allerdings den darauf beruhende Erhöhungsbetrag abgewiesen. Das Landgericht erkannte im Rahmen des Berufungsverfahrens den für die Einbauküche angesetzten Betrag den Klägern zu. Auf die vom Landgericht zugelassene Revision stellte der BGH das amtsgerichtliche Urteil wieder her.

Entgegen der Annahme des Landgerichts sei die Einbauküche nicht als (vermieterseitige) Ausstattung zu berücksichtigen. Nach § 558 BGB käme es, anders als das Landgericht meine, nicht auf die Frage an, welche Vereinbarung die Parteien aus Anlass des Austauschs der Einbauküche zur Sollbeschaffenheit der Wohnung getroffen hätten. Soweit der Senat in einem Urteil vom 07.07.2010 - VIII ZR 315/09 - die Möglichkeit gesehen habe, dass die Mietvertragsparteien auch für künftige Mieterhöhungen verbindlich eine in Wirklichkeit nicht vorhandene oder vom Mieter selbst angeschaffte Einrichtung als vermieterseitige Ausstattung vereinbaren könnten, würde daran nicht mehr festgehalten.

Die Miete könne nach § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB vom Vermieter bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete (unter Berücksichtigung der kappungsgrenze, was hier vom BGH nicht erwähnt wurde) erhöht werden, wenn sie 15 Monate unverändert war. Nach § 558 Abs. 2 S. 1 BGB würde diese Vergleichsmiete aus den üblichen Entgelten gebildet, die in der Gemeinde für vergleichbaren Wohnraum verlangt würden. Bei diesem Vergleich käme es allerdings allein auf den objektiven Wohnwert an, während Vereinbarungen, mit denen der Wohnwert oder die Beschaffenheit der Wohnung bezüglich einzelner Wohnwertmerkmale abweichend von den tatsächlichen Verhältnissen, festgelegt würden, für die Mieterhöhung nach § 558 BGB rechtlich bedeutungslos seien. Andernfalls könnte der Vermieter entgegen der gesetzgeberischen Konzeption den für künftige Mieterhöhungen vorzunehmenden Vergleich vorab zu seinen Gunsten verändern oder sogar verfälschen und so Mieterhöhungen verwirklichen, die über das in § 558 BGB benannte Maß hinausgehen. Von daher müsse eine vom Mieter angeschaffte Einbauküche auf Dauer unberücksichtigt bleiben, da sie nicht Teil der vom Vermieter gestellten Einrichtung sei und sich auch seine Gebrauchsüberlassungs- und Instandhaltungsverpflichtung (§ 535 Abs. 1 S. 1, 2 BGB) nicht darauf bezöge. Ein Ausnahmefall der Kostenerstattung durch den Vermieter läge auch nicht vor, da die alte Einbauküche vom Sohn der Kläger veräußert worden sei und sich die Kläger an den Kosten der neuen Einbauküche nicht beteiligt hätten.

Es könne auch nicht darauf abgestellt werden, dass zu Beginn des Mietverhältnisses eine vom Vermieter gestellte Einbauküche vorhanden gewesen sei. Diese durfte entfernt werden, wodurch die Gebrauchsgewährungs- und Instandhaltungsverpflichtung des Vermieters entfallen sei. Damit sei die Wohnung nach der Entfernung nicht mehr mit einer vermieterseits gestellten Einbauküche versehen und könne daher auch nicht zu Gunsten des Vermieters berücksichtigt werden.

Zwar hätten die Parteien die Möglichkeit, sich im Rahmen einer konkreten Mieterhöhung abweichend von § 558 BGB auf eine bestimmte berücksichtigungsfähige Ausstattung zu vereinbaren (wie dies wohl in der Vergangenheit geschehen sei); allerdings gäbe es für das konkrete Mieterhöhungsverlangen keine solche Vereinbarung und eine solche, die generell für alle Mieterhöhungen gelten solle, wäre unwirksam.

BGH, Urteil vom 24.10.2018 - VIII ZR 52/18 -