Der Fall tritt nicht häufig, aber
immer wieder ein. Auch ein Richter benötigt (insbesondere bei Verfahren vor dem
Land- und Oberlandesgericht) anwaltlichen Beistand. Was aber passiert in einem
solchen Fall, wenn dieser Richter nun in einem Verfahren zu entscheiden (oder
mitzuentscheiden) hat, in dem „sein“ Anwalt eine der Verfahrensparteien
vertritt ?
Vorliegend hat der Richter diese
Umstände der Kammer des Landgerichts und den Prozessbeteiligten mitgeteilt, und
zwar „gemäß § 48 ZPO“. Nach § 48 ZPO muss das Gericht, auch wenn kein Befangenheitsantrag gestellt
wurde, über eine eventuelle Befangenheit eines Richters entscheiden, wenn dieser
eine Mitteilung über Umstände macht, die möglicherweise seine Befangenheit
begründen können. Die Kammer hat die Mitteilung als Selbstablehnung nach § 48
ZPO gewertet und diese mit Beschluss vom 19.07.2018 zurückgewiesen. Dagegen
legte die Klägerin sodann sofortige Beschwerde ein, der die Kammer nicht
abhalf. Das OLG gab der Beschwerde statt und erklärte die Selbstablehnung des
Richters als begründet.
Ohne dass das OLG darauf einging
(oder eingehen musste) ist hier anzumerken, dass eine Selbstablehnung eines
Richters nicht automatisch zum Ausschluss des Richters wegen Befangenheit
führt. Es findet hier wie bei einem Befangenheitsantrag einer Partei die
übliche Prüfung statt, ob, gem. § 42 Abs. 2 ZPO ein Grund vorliegt, Mistrauen
gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, unabhängig davon, ob
sich der Richter subjektiv selbst für befangen hält. Hintergrund ist, dass ein
Richter nicht mit der Begründung einer nicht vorliegenden Befangenheit ein
Verfahren „abgeben“ kann, was dann gegen das Erfordernis des gesetzlichen
Richters spräche.
Deshalb war vorliegend vom OLG zu
prüfen, ob die Vertretung des Richters durch einen der anwaltlichen Prozessbevollmächtigten
bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass besteht, an der
Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Das OLG verwies darauf, dass
derartige Zweifel in der Rechtsprechung z.B. dann angenommen würden, wenn der
Ehegatte des Richters in einer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig ist, die eine
Partei vor diesem Richter vertritt (BGH, Beschluss vom 15.03.2012 - V ZB 102/11
-). Es würden Umstände genügen, die geeignet seien, der Partei Anlass zu
begründeten Zweifeln zu geben, da es hier darum ginge, den „bösen Schein einer
möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität zu vermeiden“
(BGH aaO. mit Verweis auf BVerfGE 186, 122, 126). Das OLG führt aus, dass zwar davon auszugehen
sei, dass Richter über die notwendige innere Unabhängigkeit und Distanz
verfügen würden, gleichwohl unvoreingenommen und objektiv zu entscheiden, doch könne dem
Prozessgegner nicht ein Vertrauen darauf zugemutet werden und erst bei einer
(festgestellten) unzulässigen Einflussnahme den Richter abzulehnen (BGH aaO.). Nichts anders könne nach Auffassung des OLG
dann gelten, wenn sich der Richter - wie hier - privat von einem der
Verfahrensbevollmächtigten vertreten lassen würde, da durch die Beauftragung dieses
Anwalts durch den Richter ein notwendiges Vertrauen zu diesem und seinen
Fähigkeiten bekundet würde (zumal, wenn es sich wie hier um ein spezielles
Fachgebiet [Bausachen, §§ 72a Abs. 1 Nr. 2, 119a Abs. 1 Nr. 2 ZPO] in beiden
Verfahren handele). Vom Standpunkt einer ruhig und vernünftig denkenden Partei ließe
sich damit nicht ausschließen, dass der Richter „seinem“ Anwalt nicht
unvoreingenommen und unbefangen gegenübertreten würde (wobei vorliegend noch
hinzukommen würde, dass dieser Anwalt vom Richter erst im Berufungsrechtszug
mandatiert worden sei, was auf besonderes Vertrauen auf seine Fähigkeit rückschließen
ließe).
OLG Köln,
Beschluss vom 12.12.2018 - 17 W 134/18 -