Das Landgericht Bonn (LG) hatte nach
zutreffender Ansicht des OLG Köln aus zwei Gründen zu Unrecht einen gegen einen
Vorsitzenden einer Kammer des LG gestellten Befangenheitsantrag abgewiesen.
Der Antrag wurde vom LG als
unzulässig zurückgewiesen, da der Kläger nach Stellen des Befangenheitsantrages
weiter verhandelt habe. Das OLG schließt sich hier der Auffassung des BGH (Beschluss
vom 26.04.2016 - VIII ZB 47/15 -) an, wonach ein Verlust des Ablehnungsrechts
nicht deswegen eintrete, da die ablehnenden Partei nach dem Antrag weiter
verhandeln würde. Letztlich würde sogar § 47 Abs. 2 ZPO dafür sprechen, dass
die Partei sogar bei Fortsetzung der Verhandlung nach verhandeln müsse,
unabhängig davon, dass § 43 ZPO auch nur von einem Verlust des Ablehnungsrechts
für den Fall spricht, dass ohne Ablehnung weiter verhandelt würde.
Hintergrund für den Befangenheitsantrag
war, wovon hier das OLG ausging: Der abgelehnte Vorsitzende Richter hatte
unmittelbar auf den Kläger zwecks einer Klagerücknahme eingewirkt, ihn dazu
drängen wollen und sich dabei auch abwertend über die Kanzlei des Prozessbevollmächtigten
des Klägers geäußert.
Die Annahme der Befangenheit
eines Richters erfordert das Vorliegen eines Grundes, der geeignet ist, Misstrauen
gegen die Unparteilichkeit zu rechtfertigen, ohne dass positiv festgestellt
werden muss, ob der Richter tatsächlich befangen ist BGH aaO.). Entscheidend
ist alleine, dass die ablehnende Partei bei vernünftiger Würdigung aller
Umstände Anlass hat an der Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Dies war nach
Auffassung des PLG hier der Fall.
Grundsätzlich könne der Richter
eine Partei auf die Unbegründetheit ihrer Klage hinweisen, ebenso auf die
Möglichkeit der Klagerücknahme. Dies folgert das OLG aus § 139 ZPO, wonach der
Sach- und Streitstand mit den Parteien zu erörtern sei und in diesem
Zusammenhang Belehrungen, Meinungsäußerungen und Hinweise zulässig seien.
Allerdings habe dies sachgerecht und hinreichend distanziert zu erfolgen, damit
nicht die Befürchtung erweckt würde, der Richter stünde der Sache nicht
unvoreingenommen und unparteiisch gegenüber. Vorliegend sei durch den Vorsitzenden
Richter dieses Maß überschritten worden.
Hier habe der Richter u.a. seinen
Unmut darüber zum Ausdruck gebracht, dass der Klägervertreter häufiger
rechtsschutzversicherte Mandate habe und unbegründete Klagen erhebe. Damit habe
der Richter aus Sicht eines objektiven Dritten bereits den Anschein erweckt,
das Gericht würde Klagen des Prozessbevollmächtigten des Klägers, gar wenn sie
rechtsschutzgedeckt seien, negativ gegenüberstehen, was für die Annahme der
Befangenheit ausreiche. Unterstütz wurde dies durch die weitere Thematisierung
der Rechtsschutzversicherung durch den Richter, der zwar eine Rechtsschutzversicherung
je nach Veranlassung (also bei der Frage der Kostentragung bei Vergleichsgesprächen
oder im Hinblick auf Risiken bei einer kostenintensiven Beweisaufnahme)
ansprechen dürfe; allerdings sei es für das gerichtlich Verfahren völlig irrelevant,
ob bei Erhebung einer unbegründeten Klage, nicht vollständiger Sachverhaltsdarstellung
oder unterlassener Klagerücknahme trotz gerichtlichen Hinweises eine
Rechtsschutzversicherung Konsequenzen zieht, weshalb der (hier wiederholte)
Hinweis des abgelehnten Richters auf mögliche Probleme des Klägers mit seiner
Rechtsschutzversicherung bei Weiterführung des Prozesses einen unzulässigen
Druck auf den Kläger ausüben würde.
OLG Köln, Beschluss vom 06.03.2019 - 20 W 1/19 -