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Montag, 17. Juni 2019

Befangenheit des Richters: Drohkulisse zum Zwecke des Erreichens einer Klagerücknahme


Das Landgericht Bonn (LG) hatte nach zutreffender Ansicht des OLG Köln aus zwei Gründen zu Unrecht einen gegen einen Vorsitzenden einer Kammer des LG gestellten Befangenheitsantrag abgewiesen.

Der Antrag wurde vom LG als unzulässig zurückgewiesen, da der Kläger nach Stellen des Befangenheitsantrages weiter verhandelt habe. Das OLG schließt sich hier der Auffassung des BGH (Beschluss vom 26.04.2016 - VIII ZB 47/15 -) an, wonach ein Verlust des Ablehnungsrechts nicht deswegen eintrete, da die ablehnenden Partei nach dem Antrag weiter verhandeln würde. Letztlich würde sogar § 47 Abs. 2 ZPO dafür sprechen, dass die Partei sogar bei Fortsetzung der Verhandlung nach verhandeln müsse, unabhängig davon, dass § 43 ZPO auch nur von einem Verlust des Ablehnungsrechts für den Fall spricht, dass ohne Ablehnung weiter verhandelt würde.

Hintergrund für den Befangenheitsantrag war, wovon hier das OLG ausging: Der abgelehnte Vorsitzende Richter hatte unmittelbar auf den Kläger zwecks einer Klagerücknahme eingewirkt, ihn dazu drängen wollen und sich dabei auch abwertend über die Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers geäußert.

Die Annahme der Befangenheit eines Richters erfordert das Vorliegen eines Grundes, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit zu rechtfertigen, ohne dass positiv festgestellt werden muss, ob der Richter tatsächlich befangen ist BGH aaO.). Entscheidend ist alleine, dass die ablehnende Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat an der Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Dies war nach Auffassung des PLG hier der Fall.

Grundsätzlich könne der Richter eine Partei auf die Unbegründetheit ihrer Klage hinweisen, ebenso auf die Möglichkeit der Klagerücknahme. Dies folgert das OLG aus § 139 ZPO, wonach der Sach- und Streitstand mit den Parteien zu erörtern sei und in diesem Zusammenhang Belehrungen, Meinungsäußerungen und Hinweise zulässig seien. Allerdings habe dies sachgerecht und hinreichend distanziert zu erfolgen, damit nicht die Befürchtung erweckt würde, der Richter stünde der Sache nicht unvoreingenommen und unparteiisch gegenüber. Vorliegend sei durch den Vorsitzenden Richter dieses Maß überschritten worden.

Hier habe der Richter u.a. seinen Unmut darüber zum Ausdruck gebracht, dass der Klägervertreter häufiger rechtsschutzversicherte Mandate habe und unbegründete Klagen erhebe. Damit habe der Richter aus Sicht eines objektiven Dritten bereits den Anschein erweckt, das Gericht würde Klagen des Prozessbevollmächtigten des Klägers, gar wenn sie rechtsschutzgedeckt seien, negativ gegenüberstehen, was für die Annahme der Befangenheit ausreiche. Unterstütz wurde dies durch die weitere Thematisierung der Rechtsschutzversicherung durch den Richter, der zwar eine Rechtsschutzversicherung je nach Veranlassung (also bei der Frage der Kostentragung bei Vergleichsgesprächen oder im Hinblick auf Risiken bei einer kostenintensiven Beweisaufnahme) ansprechen dürfe; allerdings sei es für das gerichtlich Verfahren völlig irrelevant, ob bei Erhebung einer unbegründeten Klage, nicht vollständiger Sachverhaltsdarstellung oder unterlassener Klagerücknahme trotz gerichtlichen Hinweises eine Rechtsschutzversicherung Konsequenzen zieht, weshalb der (hier wiederholte) Hinweis des abgelehnten Richters auf mögliche Probleme des Klägers mit seiner Rechtsschutzversicherung bei Weiterführung des Prozesses einen unzulässigen Druck auf den Kläger ausüben würde.

OLG Köln, Beschluss vom 06.03.2019 - 20 W 1/19 -